gms | German Medical Science

GMS Zeitschrift zur Förderung der Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien

Gesellschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien e. V. (INSTAND e. V.)

ISSN 1869-4241

Statistische Strukturdaten zur medizinischen Labordiagnostik in Deutschland – Statusbericht 2022

Statistical structural data on medical laboratory diagnostics in Germany – status report 2022

Originalarbeit

Search Medline for

  • author Michael Vogeser - Institut für Laboratoriumsmedizin, LMU Klinikum, München, Deutschland

GMS Z Forder Qualitatssich Med Lab 2022;13:Doc02

doi: 10.3205/lab000045, urn:nbn:de:0183-lab0000458

Published: May 19, 2022

© 2022 Vogeser.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Die Strukturqualität der Versorgung mit labordiagnostischen Leistungen auf nationaler Ebene ist von großer Relevanz für die medizinische Versorgung insgesamt. Um longitudinale Tendenzen erkennen zu können, war es Ziel der vorliegenden Untersuchung, statistische Basisdaten zur labordiagnostischen Versorgung im stationären und ambulanten Sektor in Deutschland anhand öffentlich zugänglicher Quellen zu erheben und in der Zusammenschau auszuwerten.

Als besonders wertvoll erwies sich Datenmaterial der Bundesärztekammer, des Statistischen Bundesamtes, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Barmer Ersatzkasse.

Wichtige Befunde waren unter anderem, dass der Anteil von Fachärzten für Laboratoriumsmedizin bzw. Mikrobiologie etwa 0,5% der gesamten deutschen Ärzteschaft ausmachen. Dies steht in erstaunlichem Kontrast zu Daten der Barmer Ersatzkassen, wonach 2019 auf 1.000 Versicherte durchschnittlich 863 Konsultationen von Laborärzten pro Jahr kamen. Der Anteil der Laborleistungen an den Gesundheitskosten in Deutschland liegt bei etwa 2,7%.

Die Ergebnisse zeigen, dass bereits auf Basis öffentlich zugänglicher Daten grundlegende Aspekte der labormedizinischen Versorgungsforschung adressiert werden können.

Schlüsselwörter: Strukturdaten, Strukturqualität, Statistik, Labordiagnostik, Labormedizin, Deutschland

Abstract

The structural quality of laboratory diagnostic services on a national level is of great relevance for medical care as a whole. In order to be able to identify longitudinal trends, the aim of the present study was to obtain basic statistical data on laboratory diagnostic care in the inpatient and outpatient sectors in Germany from publicly available sources and to evaluate them in a synopsis.

Data material from the German Medical Association, the Federal Statistical Office, the National Association of Statutory Health Insurance Physicians and the Barmer Ersatzkasse proved to be particularly valuable.

Important findings included the fact that specialists in laboratory medicine or microbiology make up about 0.5% of the entire German medical profession. This is in striking contrast to data from the Barmer Ersatzkassen, according to which in 2019 there were an average of 863 consultations of laboratory physicians per year for every 1,000 insured persons. Laboratory services account for around 2.7% of healthcare costs in Germany.

The results show that fundamental aspects of laboratory medical care research can already be addressed on the basis of publicly available data.

Keywords: structural data, structural quality, statistics, laboratory diagnostics, laboratory medicine, Germany


1 Einleitung

Laboruntersuchungen sind tragende Säule der Diagnostik und der Evidenzbasierten Medizin. Strukturdaten zur nationalen Versorgung mit labormedizinischen Leistungen sind wichtig, um künftige Tendenzen der Entwicklung erkennen zu können.

Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, anhand öffentlich zugänglicher Quellen entsprechende grundlegende statistische Daten zu akquirieren und in der Zusammenschau auszuwerten. Hierbei sollten insbesondere Aspekte der Strukturqualität der labordiagnostischen Versorgung im stationären und im ambulanten Sektor sowie des Ausgabenvolumens beleuchtet werden.


2 Material und Methoden

Im Januar 2022 wurden die jeweils aktuellsten Daten zur Versorgung der Bevölkerung in Deutschland auf den Internetseiten relevanter Institutionen gesammelt. Die Stichtage der jeweiligen Erhebungen waren dabei uneinheitlich.


