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GMS Zeitschrift für Audiologie — Audiological Acoustics

Deutsche Gesellschaft für Audiologie (DGA)

ISSN 2628-9083

Entwurf eines einfachen Messaufbaus zur Bestimmung der Durchlaufzeit von Hörgeräten

Design of a simple measuring setup to determine hearing aid processing delays

Originalarbeit

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  • corresponding author Julian Angermeier - Hochschule Offenburg, Fakultät Elektrotechnik, Medizintechnik und Informatik, Offenburg, Deutschland; Technische Universität München, Bioanaloge-Informationsverarbeitung, München, Deutschland
  • Niels Würz - Hochschule Offenburg, Fakultät Elektrotechnik, Medizintechnik und Informatik, Offenburg, Deutschland
  • Sebastian Roth - Hochschule Offenburg, Fakultät Elektrotechnik, Medizintechnik und Informatik, Offenburg, Deutschland
  • Stefan Zirn - Hochschule Offenburg, Fakultät Elektrotechnik, Medizintechnik und Informatik, Offenburg, Deutschland

GMS Z Audiol (Audiol Acoust) 2020;2:Doc07

doi: 10.3205/zaud000011, urn:nbn:de:0183-zaud0000115

Published: November 23, 2020

© 2020 Angermeier et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Bei bimodaler Cochlea-Implantat-/Hörgerät-Versorgung kann es aufgrund seitenverschiedener Signalverarbeitung zu einer zeitlich versetzten Stimulation der beiden Modalitäten kommen. Jüngste Studien haben gezeigt, dass durch zeitlichen Abgleich der Modalitäten die Schalllokalisation bei bimodaler Versorgung verbessert werden kann. Um solch einen Abgleich vornehmen zu können, ist die messtechnische Bestimmung der Durchlaufzeit von Hörgeräten erforderlich. Kommerziell verfügbare Hörgerätemessboxen können diese Werte häufig liefern. Die dazu verwendete Signalverarbeitung wird dabei aber oft nicht vollständig offengelegt. In dieser Arbeit wird ein alternativer und nachvollziehbarer Ansatz zum Design eines simplen Messaufbaus basierend auf einem Arduino DUE Mikrocontroller-Board vorgestellt. Hierzu wurde ein Messtisch im 3D-Druck gefertigt, auf welchem Hörgeräte über einen 2-ccm-Kuppler an ein Messmikrofon angeschlossen werden können. Über einen Latenzvergleich mit dem simultan erfassten Signal eines Referenzmikrofons kann die Durchlaufzeit von Hörgeräten bestimmt werden. Frequenzspezifische Durchlaufzeiten werden mittels einer Kreuzkorrelation zwischen Ziel- und Referenzsignal errechnet. Aufnahme, Ausgabe und Speicherung der Signale erfolgt über einen ATMEL SAM3X8E Mikrocontroller, welcher auf dem Arduino DUE-Board verbaut ist. Über eigens entworfene elektronische Schaltungen werden die Mikrofone und der verwendete Lautsprecher angesteuert. Nach Abschluss einer Messung (Messdauer ca. 5 s) werden die Messdaten seriell an einen PC übertragen, auf dem die Datenauswertung mittels MATLAB erfolgt. Erste Validierungen zeigten eine hohe Stabilität der Messergebnisse mit sehr geringen Standardabweichungen im Bereich weniger Mikrosekunden für Pegel zwischen 50 und 75 dB (A). Der Messaufbau wird in laufenden Studien zur Quantifizierung der Durchlaufzeit von Hörgeräten verwendet.

