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Die operative Versorgung des antikoagulierten Patienten mit hüftgelenknaher Femurfraktur innerhalb von 24 Stunden – was können wir erwarten?
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Published: | June 17, 2024 |
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Fragestellung: Über 40% aller Patienten mit hüftgelenknahen Femurfrakturen nehmen eine antithrombotische Dauertherapie wie Acetylsalicylsäure (ASS), direkte Thrombozytenaggregationshemmer (PAI), Vitamin-K-Antagonisten (VKA) oder direkte orale Antikoagulanzien (DOAC) ein. Bedingt durch den aktuellen G-BA-Beschluss zur Versorgung hüftgelenknaher Femurfrakturen innerhalb von 24 Stunden stellt die Versorgung dieser Patienten eine Herausforderung dar. Wir stellen die Hypothesen auf, dass auch diese Patientengruppe von einer zeitnahen Versorgung profitiert und die Versorgung nicht mit einer erhöhten Blutungskomplikationsrate einhergeht.
Methodik: Wir werteten retrospektiv für die Jahre 2015–2021 die Patienten mit hüftgelenknahen Femurfrakturen aus, die innerhalb von 24 Stunden nach Aufnahme operativ versorgt wurden. In die Studie wurden 1.142 Patienten eingeschlossen (Alter 80±12 J; 761 W, 381 M). Die Kohorte inkludierte 409 mediale Schenkelhals- und 733 pertrochantäre Femurfrakturen, die endoprothetisch (n=297) und hüftgelenkerhaltend mittels dynamischer Hüftschraube/Femoral-neck-System (n=147) oder proximalen Femurnagel (n=698) versorgt wurden. 51% der Patienten (n=583) nahmen eine antithrombotische Dauertherapie (ASS n=277; PAI n=67; VKA n=59; DOAC n=162; VKA/DOAC+PAI n=18) ein. Patienten mit VKA in der Dauermedikation erhielten präoperativ Vitamin K oder Gerinnungsfaktoren, um die INR zu normalisieren. Primäre Endpunkte waren die Transfusionsrate sowie die prä- zu postoperative Hämoglobinspiegel (Hb)-Differenz. Sekundäre Endpunkte waren die Mortalität und das Auftreten postoperativer Hämatome, die eine operative Revision erforderten. Die Auswertung erfolgte mittels logistischer Regressionsanalyse.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: 26% (n=296) der Patienten benötigten Bluttransfusionen (Keine 20,8%; ASS 27,1%; PAI 26,9%; VKA 22,0%; DOAC 40,1%; VKA/DOAC+PAI 50,0%). Die Transfusionsrate war hierbei abhängig von OP-Dauer (OR=1,02, p<0,001), präoperativen Hb-Wert (OR=0,53, p<0,001) und Therapie mit DOAC (OR=2,36, p<0,001). Auch die Hb-Differenz (Keine 2,9±1,9 g/dl; ASS 3,0±1,8 g/dl; PAI 3,1±1,7 g/dl; VKA 2,2±0,9 g/dl; DOAC 3,2±1,2 g/dl; VKA/DOAC+PAI 2,1±1,7 g/dl) zeigte sich abhängig von Op-Dauer (OR=0,01, p<0,001), präoperativen Hb-Wert (OR=0,32, p<0,001) und Therapie mit DOAC (OR=0,32, p<0,05). Therapie mit VKA war mit einer erniedrigten Hb-Differenz assoziiert (OR=–0,63, p<0,05). Die Krankenhausmortalität betrug 5,3% (n=60). Die Mortalität zeigte sich abhängig von Alter (OR=1.04, p<0.05), ASA-Klassifikation (OR=24.91, p<0.001) und Zeit bis zur Operation (OR=1.001, p<0.01), jedoch nicht von Art der antithrombotischen Therapie. Die Revisionsrate auf Grund einer Blutungskomplikation (n=34) unterschied sich nicht signifikant zwischen den unterschiedlichen antithrombotischen Therapien.
Wir schlussfolgern, dass die Versorgung von hüftgelenknahen Femurfrakturen innerhalb von 24 Stunden auch für Patienten mit antithrombotischer Dauertherapie sicher ist und diese von einer unmittelbaren Versorgung profitieren.