3 Ergebnisse

3.1 Ärztinnen und Ärzte in der Labordiagnostik

Daten zu berufstätigen Ärztinnen und Ärzten wurden der Ärztestatistik der Bundesärztekammer mit Stand 31.12.2020 entnommen [1]. Ende 2020 waren demnach in Deutschland insgesamt 409.121 Ärztinnen und Ärzte berufstätig (48,2% Ärztinnen). Davon waren 39% ambulant tätig (darunter 29% in angestellter Position) und 52% im stationären Bereich. 2010 lag die Gesamtzahl bei 333.599, damit ist die Zahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte in den vergangenen 10 Jahren um ca. 22% gewachsen (Tabelle 1 [Tab. 1]).

Ende 2020 waren 1.170 Fachärztinnen bzw. Fachärzte für Laboratoriumsmedizin tätig, was 0,29% aller Ärztinnen bzw. Ärzte entspricht; der Frauenanteil lag bei 40,3%. Von den Laborärztinnen bzw. Laborärzten waren 772 im ambulanten Bereich tätig und 302 im stationären; bei Behörden, Körperschaften und in sonstigen Bereichen waren 96 tätig. In 2020 wurden 54 Facharztanerkennungen im Fach Laboratoriumsmedizin erteilt. Ende 2011 lag die Zahl der Laborärztinnen bzw. Laborärzte bei 1.019, damit ist die Zahl seitdem um ca. 15% gewachsen. Der prozentuale Anteil an der gesamten Ärzteschaft ist praktisch gleichgeblieben.

Über 60 Jahre alt waren 32,0% der berufstätigen Laborärztinnen bzw. Laborärzte, über 50 Jahre 72,1%. In der gesamten Ärzteschaft waren zu diesem Zeitpunkt 20,1% der berufstätigen Ärztinnen bzw. Ärzte über 60, und 46,5% über 50 Jahre alt. Ende 2011 waren 19,0% der berufstätigen Laborärztinnen bzw. Laborärzte über 60, und 57% über 50 Jahre alt.

Zum Erhebungszeitpunkt 31.12.2020 waren 832 Ärztinnen bzw. Ärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie tätig, damit etwa 0,20% der Ärzteschaft; der Frauenanteil lag bei 43%. Es waren 321 Mikrobiologinnen bzw. Mikrobiologen im ambulanten Bereich tätig; im stationären 358; bei Behörden, Körperschaften und sonstigen Institutionen 153. Über 60 Jahre waren 28% der berufstätigen Fachärztinnen bzw. Fachärzte in diesem Bereich, 61,7% waren über 50 Jahre alt. In 2020 wurden 40 Facharztanerkennungen erteilt. Gegenüber 2020 ist die Zahl der Fachärzte in diesem Gebiet um ca. 20% gewachsen.

Wenn Ärztinnen und Ärzte, die in den Fächern Labormedizin bzw. Mikrobiologie als die überwiegend in der In-vitro-Diagnostik Tätigen betrachtet werden, lag die Zahl dieser Gruppe der Ärzteschaft Ende 2020 damit bei 2002, entsprechend 0,5% der berufstätigen Ärzteschaft in Deutschland.

Ebenfalls schwerpunktmäßig – aber nicht ausschließlich – mit In-vitro-Diagnostik befasst sind Fachärztinnen und Fachärzte für Pathologie, Transfusionsmedizin sowie Humangenetik. Ende 2020 waren 1.819 Pathologinnen bzw. Pathologen tätig (882 ambulant, 808 in stationären Einrichtungen) sowie 584 Transfusionsmedizinerinnen bzw. Transfusionsmediziner (126 ambulant, 312 in stationären Einrichtungen) und 380 Humangenetikerinnen bzw. Humangenetiker.

Bei Ärztinnen und Ärzten mit zwei oder mehr Facharztbezeichnungen wird in der Ärztestatistik offenbar nur eine Disziplin gezählt, da die Summe der Ärztinnen und Ärzte nach jeweils genannter Disziplin der Gesamtzahl der Ärztinnen und Ärzte entspricht.

