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GMS Onkologische Rehabilitation und Sozialmedizin

Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie e. V. (DGHO)

ISSN 2194-2919

Die Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest als Parameter zur Beurteilung der respiratorischen Funktion bei lungenoperierten Tumorpatienten

The 6 minutes-walking tests as a parameter in the assessment of the respirator function in lung-operated tumor patients

Originalarbeit

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  • corresponding author O. Rick - Klinik Reinhardshöhe, Klinik für onkologische Rehabilitation, Bad Wildungen, Deutschland
  • T. Metz - Klinik Reinhardshöhe, Klinik für onkologische Rehabilitation, Bad Wildungen, Deutschland

GMS Onkol Rehabil Sozialmed 2013;2:Doc02

doi: 10.3205/ors000007, urn:nbn:de:0183-ors0000074

Published: July 31, 2013

© 2013 Rick et al.
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Zusammenfassung

Einleitung: Der 6-Minuten-Gehtest (6-MGT) ist ein etabliertes und gut validiertes diagnostisches Verfahren im Rahmen kardiologischer und pulmonologischer Erkrankungen. Die Bedeutung des 6-MGT in der Beurteilung der respiratorischen Funktion bei Patienten nach Lungenoperationen aufgrund einer Tumorerkrankung ist weiterhin unklar. Darüber hinaus ist bei diesem Patientenkollektiv bisher nicht untersucht, ob die Gehstrecke mit dem forcierten expiratorischen Volumen in einer Sekunde (FEV1) korreliert.

Methoden: Eingeschlossen wurden 239 Patienten, die eine Anschlussrehabilitation (AHB) nach einer Lungenoperation aufgrund eines Bronchialkarzinoms, einer pulmonalen Metastasierung oder eines Pleuramesothelioms erhielten. Die Spirometrie und der 6-MGT wurden zum Beginn (T1) und zum Ende (T2) der onkologischen Rehabilitation durchgeführt und miteinander korreliert. Eine Subgruppenanalyse hinsichtlich klinisch relevanter Parameter wie Vortherapie, Komorbiditäten und Operationstechnik wurde durchgeführt.

Ergebnisse: Es zeigte sich eine signifikante Verbesserung der Gehstrecke gemessen im 6-MGT sowie der FEV1 und der FVC ermittelt im Rahmen der Spirometrie. Dieser Effekt war in allen Subgruppen, bis auf pneumektomierte Patienten, für alle Parameter nachweisbar. Darüber hinaus fand sich zu den beiden Messzeitpunkten T1 und T2 eine signifikante Korrelation der Parameter Gehstrecke und FEV1 (p=0,002 bzw. p=0,001). Keine signifikanten Veränderungen ergaben sich für die Parameter periphere O2-Sättigung und Herzfrequenz im 6-MGT.

Schlussfolgerung: Anhand der vorliegenden Daten kann festgestellt werden, dass die Messung der Gehstrecke ein geeigneter Parameter ist, die respiratorische Funktion von Patienten nach Lungenoperationen aufgrund von pulmonalen Tumormanifestationen beurteilen zu können. Die alleinige Messung der peripheren O2-Sättigung oder der Herzfrequenz ist dafür nicht geeignet. Als einfacher und kostengünstig durchzuführender Test sollte daher der 6-MGT in der Funktionsdiagnostik bei Tumorpatienten nach Lungenoperationen großzügig eingesetzt werden.

Abstract

Introduction: The Six-Minute-Walk Test (6-MWT) is an established and well-validated diagnostic procedure in cardiovascular and pulmonary diseases. The significance of the 6-MWT in the assessment of the respiratory function in tumor patients after lung surgery is yet unclear. Moreover, it has not yet been investigated in this patient collective whether the walking distance correlates with the forced expiratory volume per second (FEV1).

Methods: The study included 239 patients following oncological rehabilitation after lobectomy, pneumonectomy or wedge- and segmental resection due to a malignant tumor disease. Spirometry and 6-MWT were performed at baseline (T1) and at the end (T2) of oncological rehabilitation and correlated with each other. A subgroup analysis on clinically relevant parameters such as pretreatment, comorbidities and surgical technique was conducted as well.

