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Herbsttagung aus Anlass des 60-jährigen Bestehens der ADANO

Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen und Neurootologen der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (ADANO)

22.10.-23.10.2009, Koblenz

Vertebragener Schwindel

Meeting Abstract

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  • corresponding author Francis Kilian - Klinik für Wirbelsäulenchirurgie, Katholisches Klinikum Koblenz, Koblenz, Deutschland

Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen und Neurootologen der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Herbsttagung aus Anlass des 60-jährigen Bestehens der ADANO. Koblenz, 22.-23.10.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09adano10

doi: 10.3205/09adano10, urn:nbn:de:0183-09adano101

Published: October 23, 2009

© 2009 Kilian.
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Die klinische Wertigkeit von nicht vestibulären Gleichgewichtsstörungen und Schwindel aus dem Bereich der Halswirbelsäule ist heute sehr umstritten. Man nimmt an, dass pathologische afferente Signale zum zentral vestibulären System als Ursache in Frage kommen. Anatomische Verbindungen der oberen Halswirbelgelenke zu den vestibulären Kernen im Hirnstamm sind bekannt (Neuhuber 1989). Der sogenannte „Halsreflex“ kann dadurch erklärt werden, dass das Gleichgewichtssystem versucht, alle greifbaren Informationen über Bewegungen im Raum zu verwenden, um entsprechende Gleichgewichtsreaktionen auszulösen. Umstritten ist, ob krankhafte Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule Gleichgewichtsstörungen auslösen können. Mit dem Begriff „Funktionelle Kopfgelenksstörungen“ beschrieb Hülse (1983) ein eigenständiges Krankheitsbild, das Ursache sowohl von Schwindel, als auch anderen Innenohrfunktionsstörungen wie Tinnitus und Hörminderung, ebenso wie von verschiedenen Schmerzzuständen sein könnte. Die Funktionelle Kopfgelenksstörung ist eine reversible Einschränkung des Gelenkspiels zwischen Atlas und Axis sowie der Segmente C2/C3 ohne pathologisch-anatomisches Korrelat. Eine Bewegungshemmung im Gelenk führt zu einer Irritation sensibler und motorischer Nervenfasern, was eine dauernde Muskeltonusenderung zur Folge hat (Mahlstedt 1992). Ein objektivierbarer Zervikalnystagmus ist dabei für Hülse eine Conditio sine qua non. Während Hülse innerhalb von fünf Jahren bei immerhin 120 Patienten einen Zervikalnystagmus diagnostizieren konne, fanden Baloh und Hnrubia (1990) in ihrem sehr großen neurologisch-otologischen Patientengut bei weniger als 0,01% der Schwindelpatienten einen solchen.

Außer pathologische Afferenzen von Gelenkrezeptoren können Halsbewegungen, bzw. extreme Kopfstellungen auch durch Beeinträchtigung der Blutversorgung über den Vertebraliskreislauf zu den vestibulären Kernen im Hirnstamm Schwindel und Nystagmus auslösen – „Vertebrobasiläre Insuffizienz“(Stillhard 1990).

Weitere Ursachen sind: Tumoren am kraniozervikalen Übergang, Instabilitäten bei Rheumatoider Artritis, entzündliche Veränderungen.

Umstritten, jedoch in unserem Krankengut nachweisbar, ist ein medialer Bandscheibenvorfall vor allem im Segment C3/C4. Hierbei kann durch eine provokative Diskographie der Nachweis der Schwindelauslösung erbracht werden.

Die Therapie richtet sich je nach Ursache:

Raumforderungen und Instabilitäten werden operativ kausal angegangen.

Funktionelle Störungen werden durch Infiltrationstechniken wie Quaddeln vor dem Tragus, über dem Mastoid und retroaurikulär im Bereich der Umschlagfalte der Ohrmuschel behandelt. Subokzipitale Quaddeln über der Linea nuchae superior, sowie präperiostale Injektion auf der Scheitelhöhe.

Auf der Basis, dass eine potenziell-reversible Beeinträchtigung der Innenohrdurchblutung vorliegt, kann durch Ganglion stellatum-Blockaden, eine Verbesserung erreicht werden.

Weitere Techniken sind: Injektionen an die Ansätze des M. sternocleidomastoideus, Triggerpunkten occipital, Atlasbogen, Mm. Temporalis, masseter und pterygoidei.

Eine Manualtherapie durch den Krankengymnasten ist sinnvoll.