Auch in anderen als den hier bislang aufgeführten ärztlichen Disziplinen sind Ärztinnen bzw. Ärzte teilweise oder im Einzelfall auch ganz labordiagnostisch tätig, insbesondere in der Hämatologie, Endokrinologie und Frauenheilkunde. Über ihre Zahl erlaubt die Ärztestatistik der Bundesärztekammer keine Aussagen. Es können auch keine Aussagen zur Zahl der Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung in den jeweiligen Fachdisziplinen gemacht werden. Ebenso wenig sind Daten über die Zahl von Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftlern, die in der Labordiagnostik tätig sind, verfügbar.

Ende 2020 waren 172 berufstätige Fachärztinnen bzw. Fachärzte unterschiedlicher Disziplinen mit einer erteilten Zusatz-Weiterbildung Labordiagnostik tätig.

Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) nahmen am 31.12.2020 1.326 Ärztinnen bzw. Ärzte der Fachgruppen Laboratoriumsmedizin bzw. Mikrobiologie an der vertragsärztlichen Versorgung teil [2].

Aus dem Qualitätsbericht 2021 (Berichtsjahr 2020) der KBV [3] geht hervor, dass 11.733 Ärztinnen bzw. Ärzte eine Genehmigung der jeweiligen Landesärztekammer zur Durchführung von Spezial-Laboruntersuchungen besaßen; u.a. betrifft dies Endokrinolog/-innen und Reproduktionsmediziner/-innen.

Laut KBV wurden am 31.12.2020 insgesamt 320 Medizinische Versorgungszentren betrieben, in denen ein(e) oder mehrere Laborärztinnen bzw. Laborärzte tätig waren; ihre Zahl wird mit 944 angegeben.

Dem Qualitätsbericht der KBV [3] ist weiterhin zu entnehmen, dass in der 2021 gültigen ambulanten Bedarfsplanung bundesweit eine allgemeine Verhältniszahl von 92.104 Einwohner/-innen pro Laborärztin bzw. Laborarzt angesetzt wird. Der Versorgungsgrad mit Laborärztinnen bzw. Laborärzten lag 2020 in drei der 16 Planungsbereiche bei 95% bis 109%, in allen anderen z.T. deutlich darüber.

3.2 Inanspruchnahme von labordiagnostischen Facharztleistungen

Der Arztreport 2021 der Barmer Ersatzkasse mit 9 Millionen Versicherten berichtet Daten zur ambulanten ärztlichen Versorgung [4]. So wird der Anteil von je 1.000 Versicherten angegeben, für den pro Jahr von den unterschiedlichen Facharztgruppen in 2019 Leistungen erbracht wurden. Demnach erfolgte eine Konsultation von Laborärztinnen bzw. Laborärzten für 414 von je 1.000 Versicherten pro Jahr. Damit ist diese Facharztgruppe nach den Allgemeinmedizinerinnen bzw. Allgemeinmedizinern (mit 627 Konsultationen) die Facharztgruppe, die – über beide Geschlechter gerechnet – von der zweithöchsten Zahl an Versicherten jährlich in Anspruch genommen wurde. Im weiblichen Bevölkerungsanteil lagen Gynäkologinnen bzw. Gynäkologen vor der Labormedizin auf Platz zwei. An Konsultationsfällen pro Jahr und 1.000 Versicherten wird für das Fachgebiet Labormedizin eine Zahl von 863 angegeben; für Hausärztinnen bzw. Hausärzte in der Allgemeinmedizin 2.149 Fälle; für Hausarzt-Internistinnen bzw. -Internisten 914. Die approximativen Kosten je Fall für die labormedizinischen Leistungen (863 je 1.000 Versicherte) lagen bei 29 EUR. Der Anteil der Kosten für Laborleistungen an den gesamten Behandlungskosten lag bei 4,2%.