Schlüsselwörter: Hörgeräte, Cochlea-Implantate, Durchlaufzeiten, Mikrocontroller

Abstract

In bimodal cochlear implant/hearing aid users, differences in signal processing may result in a time-delayed stimulation of the two modalities. Recent studies have shown that sound localization can improve when the device delay mismatch is reduced. To perform such an adjustment, the hearing aid processing delay must be determined by measurement. Commercially available hearing aid test boxes can often provide these values. However, the signal processing used is often not fully revealed. In this work an alternative and understandable approach how to design a simple measuring unit based on an Arduino DUE microcontroller board is presented. For this purpose, a measuring table was 3D printed. On this table a hearing aid can be connected to a microphone using a 2 ccm coupler. By performing a latency comparison with the signal measured simultaneously by a reference microphone, the processing latency of hearing aids can be determined. This comparison is performed frequency-dependently applying cross-correlation between target signal and reference signal. Recording, presentation and storing of the used signals is done by an ATMEL SAM3X8E microcontroller which is built onto an Arduino DUE. Via additional electronic circuits the used microphones and speaker are connected to the microcontroller. After completion of a measurement (measuring duration approx. 5 s) the data processing is done on a PC in MATLAB. Preliminary results show a high stability of the methodology for different sound pressure levels with standard deviations between 30 µs and 60 µs in a level range between 50 and 75 dB (A). The presented setup is currently used for determination of hearing aid processing delays in ongoing studies.

Keywords: hearing aids, cochlear implants, processing delays, microcontroller


Einleitung

Vorangegangene Studien haben gezeigt, dass es bei bimodaler Cochlea-Implantat (CI)/Hörgerät (HG)-Versorgung typischerweise zu einem interauralen zeitlichen Versatz der beidseitigen Stimulation kommt [9], [11]. In Abbildung 1 [Abb. 1] ist der zeitliche Versatz, der im Weiteren als Latenz-Offset bezeichnet wird, als Zeitunterschied zwischen den Latenzkennlinien „ABR wave V with hearing aid“ und „sum of EABR wave V and group delay“ für eine bestimmte Konfiguration von CI und HG ersichtlich. Letztere Kennlinie ist die Summe aus der EABR-Welle-V-Latenz (elektrodenübergreifend bei knapp 4 ms) und dem Group Delay, also der Zeitdauer von Eintreffen eines bandspezifischen akustischen Reizes an dem/den Mikrofon/en des CI-Prozessors bis zur Abbildung dieses Reizes in Form von Strompulsen auf der entsprechenden intracochleären Stimulationselektrode. Das Group Delay ist beim untersuchten CI-System MED-EL MAESTRO frequenzabhängig. Da die Entwicklungsingenieure sich bei der Dimensionierung dieses CI-Systems offensichtlich an den physiologischen Verarbeitungszeiten im Hörsystem orientiert haben, ist der Verlauf der Latenz-Kennlinie „sum of EABR wave V and group delay“ relativ ähnlich zu der eines unversorgten Ohrs – in der Abbildung bezeichnet als „ABR wave V unaided“. Aufgrund des vergleichsweise geringen Unterschieds dieser Latenzkurven ist eine Abschätzung des Latenzoffset bei bimodaler Versorgung mit einem MED-EL MAESTRO CI-System mit der Durchlaufzeit (DLZ) des kontralateral getragenen Hörgeräts möglich.

Die Reduktion des Latenz-Offset führt zu einer signifikanten Verbesserung des Schalllokalisationsvermögens bimodaler CI-/HG-Träger [10]. Um die CI-Stimulation dazu entsprechend zu verzögern, ist das Wissen um die jeweilige HG-DLZ erforderlich. In den Datenblättern aktueller HG sind die DLZ weitgehend nicht aufgeführt. Nachgelesen werden kann die DLZ ausgewählter Typen von digitalen HG in Publikationen ([3], [4], [6], [8], [11]. Weiterhin sind selbstverständlich direkte Anfragen bei HG-Herstellern möglich, um die jeweilige DLZ zu erfahren. Allerdings gibt es gerade bei den großen HG-Herstellern oft eine Vielzahl an HG-Typen. Im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenkassen finden sich bei der Suche nach dem Begriff „Hörgerät“ über 16.000 Einträge (GKV-Hilfsmittelverzeichnis, [5]). Es sind also viele solcher Anfragen erforderlich. Darüber hinaus können die aktivierten Features im jeweiligen Programm bei manchen HG die DLZ beeinflussen. Die messtechnische Bestimmung der HG-DLZ vor bzw. während der CI-Anpassung kann daher als schnelle und einfache Alternative zu den oben genannten Möglichkeiten angesehen werden.