Results: A significant improvement of the walking distance measured in 6-MWT as well as of FEV1 and FVC were detected within the scope of spirometry (all three p<0.01). This effect was demonstrable in all subgroups, except for patients who underwent pneumonectomy, for all parameters. Moreover, a significant correlation of the parameters walking distance and FEV1 (p=0.002 and p=0.001) was observed at both measurement points T1 and T2. However, no significant changes were observed in the parameters peripheral O2-saturation and heart frequency in 6-MWT.

Conclusion: Based on the available data we can conclude that measuring the walking distance is a suitable parameter to assess respiratory function in patients after lung surgery due to a malignant tumor disease. Measuring peripheral O2-saturation or heart frequency alone is not suitable for this purpose. Being a simple and cost-efficient test, 6-MWT should be used extensively in functional diagnostics in tumor patients after lung surgery.


Einleitung

Zur Beurteilung der kardio-pulmonalen Funktion und der körperlichen Leistungsfähigkeit existieren verschiedene funktionelle Testverfahren. Viele dieser diagnostischen Verfahren beinhalten ein umfangreiches Assessment zur Beurteilung der kardialen und pulmonalen Funktion, benötigen eine teure Gerätetechnologie und sind sehr zeitaufwendig. Häufig verwendete funktionsdiagnostische Messverfahren sind die Spirometrie, die Spiroergometrie, die Ganzkörperplethysmographie sowie der 10 Meter-Pendel-Gehtest, der Kardio-Stress-Test und der Kardio-Pulmonale-Belastungstest [1], [2]. Aufgrund der begrenzten personellen und technischen Ressourcen in der ambulanten Versorgung als auch in regionalen Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen wird oft auf die reine Befragung des Patienten hinsichtlich der Lungenfunktion zurückgegriffen und auf eine objektivierbare Diagnostik verzichtet.

Bereits in den frühen sechziger Jahren erprobte Balke ein einfach durchzuführendes Testverfahren zur Messung der Gehstrecke in einer definierten zeitlichen Periode [3]. Nachfolgend wurde der 12-Minuten-Leistungstest entwickelt, der die körperliche Leistungsfähigkeit gesunden Probanden erfasste [4]. Da sich dieser Test aufgrund des zeitlichen Umfangs und der körperlichen Belastung nicht für Patienten mit respiratorischen Erkrankungen eignete, entstand daraus der Sechsminuten-Gehtest (6-MGT) [5]. Im weiteren Verlauf etablierte sich der 6-MGT zunehmend, da er besser durchzuführen ist, von den Patienten besser toleriert wird und die Aktivität im täglichen Leben sowie die Lungenfunktion vergleichbar mit anderen aufwendigeren Tests abbildet [6]. Darüber hinaus kann mit Hilfe des 6-MGT die Morbidität und die Mortalität von Patienten mit exazerbierter chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) beurteilt werden [7]. In der Vergangenheit wurde der 6-MGT auch nach Lungenoperationen aufgrund gutartiger Veränderungen eingesetzt und ist ein seither ein etabliertes Instrument in der Kardio- und Pulmonologie [8], [9], [10], [11].

Die Bedeutung des 6-MGT für die Ermittlung der respiratorischen Funktion bei Patienten nach Lungenoperationen aufgrund von malignen Erkrankungen ist weiterhin unklar. Darüber hinaus ist bei diesem Patientenkollektiv bisher nicht untersucht, inwieweit die Gehstrecke im 6-MGT mit Lungenfunktionsparametern, wie dem forcierten expiratorischen Volumen in einer Sekunde (FEV1) korreliert. Die vorliegende Studie hat diese Thematik aufgegriffen und an einem großen Patientenkollektiv von Tumorpatienten nach Lungenoperationen untersucht.


Patienten und Methoden

Patienten

In die Studie wurden alle Patienten eingeschlossen, die eine onkologische Rehabilitation nach einer Lungenoperation erhielten. Das Einschlusskriterium war das Vorliegen einer malignen Erkrankung in Form eines Bronchialkarzinoms, eines Pleuramesothelioms oder von Lungenmetastasen. Ausschlusskriterien waren mangelnde Mitwirkungsfähigkeit bei der Spirometrie oder orthopädische Leiden, die die Durchführung des 6-MGT nicht möglich machten.