3.3 Fachpersonal in der Labordiagnostik

Daten zu nicht-ärztlichen Beschäftigten in der Labordiagnostik konnten der Destatis-Datenbank des Statistischen Bundesamtes entnommen werden (Themenbereich 2.23 Gesundheitswesen) [5]. In Tabelle 23621-00008 der Gesundheitspersonalberechnung werden Daten in Vollzeitäquivalenten im Jahresdurchschnitt als volle Tausend angegeben. Demnach waren 2019 in Medizinischen Laboratorien etwa 78.000 Personen beschäftigt, davon 49.000 Fachkräfte in medizinisch-technischen Berufen und 2.000 Spezialisten. In 2012 lag die Zahl der Beschäftigten mit etwa 75.000 dagegen um ca. 4% niedriger, wobei die Zahl der Fachkräfte bei etwa 52.000 lag, was hier mit Stand 2019 einer Abnahme von ca. 6% entspricht. Damit hat sich das Zahlenverhältnis von Fachkräften zu angelernten Kräften in Richtung der angelernten Kräfte verschoben (69% Fachkräfte in 2012, 63% in 2019). Die Kategorie „Spezialist“ ist im öffentlich zugänglichen Material nicht nachvollziehbar definiert.

Aus den Daten der Gesundheitsberichterstattung des Bundes [6] (unter Gesundheitsversorgung > Beschäftigte und Einrichtungen der Gesundheitsversorgung > Personal im Gesundheitswesen, Gesundheitspersonalberechnung) geht die Zahl der Beschäftigten in Medizinischen Laboratorien insgesamt hervor; sie lag 2019 bei etwa 104.000, gegenüber 99.000 in 2021.

3.4 Labordiagnostik in Kliniken

Der Destatis-Datenbank des Statistischen Bundesamtes sind auch Daten zu den Laboratorien von Krankenhäusern zu entnehmen [7]. In 2019 wurden insgesamt 1.848 Krankenhäuser gezählt, in denen 167.952 Fachärztinnen bzw. Fachärzte tätig waren (Vollkräfte über den Jahresdurchschnitt). In 167 Krankenhäusern waren Fachärztinnen bzw. Fachärzte für Laboratoriumsmedizin tätig (9,0%), insgesamt 260 mit direktem Beschäftigungsverhältnis. In 95 Krankenhäusern (5,1%) waren Fachärztinnen bzw. Fachärzte für Mikrobiologie, Virologie, Infektionsepidemiologie tätig, insgesamt 552 Ärztinnen bzw. Ärzte mit direktem Beschäftigungsverhältnis.

In 136 Krankenhäusern waren Fachärztinnen bzw. Fachärzte für Pathologie tätig; in 95 Krankenhäusern Fachärztinnen bzw. Fachärzte für Transfusionsmedizin.

Von allen 1.848 Krankenhäusern hatten in 2019 1.162 Häuser mindestens eine nicht bettenführende Abteilung; von diesen hatten 334 Häuser eine Fachabteilung für Laboratoriumsmedizin (18% aller Krankenhäuser) (Abbildung 1 [Abb. 1]). Von den Krankenhäusern mit mehr als 200 Betten hatten 38% eine Fachabteilung für Laboratoriumsmedizin.

Aus den Daten des Statistischen Bundesamtes [7] geht weiterhin hervor, dass 2019 in 923 Krankenhäusern (50% aller Häuser) Medizinisch-technische Laboratoriumsassistentinnen bzw. -assistenten (MTLA) tätig waren, insgesamt 19.780 Beschäftigte (Kopfzahl).

In 57 Krankenhäusern waren Ausbildungsplätze für MTLA vorhanden, insgesamt waren 2.714 Ausbildungsplätze besetzt.

3.5 Kosten der Labordiagnostik

Der Tabelle 23611 0004 von Destatis [5] sind Informationen zu Gesundheitsausgaben zu entnehmen. Die Summe aller Gesundheitsausgaben in Deutschland wird für 2019 mit 410,8 Mrd. EUR angegeben. Gegenüber 2010 ist ein Zuwachs um 41% zu verzeichnen. Dabei lagen 2019 die Ausgaben für Laborleistungen bei 11,2 Mrd. EUR; dies entspricht ca. 2.7% der Gesamtausgaben. In 2009 lagen die Ausgaben für Laborleistungen bei etwa 7,0 Mrd. EUR; der Anteil an den Gesamtausgaben lag bei etwa 2,5% und damit geringfügig niedriger als 2019. Etwa 66% der Ausgaben für Laborleistungen wurden von den gesetzlichen Krankenkassen getragen, ca. 20% von den privaten Krankenversicherungen. Laut Verband der privaten Krankenversicherungen waren 2020 ca. 73 Mio. Personen in Deutschland gesetzlich versichert (57 Mio. Beitragszahler), ca. 9 Mio. Personen waren privat vollversichert (ca. 11% der Bevölkerung) [8].