Um die HG-DLZ messtechnisch zu bestimmen, können kommerziell verfügbare Messboxen verwendet werden. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, mit einfachen Mitteln und überschaubarem Aufwand einen eigenen Messaufbau zu entwickeln, der die Vermessung von HG-DLZ schnell und präzise ermöglicht. Dieser Aufbau wird bereits in laufenden Studien verwendet, um die HG-DLZ bei bimodal versorgten Patienten zu quantifizieren.


Material und Methoden

Der Messaufbau besteht aus einem Messtisch, auf welchem das Testmikrofon mit 2-ccm-Kuppler, das Referenzmikrofon sowie ein Lautsprecher zur Stimuluswiedergabe verbaut sind. Beim Test- und Referenzmikrofon handelt es sich um identische Elektretmikrofone, die in jeweils gleichem Abstand zum Lautsprecher montiert sind. Das Hörgerät kann über einen Sockel an einer definierten Stelle platziert werden. Unter dem Messtisch befindet sich die verwendete Elektronik, bestehend aus einem Arduino DUE Mikrocontroller und einem dafür angefertigten Shield (Platine, die auf das Arduino-Board aufgesteckt werden kann). Der Zeitaufwand für die Fertigung des Messaufbaus betrug ohne 3D-Druck in etwa 10 Arbeitsstunden. Der fertige Messaufbau ist in Abbildung 2 [Abb. 2] dargestellt. Im Folgenden werden diese Komponenten detailliert beschrieben.

Messtisch

Der entwickelte Messtisch sowie der Hörgerätesockel wurden mittels 3D-Druck aus Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) im Fused-Deposition-Modelling-Verfahren gefertigt. Das verwendete Material besitzt eine hohe Stabilität und Haltbarkeit bei relativ geringen Herstellungskosten (<50 € Materialwert). Der Messtisch enthält Aussparungen für die beiden Mikrofone sowie eine Lautsprecheraufhängung, um definierte Abstände zwischen Schallquelle und Messmikrofonen zu realisieren. Eine einfache Steckverbindung dient zur Anbringung eines Hörgerätesockels, in welchen Hinter-dem-Ohr (HdO)-HG eingelegt werden können. Weiterhin ist eine Aussparung für den Drehregler eines 10 kΩ-Potentiometers vorhanden, mit welchem der Stimuluspegel variiert werden kann. Im Falle von Clipping am Testmikrofon kann der Stimuluspegel reduziert werden. Zusätzlich wurde ein 2-ccm-Kuppler gemäß IEC 60318-5:2006-08 hergestellt. Die Anfertigung erfolgte in der Mechanikwerkstatt der Hochschule Offenburg. Der Kuppler kann über eine Hülse auf dem verwendeten Testmikrofon platziert werden. Hörgeräte mit Schallschlauch können ohne weiteres direkt mit dem Kuppler durch Einstecken des Schallschlauchs verbunden werden. Dazu wurde ein Schallschlauch mit 2,5 cm Länge verwendet, dessen Schalllaufzeit im Schlauch (ca. 75 µs) aus der resultierenden DLZ herausgerechnet wurde. Hörgeräte mit externem Hörer können beispielsweise mit Typenreiniger mit dem Kuppler verbunden werden.

Elektronik

Kernstück der Elektronik ist ein Atmel SAMX38E ARM [2] Mikrocontroller (µC) welcher auf einer Arduino DUE-Plattform verbaut ist. Entscheidend für die Wahl diese Plattform war die Open-Source-Verfügbarkeit sowie die ausreichend hohe Geschwindigkeit des µC, welche ein synchrones Einlesen und Ausgeben des akustischen Stimulus bei einer angemessenen Abtastrate von 20 kHz pro Kanal erlaubt. Des Weiteren verfügt der µC bereits über geeignete Analog-Digital (A/D)- und Digital-Analog (D/A)-Wandler sowie 512 kB Flash Memory zur Speicherung der aufgenommenen Signale. Zusätzlich zu dem verwendeten µC wurde ein Shield entwickelt, auf welchem sich die analoge Signalkonditionierung für Einlesen und Ausgabe befindet. Dieses Shield kann platzsparend über Stiftleisten auf dem Arduino DUE aufgesteckt werden (siehe Abbildung 3 [Abb. 3]). Ausgabeseitig kommen hier eine nichtinvertierende Verstärkerschaltung mit variabler Verstärkung, welche zusätzlich noch zur Impedanzanpassung für den D/A-Wandler des µC dient, zum Einsatz. Das resultierende Signal wird nach Entfernung des Gleichanteils über einen Audio-Leistungsverstärker skaliert und an den verbauten Lautsprecher übertragen. Abbildung 4 [Abb. 4] zeigt das Blockdiagramm der Signalverarbeitung.

