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GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)

ISSN 1860-9171

Neue Wege in der biometrischen Ausbildung im Rahmen des Medizinstudiums – individuelle Qualifikationsprofile

New ways in the biometrical education within the scope of the medicine study – individual qualification profiles

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  • corresponding author Nicole Heussen - Institut für Medizinische Statistik, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, Aachen, Deutschland
  • author Ralf-Dieter Hilgers - Institut für Medizinische Statistik, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, Aachen, Deutschland

GMS Med Inform Biom Epidemiol 2008;4(1):Doc01

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/journals/mibe/2008-4/mibe000060.shtml

Published: February 28, 2008

© 2008 Heussen et al.
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Zusammenfassung

Die neue Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 schreibt vor, dass die Medizinischen Fakultäten Wahlpflichtveranstaltungen studienbegleitend anbieten müssen. Darüber hinaus hat der Wissenschaftsrat die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses gerade in der Hochschulmedizin gefordert. Wir präsentieren in diesem Beitrag einen Ansatz diese beiden Aspekte zusammenzuführen und dabei die Lehrinhalte des Querschnittbereichs 1 (Q1) „Epidemiologie, Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik“ zu intensivieren und zu erweitern.

Schlüsselwörter: Epidemiologie, Biometrie, Informatik, Wahlpflichtveranstaltungen, Querschnittsbereich 1

Abstract

By the revision of the 'Approbationsordnung für Ärzte' from June 27, 2002 the Medical faculties must offer compulsory elective courses. In addition, the science council has demanded the support of the scientific education of students and young researcher in medicine. Here we present our approach to consolidate both aspects and provide some ideas how to intensify and extend teaching within epidemiology, medical biometry and medical informatics (called Q1 course).

Keywords: epidemiology, biometry, informatics, compulsory elective course, Q1 course


Rahmenbedingungen

Die neue Approbationsordnung für Ärzte (ÄAppO) [1] vom 27. Juni 2002 regelt Ausbildung und Prüfungen im Medizinstudium bundeseinheitlich. Als wesentliche Merkmale der Novellierungen sind die Einführung fachübergreifender Querschnittsbereiche sowie die Verankerung von Wahlpflichtveranstaltungen im ersten und zweiten Studienabschnitt zu nennen. Die Fächer Epidemiologie, Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik sind in einem der 12 neu eingeführten Querschnittsbereiche – im so genannten Q1 – zusammengefasst. Nach den Empfehlungen zur Umsetzung der neuen Approbationsordnung der Arbeitsgemeinschaft der Fachvertreter für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie ist das Ziel der Lehre im Q1 „den Studierenden zur Beurteilung des eigenen Handelns, zur kritischen Anwendung fremder Empfehlungen, zur systematischen Dokumentation und zum Umgang mit modernen Werkzeugen der Informationstechnologie im Rahmen seiner Berufsausübung zu befähigen“ [2]. Viele Fakultäten haben die Gestaltungsfreiheit der neuen ÄAppO genutzt, um neue Lehr- und Lernkonzepte einzuführen, die diesen Empfehlungen Rechnung tragen [3]. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass das vermittelte Wissen im Bereich des Q1 Grundlagen Charakter hat und somit das notwendige Wissen für spezifische Anwendungen in einigen Bereichen der Medizinischen Forschung nicht abdeckt [4].

Einen möglichen Ansatzpunkt Lehrinhalte aus dem Fächerkanon „Epidemiologie, Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik“ zu intensivieren und zu erweitern, bieten die Wahlpflichtfächer der neuen ÄAppO. Die neue ÄAppO sieht die Medizinische Informatik als Thema eines Wahlpflichtfaches bereits explizit vor, lässt jedoch Erweiterungen der gesamten Themenliste zu. Hier lassen sich zielgerichtet vor allem Inhalte vermitteln, die Studierende der Medizin für eine spätere forschende Tätigkeit qualifizieren.