Methoden

Die Studie wurde als retrospektive Analyse von Patientendaten angelegt. Alle Untersuchungen und Therapiemaßnahmen waren Standardbestandteile der Anschlussrehabilitation (AHB). Diese enthielten im Wesentlichen atemtherapeutische und krankengymnastische Übungen für die Lunge und die Muskulatur der oberen Extremität sowie der Atemhilfsmuskulatur. Darüber hinaus wurden die Patienten hinsichtlich der Atemtechnik geschult und zur eigenständigen Durchführung der Atemübungen motiviert. Zusätzliche Interventionen außerhalb der klinischen Routine wurden nicht durchgeführt. Die Durchführungszeitpunkte für die Spirometrie und den 6-MGT waren zu Beginn (T1) als auch am Ende (T2) der onkologischen Rehabilitation.

Spirometrie

Die Lungenfunktion mittels Messung der forcierten Vitalkapazität (FVC in % des Sollwertes) und des forcierten expiratorischen Volumens in einer Sekunde (FEV1 in % des Sollwertes), wurde anhand eines handelsüblichen Spirometers (SpiroPerfect®, Welch Allyn, 4341 State Street Road, PO Box 220, Skaneateles, NY) untersucht. Zur Gewinnung optimaler Messwerte wurden mehrmalige Messungen zu jeder Untersuchung durchgeführt und der Patient zur Mitarbeit motiviert. Broncholytische oder sonstig wirksame respiratorische Substanzen wurden nicht verabreicht und die Untersuchung in Ruhebedingungen durchgeführt.

6-Minuten-Gehtest (6-MGT)

Die Durchführung des 6-MGT erfolgte gemäß den Leitlinien der American Thoracic Society [12]. Der Test wurde unter Begleitung eines Therapeuten auf einer geraden Strecke in der Klinik durchgeführt und die Patienten aufgefordert, innerhalb von sechs Minuten eine möglichst weite Distanz zurückzulegen, die in Metern dokumentiert wurde. Die Patienten wurden vom Therapeuten motiviert möglichst zügig zu gehen und wiederholt aufgefordert ihr Tempo zu halten. Eine signifikante Verbesserung der Gehstrecke wurde ab einer Differenz von 50 Metern angenommen [12]. Zum Anfang und zum Ende des Testes wurden die Herzfrequenz, der arterielle Blutdruck und die periphere Sauerstoffsättigung gemessen. Diese wurden mit handelsüblichen Blutdruckmessgeräten und Pulsoxymetern ermittelt. Kam es während des 6-MGT zur respiratorischen oder muskulären Erschöpfung, wurde die Gehgeschwindigkeit auf ein tolerables maximales Tempo reduziert bzw. bei gravierender Erschöpfung oder kardio-pulmonalen Symptomen der Test abgebrochen.

Statistische Analyse

Die statistische Analyse wurde mit Hilfe der Statistik Software Statistika Basis® (StatSoft GmbH, Hoheluftchaussee 112, D-20253 Hamburg) durchgeführt. Damit „Vorher und Nachher-Unterschiede“ nachgewiesen werden konnten, wurde der Wilcoxon Vorzeichenrangtest als nicht-parametrischer Test für abhängige und nicht normal-verteilte Daten bei stetigem Messniveau gewählt. Ein P-Wert <0,05 wurde als statistisch signifikant bezeichnet. Zur Ermittlung einer Korrelation zwischen den Ergebnissen des 6-MGT und dem FEV1 zu den Zeitpunkten T1 und T2 wurde der Spearmans Rho Rangkorrelationskoeffizient berechnet und in Abhängigkeit von der Schwere der respiratorischen Funktionsminderung dargestellt.