Die Aufnahme von Test- und Referenzsignal erfolgt über zwei Elektretmikrofone. Die Mikrofonsignale wurden in ihrer Verstärkung so angepasst, dass sowohl das Referenzsignal als auch das Testsignal, welches durch das HG zusätzlich verstärkt wird, im Arbeitsbereich des 12-Bit A/D-Wandlers des µC zwischen 0 und 3,3 V liegen.

Programmierung

Die Programmierung des ATMEL SAMX38E erfolgte innerhalb der Arduino Programmierumgebung in der Programmiersprache C++. Um eine ausreichend hohe Abtastrate zu erzielen wurde hierbei über direkten Registerzugriff gearbeitet. Hierdurch konnte der µC so eingestellt werden, dass alle 25 µs eine A/D-Wandlung erfolgt. Da die analogen Eingangspins des µC über einen Multiplexer mit dem Kontroller verbunden sind, lesen beide Messkanäle alternierend Messwerte ein. Dies führt zu einer Abtastrate von 20 kHz pro Kanal. Somit können nach dem Nyquist-Shannon-Abtasttheorem Frequenzen bis 10 kHz fehlerfrei eingelesen werden, was für die Analyse der DLZ im PTA4-Frequenzband [7] zwischen 0,5 und 4 kHz ausreichend ist. Quasiparallel wird während jeder A/D-Wandlung ein Zufallswert an den D/A-Wandler des µC gesendet, um eine gleichzeitige Ausgabe des Testsignals in Form von weißem Rauschen zu realisieren. Auch andere breitbandige Testsignale wie z.B. rosa Rauschen wären für die Messung geeignet. Da der akustische Stimulus und die zweifache Aufnahme quasi-simultan in einer Interrupt Service Routine auf dem µC in sehr kurzer Zeit (<25 µs) berechnet werden müssen, war ein möglichst effizienter Algorithmus zur Erzeugung des Stimulus erforderlich. Die Erzeugung gleich verteilter Zufallszahlen erwies sich als ausreichend schnell. Die Berechnung der Amplitudenwerte des Testsignals innerhalb der Interrupt Service Routine hat den Vorteil, dass hierbei im Gegensatz zu vordefinierten Testsignalen kaum Speicher im µC belegt wird. So bleibt mehr Speicherplatz für die abgetasteten Messwerte beider Messkanäle, die in einem vordefinierten Array gespeichert werden. Die Dauer der gespeicherten Signale beträgt hierbei jeweils 0,5 s. Sobald die Messung abgeschlossen ist, überträgt der µC die gespeicherten Messwerte über die serielle Schnittstelle an den Mess-PC. Auf diesem PC erfolgt anschließend die Berechnung der frequenzspezifischen Verzögerung mittels MATLAB (The Mathworks Inc., Natick, MA, USA). Hierzu werden Test- und Referenzsignal zuerst über eine Butterworth-Bandpassfilterbank achter Ordnung bestehend aus 8 Filtern mit Mittenfrequenzen von 500 Hz bis 4 kHz und einer Bandbreite von 500 Hz aufgeteilt, um eine frequenzspezifische Quantifizierung der HG-DLZ zu ermöglichen. Die Filter sind hierfür so konzipiert, dass ihre Phasenverschiebung für alle Frequenzen bei 0° liegt. Anschließend wird für jedes Frequenzband eine Kreuzkorrelation zwischen Referenzsignal und Testsignal durchgeführt, um die HG-DLZ zu errechnen. Die HG-Mikrofone befinden sich näher am Lautsprecher als das Referenzmikrofon. Der resultierende statische Zeitunterschied beträgt je nach HG-Bauhöhe im Mittel ca. 0,09 ms. Dieser Wert wurde zu der gemessenen mittleren HG-DLZ intern addiert, um den Effekt der unterschiedlichen Positionen von HG-Mikrofonen und Referenzmikrofon herauszurechnen.