3.6 Qualitätssicherung

Nach den öffentlich zugänglichen Zahlen der Deutschen Akkreditierungsstelle waren mit Stand Januar 2022 insgesamt 450 medizinische Laboratorien nach der Norm DIN EN ISO 15189 (Medizinische Laboratorien – Anforderungen an die Qualität und Kompetenz) akkreditiert [9].

Laut Qualitätsbericht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung [3] wurden 2020 insgesamt 271 Vertragsärztinnen bzw. -ärzte nach § 5 Abs. 1 (Qualitätsmanagement) der Qualitätssicherungsvereinbarung Speziallabor überprüft, wobei 23 Beanstandungen ausgesprochen wurden. 1.243 Überprüfungen erfolgten nach Abs. 3 (interne und externe Qualitätssicherung), wobei 480 Beanstandungen ausgesprochen wurden.

3.7 IVD-Industrie

Informationen zum Markt der In-vitro-Diagnostika-Industrie sind auf der Website des Industrieverbandes VDGH zugänglich [10]. In einer Marktschätzung für 2019 wird der Gesamtumsatz mit Diagnostika in Deutschland mit 2,18 Mrd. EUR angegeben; darunter 1,86 Mrd. EUR Reagenzien (davon 33% Klinische Chemie, 30% Immunoassays) und 185 Mio. EUR Instrumente und Verbrauchsartikel. Die Zahl der in der IVD-Industrie in Deutschland Beschäftigten wird mit 24.700 Personen angegeben. Der Anteil der Ausgaben der Diagnostika-Industrie für Forschung und Entwicklung an den Gesamtausgaben wird mit 10% angegeben.

3.8 Fachgesellschaften und Berufsverbände

Daten zu den wissenschaftlichen Fachgesellschaften der Labordiagnostik Deutschland sind u.a. auf der Website der AWMF, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften einzusehen [11]. Mitgliederstärkste Fachgesellschaft (1.150 Mitglieder) ist demnach die DGKL, Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik, gegründet 2002. Die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM), gegründet 1906, zählt 605 Mitglieder, Instand e.V. als interdisziplinäre Fachgesellschaft der Labordiagnostik wurde 1996 gegründet und hat 197 Mitglieder. Die Deutsche Gesellschaft für Pathologie wurde 1897 gegründet und hat 1.034 Mitglieder (Zahlen jeweils lt. AWMF-Website Januar 2022). Seit 2019 arbeiten derzeit 18 diagnostisch aktive wissenschaftliche Fachgesellschaften unter dem Dach der AWMF in einer Ad-hoc-Kommission In-vitro-Diagnostik zusammen. Bei den internationalen Dachverbänden IFCC (International Federation of Clinical Chemistry) und EFLM (European Federation of Laboratory Medicine) wird Deutschland derzeit von der DGKL alleine vertreten.

Über die Mitgliederzahl des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte (BDL) gehen aus der Website des Verbandes keine Zahlen hervor [12]. Gleiches gilt für den Berufsverband der Ärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie (BÄMI) e.V. [13] und die Berufsvereinigung der Naturwissenschaftler in der Labordiagnostik in Deutschland [14].

ALM e.V. (Akkreditierte Labore in der Medizin) ist ein Interessenverband insbesondere von großen Laboren und Laborverbünden in der Labordiagnostik [15]. Der Verband vertritt dabei laut Website Stand Januar 2022 20 Laborbetreiber, darunter inhabergeführte Labore und Berufsausübungsgemeinschaften in unterschiedlichen Rechtsformen (teils international tätige Kapitalgesellschaften) und in unterschiedlichen Facharzt-Konstellationen in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), die sowohl ambulante als auch stationäre Gesundheitseinrichtungen versorgen. Die korporativen Mitglieder des ALM e.V. sind an über 200 Laborstandorten tätig, mit ca. 900 Fachärztinnen und Fachärzten, ca. 150 Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung, ca. 500 Naturwissenschaftlerinnen bzw. Naturwissenschaftlern und ca. 25.000 qualifizierten Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern. Zu den größten korporativen Mitgliedern des ALM e.V. zählen folgende Gruppen (in Klammern jew. Angaben aus den Unternehmensprofilen laut Websites): Amedes (18 Laborstandorte), LADR (17 Facharztlabore, ca. 3.400 Mitarbeiter), Labor Berlin (14 Präsenzlabore), Limbach-Gruppe (31 Standorte, über 300 Fachärzte, über 5.000 Mitarbeiter), Sonic Healthcare (13 Standorte, in Australien börsennotierte Aktiengesellschaft) und Synlab (40 humanmedizinische Laboratorien in Deutschland, in Deutschland börsennotierte Aktiengesellschaft).