Um dem Wahlpflichtbereich Attraktivität zu verleihen, haben sich die Initiatoren bei der Gestaltung des Aachener Modellstudiengangs Medizin zum Ziel gesetzt, den Studierenden nicht nur ein breit gefächertes Angebot an Wahlpflichtveranstaltungen anzubieten, sondern auch eine umfassende wie zielgerichtete Ausbildung durch thematisch zusammenhängende Wahlpflichtveranstaltungen – den so genannten Individuellen Qualifikationsprofilen (IQPs) – zu ermöglichen. Damit wird gleichzeitig der Kernforderung von BMBF, DFG und Wissenschaftsrat [5] für die Hochschulmedizin der Zukunft Rechnung getragen, die bereits im Mai 2004 gefordert haben, dass das Medizinstudium mehr Ansätze und Anreize zum wissenschaftlichen Arbeiten bieten muss, und die Ausbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Bereich der Hochschulmedizin zu intensivieren ist.


Individuelle Qualifikationsprofile im Aachener Modellstudiengang Medizin

Die Möglichkeit zur Einrichtung von Modellstudiengängen bestand bereits vor der Novellierung der ÄAppO, wurde jedoch nach der Novelle verstärkt genutzt. Neben Berlin, Bochum, Köln, Witten/Herdecke, Heidelberg und Hannover bietet Aachen seit dem Wintersemester 2003/04 ebenfalls einen Modellstudiengang an. In Aachen wird die Modellstudiengangsklausel der neuen Approbationsordnung jedoch auf den gesamten Jahrgang angewendet, was in dieser Form für lediglich drei weitere Standorte – Hannover, Heidelberg und Köln – so gilt.

Hauptausbildungsziel im Aachener Modellstudiengang Medizin ist der akademisch ausgebildete, zur Weiterbildung befähigte Arzt. Die Ausbildung ist so gestaltet, dass die Studierenden Organe und Organsysteme in ihrem Bau, ihrer Funktion und ihren pathogenetischen Prinzipien verstehen lernen. Darüber hinaus werden die Studierenden des Aachener Modellstudiengangs Medizin mit dem Prozess des biologischen und medizinischen Problemlösens vertraut gemacht. In allen Studienabschnitten steht die Vermittlung von biologisch/medizinisch relevanten Prinzipien im Vordergrund. Ein weiteres Ausbildungsziel ist der Erwerb der Fähigkeit, fachübergreifend integrativ zu lernen und zu denken sowie den eigenen Wissens- und Erfahrungsstand selbstkritisch zu reflektieren. Der Aachener Ansatz soll so eine intensivere wissenschaftliche Schulung der Studierenden ermöglichen, als dies in der traditionellen Medizinerausbildung realisiert werden kann. Neben der Erarbeitung des für die ärztliche Tätigkeit wichtigen Basiswissens besteht im Rahmen des Aachener Modellstudiengangs für die Studierenden die Freiheit, eigene Ausbildungsschwerpunkte zu setzen. Deshalb ist der Studienplan so gestaltet, dass neben den Pflichtveranstaltungen ein gegenüber den Vorgaben der ÄAppO deutlich erweiterter zeitlicher Rahmen für die Durchführung von Wahlpflichtveranstaltungen besteht. Insgesamt beträgt der zeitliche Rahmen, der für die wissenschaftliche Ausbildung reserviert ist, 10% des Gesamtstudienumfangs im Aachener Modellstudiengang.

Den Studierenden sollte in diesem Rahmen nicht nur ein möglichst breites Angebot an Wahlpflichtveranstaltungen angeboten, sondern vielmehr auch eine umfassende wie zielgerichtete Ausbildung ermöglicht werden. Der Aspekt der frühzeitigen Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses wird dadurch reflektiert, dass interdisziplinäre, thematisch verwandte Wahlpflichtveranstaltungen bereits ab dem vierten Semester angeboten werden. Viele der IQPs sind dabei inhaltlich auf die Forschungsschwerpunkte „Klinische Neurowissenschaften“, „Molekulare Krankheitsentstehung“ sowie „Medizin und Technik“ der Medizinischen Fakultät in Aachen abgestimmt. Die erfolgreiche Teilnahme an Wahlpflichtveranstaltungen eines thematischen Schwerpunktes kann zum Erwerb eines Zertifikats in einem IQP führen.

Im Rahmen verschiedener IQPs zu den Themen Prüfarzt, Bioinformatik und Public Health werden auch Lehrinhalte aus dem Fächerkanon „Epidemiologie, Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik“ intensiviert und erweitert.

Exemplarisch soll im Folgenden anhand des IQP „Prüfarzt“ die Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie der Erwerb von wissenschaftlichen Qualifikationen in das Humanmedizinstudium integriert werden kann.