Ergebnisse

Patientencharakteristika

In die prospektive Beobachtungsstudie konnten 239 Patienten im Zeitraum von April 2010 bis Juli 2012 eingeschlossen werden. Das mediane Alter betrug 67 Jahre (Spannweite: 33–87 Jahren). Mit 126/239 Patienten (53%) überwog in geringem Maße das männliche Geschlecht. Im Median verblieben die Patienten 21 Tage (Spannweite: 8–42 Tage) in der stationären Rehabilitation. Die führende Tumordiagnose war mit 166/239 Patienten (70%) das Bronchialkarzinom neben 39/239 Patienten (16%) mit Pleuramesotheliom sowie Patienten mit pulmonaler Metastasierung aufgrund eines soliden extrapulmonalen Primärtumors (34/239 Patienten, 14%). In letztgenannter Gruppe fanden sich 11 Patienten mit Urothel-/Nierenzellkarzinomen, 8 Patienten mit Kolorektalkarzinomen, 5 Patienten mit malignen Melanomen und 10 weitere Patienten mit Lungenmetastasen verschiedener solider Tumoren. Entsprechend der Tumordiagnose war die gewählte Operationstechnik bei Patienten mit Bronchialkarzinomen die Lobektomie/Manschettenresektion sowie die Pneumektomie jeweils mit der systematischen Lymphadenektomie. In der Metastasenchirurgie wurde die Keil- und Segmentresektion verwendet. Siebzehn Patienten mit Pleuramesotheliom wurden ausschließlich mittels Pleurektomie behandelt.

Erwartungsgemäß fanden sich bei einem hohen Anteil an Bronchialkarzinomen 70% aller Patienten mit noch bestehendem oder früherem Nikotinkonsum. Bei 56% der Patienten fanden sich klinisch relevante Komorbiditäten, insbesondere COPD (22%), arterieller Hypertonus (42%), kompensierte chronische Herzinsuffizienz (7%) und koronare Herzkrankheit (KHK) sowie chronisches Vorhofflimmern (20%). Die Patientencharakteristika sind in Tabelle 1 [Tab. 1] dargestellt.

Lungenfunktionsparameter in der Spirometrie

Zum Zeitpunkt T1 konnten 223/239 Patienten (93%) und zum Zeitpunkt T2 196/239 Patienten (82%) hinsichtlich der spirometrischen Parameter ausgewertet bzw. plausible Messwerte erhoben werden. Im Gesamtkollektiv kam es im Vergleich der Parameter zum Zeitpunkt T1 und T2 zu einer statistisch signifikanten Verbesserung der respiratorischen Funktion. Sowohl die FEV1 als auch die FVC stiegen im Median von 57% auf 63% bzw 62% (p<0,01) an. Dieser Effekt war unabhängig von der Operationstechnik, die aufgrund der Tumorerkrankung gewählt wurde und konnte sowohl nach Lobektomie als auch nach Keil-/ und Segmentresektion festgestellt werden. In der Subgruppe der Patienten nach Pneumektomie fanden sich keine statistisch signifikanten Verbesserungen der Lungenfunktionsparameter (Tabelle 2 [Tab. 2]). Diese Verbesserungen waren unabhängig von den Komorbiditäten wie COPD, arterieller Hypertonus und KHK/chronisches Vorhofflimmern. In der Subgruppe von Patienten mit chronischer kompensierter Herzinsuffizienz (n=17) fanden sich keine signifikanten Unterschiede von FEV1 und FVC zu den Messzeitpunkten T1 und T2 (Daten nicht dargestellt).

Messparameter des 6-MGT

Zum Zeitpunkt T1 konnten 217/239 Patienten (91%) und zum Zeitpunkt T2 200/239 Patienten (84%) den 6-MGT beenden. Für das Gesamtkollektiv als auch für jede der drei Subgruppen im Hinblick auf die Operationstechnik (Lobektomie, Pneumektomie, Keil-/Segmentresektion) fand sich eine signifikante Verbesserung der Gehstrecke im 6-MGT (p<0,01). Bis auf eine grenzwertig signifikante Verbesserung der Herzfrequenz bei den Patienten die sich einer Lobektomie unterzogen hatten, kam es diesbezüglich zu keiner relevanten Veränderung. Auch die Messung der peripheren O2-Sättigung erbrachte im Vergleich zwischen den Zeitpunkten T1 und T2 keinen signifikanten Unterschied (Tabelle 3 [Tab. 3]).