Die Anwendung der Kreuzkorrelation hat den Vorteil, dass selbst bei Clipping in den Aufnahmekanälen noch eine hohe Genauigkeit der Messergebnisse erzielt werden kann. Auch gegenüber Störgeräuschen im Raum erwies sich diese Art der Signalanalyse als sehr robust (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Nach Abschluss der Datenverarbeitung werden beide Mikrofonsignale im Zeitbereich graphisch dargestellt, um beispielsweise laute Störgeräusche während der Messung oder fehlerhafte Ankopplung des Schallschlauchs an den Kuppler über eine zusätzliche optische Kontrolle ausschließen zu können. Abschließend wird die HG-DLZ über der Frequenz graphisch ausgegeben (siehe Abbildung 5 [Abb. 5]). Als kostenlose Alternative zu MATLAB kann die weitgehend kompatible und freie Software GNU Octave zur Datenauswertung verwendet werden.


Ergebnisse

Erste Messungen mit dem erstellten Messaufbau bei einem Schalldruckpegel von 65 dB (A) wiesen bei 200 Messwiederholungen eine mittlere DLZ von 7,29 ms mit einer Standardabweichung von 0,03 ms für ein HG des Typs Phonak UNA M auf (Abbildung 6 [Abb. 6]). Diese DLZ liegt nahe an dem Wert von 7 ms, welchen die ACAM 5-Messbox im Burst-Messmodus liefert [11].

Um den Arbeitsbereich des Messaufbaus zu spezifizieren, wurden für Pegel zwischen 45 dB (A) und 75 dB (A) jeweils 200 Messdurchläufe durchgeführt.

Entsprechend den Werten in Tabelle 2 [Tab. 2], lagen ab einem Pegel von 50 dB (A) stabile Messbedingungen vor. Die hohe Standardabweichung bei einem Pegel von 45 dB (A) entsteht durch die Überlagerung von Hintergrundrauschen und Zielsignal, welches die Ergebnisse verfälschen kann. Erwähnenswert ist hierbei, dass sowohl die gemessene DLZ als auch die Standardabweichung ab einem Pegel von 70 dB (A) stabil blieben, obwohl es hier bereits zu Clipping im Messkanal kommt.

Darüber hinaus wurden vergleichende Messungen mit drei weiteren HGs durchgeführt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 [Tab. 1] gelistet.


Diskussion

Der vorgestellte Messaufbau stellt eine Alternative zu gängigen Hörgerätemessboxen dar, mit dem die DLZ von Hörgeräten bestimmt werden können. Der Aufbau liefert Messergebnisse, die dazu genutzt werden können, um CI und HG bei bimodalen Patienten zeitlich aufeinander abzustimmen. Dieser Abgleich setzt neben den HG-DLZ auch das Vorliegen der frequenzspezifischen Verzögerungswerte des vom Patienten getragenen CI-Systems voraus, die in Wess et al. [9] und Zirn et al. [11] nachgelesen werden können. Wir konnten zeigen, dass die Verzögerung der CI-Stimulation um die HG-DLZ bei MED-EL-CI-Versorgung zu einer signifikanten Verbesserung der Schalllokalisationsfähigkeit führt [10]. Ob das aber der beste Verzögerungswert für jeden Patienten darstellt, ist gegenwärtiger Forschungsgegenstand.

Um solch eine Zeitanpassung vornehmen zu können, bedarf es weiterhin auch eines entsprechenden Fitting-Parameters in der Anpasssoftware von CI (wenn der CI-Höreindruck dem des Hörgeräts vorauseilt) oder HG (wenn der HG-vermittelte Höreindruck dem des CI vorauseilt). Die Firma MED-EL hat für die neueste Generation von CI-Prozessoren (Sonnet 2 und Rondo 3) gerade einen solchen Fitting-Parameter eingeführt.