Zur Verbesserung der patientenorientierten klinischen Forschung und zur Sicherung der Qualität klinischer Studien ist es in den letzten Jahren zu einer ständigen Weiterentwicklung der nationalen und internationalen Regelungen im Rahmen der medizinischen Forschung gekommen. Dementsprechend werden hohe Anforderungen ärztlich-fachlicher, biometrischer und organisatorischer, zunehmend aber auch rechtlicher und ethischer Art an den Arzt in der Rolle des klinischen Prüfers gestellt. Eine derartige Qualifikation konnten bisher nur über entsprechende postgraduale Ausbildungsprogramme erworben werden. Mit den immanenten Nachteilen einer berufsbegleitenden Ausbildung wie Zeitverlust, Doppelbelastung und Zusatzkosten. Eine Besonderheit des Aachener Modellstudiengangs stellt die Möglichkeit dar, bereits während des Studiums diese wissenschaftliche Zusatzqualifikation zu erwerben.


Struktur der Individuellen Qualifikationsprofile

Ein IQP basiert auf thematisch zusammengehörigen Wahlpflichtveranstaltungen, wobei eine Lehrveranstaltung mehreren IQPs zugeordnet werden kann. Zur Erfassung der Leistungen in den Wahlpflichtveranstaltungen wurde in Aachen Bewertungspunkte (Credits) eingeführt, die dem erwarteten Zeitaufwand für eine Unterrichtsveranstaltung entsprechen. So wird eine Unterrichtsstunde von 45-minütiger Dauer mit 0,1 Credits bewertet, zusätzlich ist eine Honorierung des über die Präsenzpflicht der Unterrichtsveranstaltung hinausgehenden Arbeitsaufwandes bis zu einem Umfang von 25% möglich. Insgesamt müssen Studierende im Aachener Modellstudiengang Wahlpflichtveranstaltungen im Umfang von 30 Credits belegen, von denen mindestens fünf einem speziellen IQP zugeordnet sein müssen. Innerhalb des zweiten Studienabschnitts (3.-6. Semester) müssen von den insgesamt 30 Credits mindestens 14 Credits nachgewiesen werden.

Profilübergreifend findet im Wahlpflichtbereich des 3. Semesters für alle Studierende die Veranstaltung „How to Read a Paper“ statt, in der Studierende an die kritische Bewertung medizinischer Fachliteratur herangeführt werden. Die Veranstaltung besteht aus einem Vorlesungsteil im Umfang von 10 Stunden, an den sich die praktische Auseinandersetzung mit einem konkreten Artikel über 6 Semesterwochen anschließt. Die Studierenden erarbeiten in Sechsergruppen unter Anleitung eines Tutors die inhaltlichen Aspekte eines medizinischen Fachartikels, meist eine klinische Studie und bewerten die Qualität der Publikation. Die entwickelten Ansatzpunkte für ein „critical appraisal“ werden in einem Poster zusammengefasst und im Rahmen einer Posterbegehung dem gesamten Jahrgang präsentiert. Die Veranstaltung „How to Read a Paper“ wird mit 4 Credits bewertet, die in einem beliebigen IQP zur Anrechnung kommen können.

Das Curriculum zu einem IQP sollte einen Umfang von mindestens 25 Credits aufweisen und Lehrveranstaltungen aus mindestens drei, ggfs. verwandten Fachdisziplinen beinhalten. Darüber hinaus sollte das Curriculum eines IQP einem modularen Aufbau folgen, um ein semesterübergreifendes Studium zu ermöglichen. Dies ermöglicht den Studierenden einen hohen Grad an Flexibilität und gewährleistet den anbietenden Instituten und Kliniken eine Auslastung ihrer Veranstaltungen. Werden aus dem Curriculum eines IQP Veranstaltungen im Umfang von mindestens 15 Credits belegt, so wird der Studierende zu einer veranstaltungsübergreifenden Prüfung zugelassen und hat die Möglichkeit ein entsprechendes Zertifikat über seine Zusatzqualifikation zu erwerben. Zusätzlich eröffnet diese Qualifikation die Möglichkeit einer Promotion in dem entsprechenden Bereich.