4 Diskussion

Die Erstellung des vorliegenden Berichtes stellt einen basalen Beitrag zur labordiagnostischen Versorgungsforschung in Deutschland dar. Es ist festzustellen, dass anhand öffentlich zugänglicher Quellen wichtige quantitative Dimensionen von Struktur und Strukturqualität der Labordiagnostik erhoben werden können.

Der Detaillierungsgrad der erhobenen Daten ist offensichtlich begrenzt. So sind kaum Aussagen möglich zu Laborleistungen, die nicht von primär diagnostischen ärztlichen Disziplinen erbracht werden, vor allem in der patientennahen Sofortdiagnostik in Praxis und Klinik (POCT, Point-of-Care-Testing). Ebenso wenig erlauben die vorliegenden Daten Aussagen über Zahl und Charakteristika von nicht-ärztlichen Akademikern, die in der Labordiagnostik tätig sind. Diese Bereiche – charakteristisch für die ausgeprägte Interdisziplinarität und Interprofessionalität der Labormedizin – sollten Gegenstand künftiger versorgungsmedizinischer Arbeit sein; dies gilt auch für Daten zur Qualitätssicherung. Hierfür könnten insbesondere Erhebungen in Zusammenarbeit mit den Obersten Gesundheitsbehörden der Länder im Hinblick auf die Überwachung nach Medizinprodukterecht nützlich sein, sowie Erhebungen mit den von der Bundesärztekammer zugelassenen Referenzinstitutionen in der externen Qualitätssicherung (Instand e.V. und Referenzinstitut für Bioanalytik (RfB)).

Aus den vorliegenden Daten kann eine hohe ökonomische Effizienz der Labordiagnostik in Deutschland gefolgert werden; so liegt der Anteil der Kosten für Labordiagnostik bei etwa 2,7% der gesamten Gesundheitsausgaben. Die Gesamtzahl an Laboruntersuchungen pro Jahr in Deutschland lässt sich aus öffentlich zugänglichen Daten nicht direkt ableiten. In Anbetracht der Umsatzzahlen der Diagnostika-Industrie und der Anzahl der labormedizinischen Konsultationen pro 1.000 Versicherte der Barmer Ersatzkasse ist jedoch von einer jährlichen Gesamtuntersuchungszahl im Milliardenbereich auszugehen.

Die Daten, die in die vorliegende Arbeit eingeflossen sind, wurden von den jeweiligen Institutionen überwiegend vor Beginn der Corona-Pandemie erhoben. Für die Jahre unter Pandemiebedingungen sind deutliche Änderungen zu erwarten.

Eine wesentliche Beobachtung, die sich aus der Ärztestatistik der Bundesärztekammer ergibt, ist eine deutliche Überalterung der in der Labordiagnostik tätigen Ärztinnen und Ärzte im Vergleich zur Ärzteschaft insgesamt. In der Verlaufsbeobachtung über die zurückliegende Dekade ist dies sogar als zunehmender Trend zu verzeichnen. Im Bereich der nicht-ärztlichen Berufstätigen im medizinischen Labor ist ein Trend zu einem sinkenden Anteil von Fachberufen zu erkennen.

Ein direkter Vergleich der erhobenen Daten mit anderen Staaten ist gegenwärtig nicht möglich, kann aber auch Gegenstand künftiger Versorgungsforschung in der Labordiagnostik werden. Als Best Practice und Orientierung für entsprechende Versorgungsforschung mit Darstellung von Strukturdaten nationaler Systeme kann der US-Strukturreport von 2008 betrachtet werden [16].