Im Rahmen der weiteren Subgruppenanalysen fand sich im Hinblick auf die Komorbiditäten (COPD, arterieller Hypertonus, chronische kompensierte Herzinsuffizienz, KHK/chronisches Vorhofflimmern) sowie dem Rauchverhalten ebenfalls eine statistisch signifikante Verbesserung der Gehstrecke im 6-MGT (Daten nicht dargestellt). Eine vor der Lungenoperation durchgeführte Chemotherapie beeinflusste den 6-MGT nicht und eine statistisch signifikante Verbesserung zwischen der Gehstrecke zum Zeitpunkt T1 und T2 fand sich auch in dieser Subgruppe (Daten nicht dargestellt). Am ehesten aufgrund der geringen Fallzahl in den Subgruppen der Radio- (n=3) bzw. Radiochemotherapie (n=6) fand sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Gehstrecken zu den Messzeitpunkten T1 und T2 (Daten nicht dargestellt).

Korrelation der Gehstrecke mit der FEV1

Hinsichtlich ihrer Lungenfunktion zum Zeitpunkt T1 wurden die Patienten in Abhängigkeit von dem Wert der FEV1 in vier Gruppen eingeteilt. In der Gruppe ohne klinisch relevante Einschränkung (FEV1>80%) fanden sich 27/239 Patienten (12%). Der größte Anteil an Patienten (110/239, 48%) fand sich in der Gruppe mit leichter (FEV1=70–80%) und moderater (FEV1=50–69%) respiratorischer Funktionsstörung. Eine schwere respiratorische Störung (FEV1<50%) fand sich bei 76/239 Patienten (34%) (Tabelle 1 [Tab. 1]). In allen vier Gruppen fand sich eine statistisch signifikante Verbesserung der Gehstrecke im 6-MGT im Vergleich zwischen den Zeitpunkten T1 und T2 (Tabelle 4 [Tab. 4]). Darüber hinaus konnte mittels des Spearmans Rho Rangkorrelationskoeffizient eine statistisch signifikante Korrelation sowohl zwischen den Werten der Gehstrecke des 6-MGT und der FEV1 im Rahmen der Spirometrie zum Zeitpunkt T1 (p=0,002) als auch zum Zeitpunkt T2 (p=0,001) ermittelt werden (Tabelle 5 [Tab. 5]).


Diskussion

Der 6-MGT ist ein etabliertes und in verschiedenen Altersgruppen sowie anhand von gesunden Probanden gut validiertes diagnostisches Verfahren, welches im Rahmen kardiologischer und pulmonologischer Erkrankungen Anwendung findet [13]. Im speziellen kommt der Gehstreckentest bei pumonaler Hypertonie, exazerbierter COPD und chronischer Herzinsuffizienz zum Einsatz. Bei gesunden Probanden und bei Patienten mit COPD korreliert er eng mit der FEV1 und dem in der Blutgasanalyse gemessenen Sauerstoffpartialdruck [14], [15]. Nach unserem Wissen existiert derzeit keine Studie, die den 6-MGT nach Lungenoperationen aufgrund einer malignen Erkrankung untersucht hat.

In unserer Analyse fanden wir eine statistisch signifikante Verbesserung der Gehstrecke gemessen im 6-MGT sowie der FEV1 und der FVC ermittelt im Rahmen der Spirometrie. Während sich bei pneumektomierten Patienten hinsichtlich der FEV1 und der FVC keine Verbesserung nachweisen ließ, zeigte der Gehstreckentest auch in diesem zahlenmäßig unterrepräsentierten und von der Lungenfunktion her sehr eingeschränkten Kollektiv eine signifikante Verbesserung. Abgesehen von Patienten nach Pneumektomie waren die Verbesserungen der Gehstrecke im 6-MGT als auch die der Lungenfunktionsparameter in der Spirometrie unabhängig von der Operationstechnik (Tabelle 2 [Tab. 2] und Tabelle 3 [Tab. 3]). Darüber hinaus war die Verbesserung sowohl der Gehstrecke als auch der Lungenfunktionswerte unabhängig von der Vortherapie, was jedoch aufgrund der geringen Fallzahl in den Subgruppen mit Vorsicht interpretiert werden muss. Unabhängig vom Schweregrad der Lungenfunktionsstörung, graduiert nach der FEV1 zu Beginn der Rehabilitation (T1), konnte eine signifikante Verbesserung der Gehstrecke gemessen werden. Insbesondere die Subgruppen mit normaler sowie leichter/moderater Lungenfunktionsstörung waren mit einer ausreichend großen Patientenzahl besetzt, so dass zumindest in diesen Subgruppen die Gehstrecke als zuverlässiger Parameter gewertet werden kann (Tabelle 4 [Tab. 4]).