Das Individuelle Qualifikationsprofil „Prüfarzt“

Um den modularen Aufbau sowie die Verzahnung eines Curriculums zu anderen IQPs zu verdeutlichen, ist in Abbildung 1 [Abb. 1] das Curriculum zum IQP „Prüfarzt“ dargestellt. Das ca. 200 Stunden umfassende Curriculum, das Dozenten mehrerer Institute und Kliniken der Medizinischen Fakultät mit einbezieht, beschreibt die Wahlpflichtveranstaltungen, aus denen Kurse zum IQP „Prüfarzt“ kombiniert werden können. Die Thematik dieser Wahlpflichtveranstaltungen deckt medizinstatistische sowie ethische, organisatorische und administrative Inhalte ab. In Form von Vorlesungen, Hospitationen und Tutorien werden die Studierenden mit Aspekten der Planung, Durchführung, Auswertung und Publikation klinischer Studien gemäß geltender nationaler und internationaler Richtlinien vertraut gemacht. Das IQP „Prüfarzt“ im Aachener Modellstudiengang Medizin vermittelt den Studierenden somit die erforderlichen wissenschaftlichen und methodischen Kompetenzen im Bereich der Studienplanung, der praktischen Studienorganisation sowie der Ergebnisbewertung, Berichterstellung und Publikation, die sie für eine spätere forschende Tätigkeit qualifizieren.

Bis auf die Vorlesung „Klinische Studien“, in der Methoden und Verfahren, die bei der Planung, Organisation und Durchführung klinischer Studien Anwendung finden, übergreifend dargestellt werden, weisen nahezu alle anderen Veranstaltungen tutoriellen Charakter auf und sind somit als eine Verflechtung von Vorlesung und eigenständigem Erarbeiten des Stoffes durch die Studierenden zu verstehen.

Innerhalb des Curriculums zum IQP „Prüfarzt“ lassen sich zwei Schwerpunkte identifizieren, die inhaltlich mit den Begriffen „Planung und Organisation klinischer Studien“ und „Statistische Methoden klinischer Studien“ beschrieben werden können. Aus diesem Veranstaltungsangebot können sich die Studierenden entsprechend ihrer Neigungen eine inhaltlich individualisierte Qualifikation zusammenstellen. Zusätzlich wird für besonders interessierte Studierende ein Forschungspraktikum angeboten, in dem sie den Prozess der Arzneimittelzulassung partiell in einem pharmazeutischen Unternehmen, einem CRO oder einer Klinik aktiv verfolgen und unterstützen können.

Bei der Entwicklung des Curriculums „Prüfarzt“ waren neben den oben beschriebene formalen Kriterien, die durch die allgemeine Struktur der IQPs vorgegeben sind, vor allem inhaltliche Überlegungen maßgeblich.


Stellenwert des Individuellen Qualifikationsprofils „Prüfarzt“

Einer Empfehlung der Task Force „Pharma“ zufolge [6] sollte zur Förderung der klinischen Forschung in Deutschland nach Modellen gesucht werden, die eine Qualifikation in patientennaher klinischer Forschung zulassen. Diese Handlungsempfehlung wird vom Wissenschaftsrat begrüßt und nachdrücklich unterstützt [7]. Der Wissenschaftsrat weist darauf hin, dass für die Stärkung der klinischen Forschung die Kenntnisse in diesem Bereich entscheidend sind und fordert dieses Wissen konsequenterweise bereits im Medizinstudium durch die Einführung eines Moduls „Klinische Forschung“ zu vermitteln.

Im Aachener Modellstudiengang Medizin können interessierte Studierende im Rahmen des IQP „Prüfarzt“ wissenschaftliche und methodische Kompetenzen im Bereich klinischer Studien erwerben, die sie für eine forschende Tätigkeit im Arztberuf qualifizieren. Mit dieser studienbegleitenden Zusatzqualifikation erwerben sie gleichzeitig einen Vorteil gegenüber Medizinern, die diese Qualifikation erst berufsbegleitend erwerben können. Darüber hinaus bietet das IQP „Prüfarzt“ mehr Möglichkeiten zur Vertiefungen der Inhalte als in vergleichbaren berufsbegleitenden Qualifizierungsmöglichkeiten.