Neben der zeitlichen Anpassung bei bimodaler Versorgung kann mit dem Messaufbau auch der Einfluss verschiedener Vorverarbeitungsalgorithmen auf die HG-DLZ bestimmt werden [1].

Weiterentwicklung

Es ist geplant, den Messaufbau mit einer Box vom Umgebungsschall abzuschirmen. Diese Box kann beispielsweise ebenfalls im 3D-Druck erstellt werden. Auch wenn das verwendete Analyseverfahren (bandspezifische Kreuzkorrelation) zur Bestimmung der DLZ sehr robust gegenüber Störgeräuschen ist, würde ein akustisch abschirmendes Gehäuse die Messgenauigkeit bei sehr lauten Störgeräuschen voraussichtlich erhöhen.

Eine denkbare Weiterentwicklung des Analyseverfahrens wäre die Verwendung von physiologisch orientierten Analysebändern wie beispielsweise Terzbändern anstelle einer linearen Frequenzaufteilung.

Darüber hinaus ist geplant, die Box mit einem Display auszustatten und die Signalverarbeitung komplett auf dem verbauten µC durchzuführen. Mit dieser geplanten Stand-Alone-Version der Box würde der bisher notwendige Anschluss eines PC an den Messaufbau entfallen.


Anmerkungen

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.

Danksagung

Wir bedanken uns bei den Herren Tamas Harczos, David Babbel und Konstantin Wiebe für die Überlassung der Hörgeräte, mit denen für diesen Artikel Messungen durchgeführt wurden.


Literatur

1.
Alexander J. Hearing Aid Delay and Current Drain in Modern Digital Devices. Can Audiol. 2016;3(4).
2.
Atmel. Atmel MART ARM-based MCU: ATMEL SAM3X/SAM3A Series. Datasheet. Chandler, USA: Microchip Technology; 2015.
3.
Balling LW, Townend O, Stiefenhofer G, Switalski W. Reducing hearing aid delay for optimal sound quality: a new paradigm in processing. Hear Rev. 2020;27(4):20-6.
4.
Dillon H. Hearing aids. 2. ed. New York, Stuttgart: Thieme; 2012.
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GKV-Hilfsmittelverzeichnis. [last accessed 5 Oct 2020]. Available from: https://www.rehadat-gkv.de/ External link
6.
Heurig R, Chalupper J. Acceptable Processing Delay in Digital Hearing Aids. Hear Rev. 2010;17(1):28-31.
7.
Huh DA, Choi YH, Ji MS, Moon KW, Yoon SJ, Sohn JR. Comparison of Pure-Tone Average Methods for Estimation of Hearing Loss Caused by Environmental Exposure to Lead and Cadmium: Does the Pure-Tone Average Method Which Uses Low-Frequency Ranges Underestimate the Actual Hearing Loss Caused by Environmental Lead and Cadmium Exposure? Audiol Neurootol. 2018;23(5):259-269. DOI: 10.1159/000494049 External link
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Stone MA, Moore BC, Meisenbacher K, Derleth RP. Tolerable hearing aid delays. V. Estimation of limits for open canal fittings. Ear Hear. 2008 Aug;29(4):601-17. DOI: 10.1097/AUD.0b013e3181734ef2 External link
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Wess JM, Brungart DS, Bernstein JGW. The Effect of Interaural Mismatches on Contralateral Unmasking With Single-Sided Vocoders. Ear Hear. 2017 May-Jun;38(3):374-86. DOI: 10.1097/AUD.0000000000000374 External link
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Zirn S, Angermeier J, Arndt S, Aschendorff A, Wesarg T. Reducing the Device Delay Mismatch Can Improve Sound Localization in Bimodal Cochlear Implant/Hearing-Aid Users. Trends Hear. 2019 Jan-Dec;23:1-13. DOI: 10.1177/2331216519843876 External link
11.
Zirn S, Arndt S, Aschendorff A, Wesarg T. Interaural stimulation timing in single sided deaf cochlear implant users. Hear Res. 2015 Oct;328:148-56. DOI: 10.1016/j.heares.2015.08.010 External link