Zur Berechnung einer Korrelation der Gehstrecke mit der FEV1 jeweils zu den Zeitpunkten T1 und T2, wurde die Spearmans-Rho Rangkorrelation angewandt. Es fand sich zu den beiden Messzeitpunkten eine signifikante Korrelation der beiden Parameter, so dass postuliert werden kann, dass neben der FEV1 auch die Gehstrecke bei dem hier untersuchten Patientenkollektiv eine klinisch relevante Bedeutung hat und indirekt die respiratorischen Funktion abbilden kann (Tabelle 5 [Tab. 5]).

Trotz des statistisch signifikanten Zusammenhangs zwischen FEV1 und der Gehstrecke im 6-MGT müssen diese Daten mit Einschränkung betrachtet werden. Es handelt sich bei dem hier untersuchten Patientengut um ein sehr heterogenes Kollektiv mit verschiedenen Tumorerkrankungen. Den größten Anteil stellten Patienten mit Bronchialkarzinomen dar. Darüber hinaus fanden sich allerdings auch Patienten mit pulmonalen Metastasen anderer solider Tumorerkrankungen. Sowohl bei den Parametern des 6-MGT, als auch der FEV1 und FVC, finden sich sehr große Spannweiten, was ebenfalls auf ein sehr inhomogenes Patientenkollektiv hinsichtlich der pulmonalen Funktion schließen lässt. Insbesondere die sehr niedrigen Werte im 6-MGT als auch in der Spirometrie sind durch die pneumektomierten als auch die zum Teil sehr alten und multimorbiden Patienten bedingt. Zweiundzwanzig Prozent der Patienten hatte bei Studieneinschluss bereits eine vorbekannte COPD, die sich möglicherweise ebenfalls negativ auf die Lungenfunktionsparameter auswirkte. In der Literatur ist gut beschrieben, dass eine präoperative Lungenfunktionseinschränkung mit einer niedrigen FEV1 eine nur geringe Verbesserung der postoperativen Gehstrecke bedingen kann [16], [17]. Eine Verbesserung der peripheren O2-Werte als auch der Herzfrequenz, gemessen im Rahmen des 6-MGT, konnte nicht gezeigt werden (Tabelle 3 [Tab. 3]). Am ehesten ist dieses negative Ergebnis in unserer Studie bedingt durch die bereits zum Zeitpunkt T1 bestehenden hohen medianen PO2-Werte, die sich dann im weiteren Verlauf nicht weiter verbessern konnten. Darüber hinaus ist bereits in der Literatur beschrieben, dass insbesondere die periphere O2-Sättigung kein genaues Messverfahren für die Lungenfunktion oder die Leistungsfähigkeit eines Patienten darstellt [18].

Auch die Messung der Herzfrequenz im Rahmen des 6-MGT zu den Zeitpunkten T1 und T2 zeigte keine signifikante Veränderung und wies eine große Spannweite auf. Insbesondere die Spannweite geht am ehesten auf den heterogenen Trainingszustand, die Komorbiditäten, die postoperative Morbidität und das Alter der Patienten zurück.

Zusammenfassend kann anhand der vorliegenden Daten festgestellt werden, dass die Gehstrecke im 6-MGT signifikant mit den spirometrisch erfassten Messwerten wie FEV1 und FVC korreliert. Damit ist die Messung der Gehstrecke ein geeigneter Parameter, die respiratorische Funktion von Patienten nach Lungenoperationen aufgrund von pulmonalen Tumormanifestationen beurteilen zu können. Die alleinige Messung der peripheren O2-Sättigung oder der Herzfrequenz im 6-MGT ist dafür nicht geeignet. Als einfacher und kostengünstig durchzuführender Test sollte daher der 6-MGT in der Funktionsdiagnostik bei Tumorpatienten nach Lungenoperationen fest etabliert werden.


Anmerkungen

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


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