Die KKS-Fachgruppe zum Schwerpunkt „Aus-, Fort- und Weiterbildung“ beschreibt in einem Vorschlag für die inhaltlichen Mindestanforderungen zur Fortbildung „Prüfarzt in Klinischen Studien“ ein Curriculum mit einem Umfang von 16 Unterrichtstunden [8]. Die Inhalte des Curriculums zum IQP „Prüfarzt“ greifen den Vorschlag der KKS-Fachgruppe auf, vertiefen und erweitern ihn. Lediglich die Thematik „Besonderheiten bei Studien über Medizinprodukte“, die bei den KKS mit mindestens 2 Stunden behandelt wird, wird im Curriculum des IQP „Prüfarzt“ nicht durch eine eigenständige Lehrveranstaltung abgedeckt, sondern integrativ in verschiedenen Lehrveranstaltungen vermittelt.

Das CLEAR-Projekt, das ein möglichst europaweit vereinheitlichtes Curriculum für die Ausbildung zum „Klinischen Prüfarzt/Prüfer“ zum Ziel hat [9], hat bisher in drei Pilotprojekten ein 60 Stunden umfassendes Curriculum mit den Modulen „Planung und Organisation klinischer Prüfungen“, „Statistik und Biometrie“, „Recht und Ethik“ sowie „Präklinische und klinische Grundlagen“ getestet. Inhaltlich bietet das Curriculum des CLEAR-Projekts gegenüber dem Curriculum zum IQP „Prüfarzt“ zusätzlich das Modul „Präklinische und klinische Grundlagen“ an. Wobei die Inhalte dieses Moduls bereits durch das Basiscurriculum des Aachener Modelstudiengangs Medizin abgedeckt werden. Die Stundenzahl des Gesamtcurriculums des CLEAR-Projekts entspricht nur etwa der Hälfte des Umfangs, der für das Zertifikat im IQP „Prüfarzt“ erforderlich ist.

Die Resonanz auf das IQP „Prüfarzt“ war im ersten Jahrgang verhalten. Von 240 Studierenden im Aachener Modellstudiengang Medizin belegten lediglich 3 Studierende Tutorien im Anschluss an die Vorlesung „Klinische Studien“. Im Folgejahrgang hat sich diese Zahl auf 10 Studierende erhöht, das kommende Wintersemester wird zeigen, ob sich diese wachsende Tendenz auch im dritten Jahrgang des Aachener Modellstudiengangs Medizin fortsetzen wird.

Dabei ist zu bedenken, dass Wahlpflichtveranstaltungen aus dem Bereich Epidemiologie, Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik traditionell nur von naturwissenschaftlich interessierten und damit wenigen Studierenden der Medizin wahrgenommen werden. Dadurch, dass kein Zwang besteht diese Qualifikation zu erwerben, sind die Teilnehmer jedoch hoch motiviert. Die Wertschätzung des Qualifikationsangebotes ist entsprechend positiv und steht konträr zu dem Stellenwert, der den Fächern Epidemiologie, Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik üblicherweise [10] beigemessen wird.

Ein möglicher Grund für die verhaltene Resonanz mag auch in der Namensgebung des Profils liegen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Studierende im dritten Semester zunächst keine Vorstellung mit dem Begriff des Prüfarztes verbinden. Der Begriff „Prüfarzt“ leitet sich ab aus der „klinischen Prüfung“, die als Synonym für die „klinischen Studie“ steht. Möglicherweise könnte ein aussagekräftiger Name die Attraktivität des IQP „Prüfarzt“ steigern.

Eine zusätzliche Ausweitung des Hörerkreises ist durch die Einführung von IQPs mit klinischem Hintergrund, die sich zurzeit noch in einem Entwicklungsprozess befinden, zu erwarten. Durch einen konkreten klinischen Bezug wird die Wichtigkeit klinischer Studien aufgezeigt und somit möglicherweise auch das Interesse der Studierenden an Lehrveranstaltungen aus dem IQP „Prüfarzt“ geweckt.