Eine kontinuierliche Fortsetzung der Erhebung und Berichterstattung von Strukturdaten zur Versorgung mit labordiagnostischen Leistungen in Deutschland erscheint sinnvoll, auch mit Ausweitung, u.a. um gezielte Untersuchungen und Datenanalysen in Zusammenarbeit mit relevanten Institutionen wie z.B. den gesetzlichen Krankenkassen und den Berufsverbänden.


Anmerkungen

Interessenkonflikte

Der Autor erklärt, dass er keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.


Literatur

1.
Bundesärztekammer. Ärztestatistik. Berlin: KBV; 2020. Verfügbar unter: https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Statistik_2020/2020-Statistik.pdf External link
2.
Kassenärztliche Bundesvereinigung. Statistische Informationen aus dem Bundesarztregister. Berlin: BÄK; 2020. Verfügbar unter: https://www.kbv.de/media/sp/2020-12-31_BAR_Statistik.pdf External link
3.
Kassenärztliche Bundesvereinigung. Qualitätsbericht 2021 – Berichtsjahr 2020. Berlin: KBV; 2021. Verfügbar unter: https://www.kbv.de/media/sp/KBV-Qualitaetsbericht_2021.pdf External link
4.
BARMER Institut für Gesundheitssystemforschung. BARMER Arztreport 2021. Berlin; 2021. (Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse; 27). Verfügbar unter: https://www.bifg.de/media/dl/Reporte/Arztreporte/2020/bifg_BARMER_B_170x210_Arztreport_2021_BF.pdf External link
5.
Statistisches Bundesamt – Destatis. Genesis-Online – Die Datenbank des Statistischen Bundesamtes. [letzter Zugriff 2022 Mrz 29]. Verfügbar unter: https://www-genesis.destatis.de/genesis/online External link
6.
Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Das Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes. [letzter Zugriff 2022 Mrz 29]. Verfügbar unter: https://www.gbe-bund.de/gbe/ External link
7.
Statistisches Bundesamt. Grunddaten der Krankenhäuser 2019 – Fachserie 12 – Reihe 6.1.1. Wiesbaden: Destatis; 2021. Verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Krankenhaeuser/Publikationen/Downloads-Krankenhaeuser/grunddaten-krankenhaeuser-2120611197004.pdf?__blob=publicationFile External link
8.
Verband der privaten Krankenversicherungen. PKV in Zahlen 2020. Verfügbar unter: https://www.pkv.de/fileadmin/user_upload/PKV/c_Verband/PDF/2020_PKV-in.Zahlen.pdf
9.
Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS). Datenbank der akkreditierten Stellen. [letzter Zugriff 2022 Mrz 29]. Verfügbar unter: https://www.dakks.de/de/akkreditierte-stellen-suche.html External link
10.
Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH). Diagnostica-Markt. [letzter Zugriff 2022 Mrz 29]. Verfügbar unter: https://www.vdgh.de/marktdaten/deutschland2/diagnostica-markt External link
11.
Arbeitsgemeinschaft der Medizinischen Wissenschaftlichen Fachgesellschaften e.V. (AWMF). Mitgliedsgesellschaften der AWMF. [letzter Zugriff 2022 Mrz 29]. Verfügbar unter: https://www.awmf.org/fachgesellschaften/mitgliedsgesellschaften.html External link
12.
Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL e.V.). [letzter Zugriff 2022 Mrz 29]. Verfügbar unter: https://www.bdlev.de/ External link
13.
Berufsverband der Ärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie e.V. (BÄMI). [letzter Zugriff 2022 Mrz 29]. Verfügbar unter: https://www.baemi.de/ External link
14.
Berufsvereinigung der Naturwissenschaftler in der Labordiagnostik (BNLD) e.V. [letzter Zugriff 2022 Mrz 29]. Verfügbar unter: https://www.bnld.de/ External link
15.
Akkreditierte Laboratorien in der Medizin (ALM e.V.). Über den ALM e.V. [letzter Zugriff 2022 Mrz 29]. Verfügbar unter: https://www.alm-ev.de/alm/ueber-den-alm-e-v/ External link
16.
The Lewin Group. Laboratory Medicine: A National Status Report. Falls Church; 2008. Verfügbar unter: http://www.lewin.com/content/dam/Lewin/Resources/Site_Sections/Publications/3993.pdf External link