Fazit

Die neue Approbationsordnung für Ärzte verpflichtet die Medizinischen Fakultäten Wahlpflichtveranstaltungen studienbegleitend anzubieten. Durch ein zielgerichtetes Angebot von Wahlpflichtveranstaltungen können Studierende frühzeitig berufliche Zusatzqualifikationen erwerben, die vor allem für zukünftige Mediziner mit Forschungsinteresse einen Wettbewerbsvorteil darstellen. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass zunehmend auch niedergelassene Ärzte an klinischen Studien beteiligt werden, so dass in den nächsten Jahren von einem gesteigerten Interesse an Kursen zu klinischen Studien auszugehen ist. Gerade für die Fächer des Q1 bietet es sich an Lehrinhalte im Rahmen der Wahlpflichtveranstaltungen in Hinblick auf eine patientenorientierte Forschung zu erweitert. Das Curriculum zum IQP „Prüfarzt“ im Aachener Modellstudiengang Medizin stellt exemplarisch ein Konzept vor, das Studierende auf eine mögliche Tätigkeit als Arzt in der patientenorientierten Forschung vorbereitet. Die ÄAppO sieht für den Regelstudiengang nicht den Umfang an Wahlpflichtstunden vor, wie sie der Aachener Modellstudiengang mit 10% des Gesamtstudienumfangs vorgibt. Dennoch könnte über ein ausgeweitetes Angebot auf freiwilliger Basis die Möglichkeit einer Zusatzqualifikation angeboten werden. Dabei können Forschungsschwerpunkte der jeweiligen Institute wie z.B. genetische Epidemiologie, Gesundheitsökonomie oder evidenzbasierte Medizin in die Qualifikationsbildung einfließen.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Keine angegeben.


Literatur

1.
Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002. Bundesgesetzblatt. Jahrgang 2002, Teil I, Nr. 44. Verfügbar unter: http://www.approbationsordnung.de/. External link
2.
Hilgers RD, Feldmann U, Jöckel KH, Klar R, Rienhoff O, Schäfer H, Selbmann HK, Wichmann HE. Empfehlungen zur Umsetzung der Approbationsordnung für Ärzte vom 27.06.2002 in den Fächern Epidemiologie, Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2005;1(1):Doc05. Verfügbar unter: http://www.egms.de/en/journals/mibe/2005-1/mibe000005.shtml External link
3.
König IR, Repsilber D, Dahmen G, Kleensang A, Ziegler A. Anwendungsorientiertere Ausbildung im Teil ‚Medizinische Biometrie' des Querschnittsfachs Q1 durch Einbettung von Konzepten der Evidenzbasierten Medizin - Ein Erfahrungsbericht nach Umstellung auf die neue ÄAppO. Informatik, Biometrie und Epidemiologie in Medizin und Biologie. 2004;35(4):220-8.
4.
Stang A, Hense HW, Jöckel KH. Epidemiologie, medizinische Biometrie und medizinische Informatik (Q1) - klinische Relevanz des Lehrstoffs näher bringen - aber wie? GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2005;1(3):Doc19. Verfügbar unter: http://www.egms.de/en/journals/mibe/2005-1/mibe000019.shtml External link
5.
Kernforderungen Hochschulmedizin der Zukunft: Ziele und Visionen für die klinische Spitzenforschung. Gemeinsamer Workshop von BMBF, DFG und Wissenschaftsrat. Berlin; Mai 2004. Erhältlich unter: http://www.dfg.de/aktuelles_presse/reden_stellungnahmen/2005/download/hochschulmedizin_der_zukunft_kernforderungen_bmbf_dfg_wr_klinische_forschung_05.pdf. External link
6.
2. Bericht und Aktionsplan der Task Force ‚Pharma'. Verbesserung der Standortbedingungen und der Innovationsmöglichkeiten der pharmazeutischen Industrie in Deutschland. Berlin; August 2005. Verfügbar unter: http://www.bmbf.de/de/4861.php. External link
7.
Wissenschaftsrat. Empfehlungen zu Public Private Partnerships (PPP) in der universitätsmedizinischen Forschung. Januar 2007. Verfügbar unter: http://www.wissenschaftsrat.de/texte/7695-07.pdf. External link
8.
Krummenauer F (als Sprecher der Fachgruppe ‚Aus-, Fort- und Weiterbildung' der Koordinierungszentren für Klinische Studien (KKS)). Standardisierte Qualifikation zum Prüfarzt. DZKF. 2001;11/12:30-3.
9.
eu-clear.com [homepage on the internet]. Clinical Reserach Physician (CLEAR). Verfügbar unter: http://www.eu-clear.com. External link
10.
Pabst R, Nave H, Rothkötter HJ, Tschernig T. Lehrevaluation in der Medizin. Dt Aerzteblatt. 2001;98(12):A747-9.