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GMS Zeitschrift zur Förderung der Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien

Gesellschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien e. V. (INSTAND e. V.)

ISSN 1869-4241

Präanalytik: Online-Fortbildung für Medizinische Fachangestellte – Internationale Studie zu Bedarf, Nutzen und Nachhaltigkeit

Preanalytics: online-training for medical assistants – international study on demand, benefit and sustainability

Originalarbeit

  • corresponding author Cornelia-C. Schürer-Maly - INSTAND e.V., Düsseldorf, Deutschland
  • Walter Guder - Institut für Klinische Chemie, Krankenhaus Bogenhausen, München, Deutschland
  • Edeltraud Wolf - Fritz-Ruoff-Schule, Nürtingen, Deutschland
  • Daniel Bauer - Institut für Medizinische Lehre IML, AUM, Bern, Schweiz
  • Roman Fried - Institut für klinische Chemie, Zürich, Schweiz

GMS Z Forder Qualitatssich Med Lab 2017;8:Doc02

doi: 10.3205/lab000025, urn:nbn:de:0183-lab0000255

Published: March 23, 2017

© 2017 Schürer-Maly et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Bei Laboruntersuchungen entstehen die meisten Fehler in der präanalytischen Phase. Im ambulanten Bereich sind Medizinische Fachangestellte (MFA) für die Gewinnung und Handhabung von Proben zuständig.

Methoden: In einer internationalen Kohortenstudie prüften wir die Fragen

1.
Wie viele Medizinische Fachangestellte (MFA, Deutschland) und Praxisassistentinnen (MPA, Schweiz) lassen sich für eine Fortbildung gewinnen?
2.
Wie ist ihr Kenntnisstand von Präanalytik?

und die Hypothese: Mit einer Online-Fortbildung kann ein signifikanter akuter und nachhaltiger Wissenszuwachs erreicht werden.

Dazu wurde MFA und MPA eine kostenlose „Online-Fortbildung Präanalytik bei Blut- und Probeentnahmen“ angeboten. Sie umfasste drei Tests (T1–T3) mit Single- und Multiple Choice Fragen und eine Lerneinheit zwischen T1 und T2. Alle Tests enthielten dieselben Fragen. T3 fand drei Monate nach T2 statt. Bei 60% richtigen Antworten in T3 wurde ein Zertifikat vergeben.

Ergebnisse: Es registrierten sich 332 Personen für die Fortbildung, 262 nahmen teil, 199 Datensätze waren statistisch auswertbar. In T1 erzielten 54,7% der TeilnehmerInnen 60% richtige Antworten, in T 2 waren es 94,97% und drei Monate später in T3 92,45%.

Schlussfolgerung: Die Kenntnisse von MFA und MPA zur Präanalytik scheinen unzureichend zu sein. Nur 0,15% der Angesprochenen haben an der Qualifizierung teilgenommen. Die Online-Fortbildung konnte einen nachhaltigen Wissenszuwachs zur Präanalytik vermitteln.

Schlüsselwörter: Medizinische Fachangestellte, Online-Fortbildung, Präanalytik

Abstract

Background: Most errors in laboratory tests occur during the preanalytical phase. In the area of outpatient care, medical assistants (MA) are responsible for collecting and handling samples.

Methods: In an international cohort study, we examined the following questions.

1.
How many medical assistants (MA Germany) and practice assistants (PA, Switzerland) can be recruited for a training course?
2.
What is their level of knowledge with regard to the preanalytical phase?

and the hypothesis: A significant, acute and sustainable increase in knowledge can be achieved by an online training course.

MAs and PAs were offered a free “online course on blood and sample taking during the preanalytical phase”. It consisted of three tests (T1–T3) with single and multiple choice questions and a learning unit between T1 and T2. All tests contained the same questions. T3 took place three months after T2. A certificate was issued when 60% of the questions were correctly answered on T3.

Results: 332 individuals registered for the training course, 262 took part, 199 datasets could be statistically analyzed. 54.7% of participants achieved 60% correct answers on T1, 94.97% on T2, and, three months later, 92.45% on T3.

Conclusions: MAs and PAs appear to have inadequate knowledge about the preanalytical phase. Only 0.15% of those approached took part in the training course. The online course was able to achieve a sustainable increase in knowledge about the preanalytical phase.

Keywords: medical assistants, online training course, preanalytical phase


Einleitung

Über die Bedeutung der Präanalytik für laboratoriumsmedizinische Untersuchungen findet man Bücher und Veröffentlichungen [1], [2], [3], [4]. Dennoch entstehen in der präanalytischen Phase nach wie vor etwa zwei Drittel aller Fehler, die das Analyseergebnis und damit die Sicherheit der Patienten beeinflussen können [5]; die meisten davon durch menschliche Irrtümer. Savoca gibt 2015 in der Therapeutischen Umschau eine gute Übersicht möglicher präanalytischer Fehler [5]. Das selbe Journal widmete 2013 diesem Thema eine ganze Ausgabe [6]. Lippi beschreibt 2006 in einer Übersichtsarbeit, dass der größte Teil (95%) der Fehler bei der Blutabnahme (zu wenig Blut, hämolysiert, koaguliert) gemacht werden, bevor eine Probe das Labor erreicht [7]. Aufgeführt werden hier auch präanalytische Fehler, die sich im Labor nicht ohne weiteres feststellen lassen (zu lange gestaut, nicht sichtbare Hämolyse, falsche Vorbereitung des Patienten). Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Söderberg in einer vergleichenden Querschnittserhebung in 70 Allgemeinarzt- und zwei Laborpraxen. In den allgemeinmedizinischen Praxen wurden präanalytische Maßnahmen wie z.B. Identifikation des Patienten nur von 54% der Befragten gegenüber 95% in den Labors befolgt [8]. Alle Autoren der genannten Arbeiten sind sich darüber einig, dass Aufklärung und Training der Personen, die Proben für Laboruntersuchungen gewinnen und vorbereiten dringend verbessert werden müssen.

Zur Weiter- und Fortbildung bieten die Fachverbände lokale Fortbildungskurse an, die häufig zeit- und kostenaufwändig sind (Anreise, Unterkunft und Verpflegung). Während in Deutschland und in der Schweiz für nahezu alle Berufe im medizinischen Bereich eine Fortbildungspflicht besteht, existiert diese für deutsche MFA und schweizerische MPA, nicht. In Österreich dagegen müssen ArztassistentInnen in drei Jahren 30 Fortbildungspunkte nachweisen.

Online-Kurse und Seminare bieten eine ortsunabhängige, zeitlich flexible und kostengünstige Möglichkeit der Fortbildung. Das Angebot ist jedoch nicht groß und Erfahrungsberichte finden sich bislang nur wenige dazu. In Deutschland bietet die Bundesärztekammer über den pkv Verlag kostenpflichtige Online-Lehrgänge an. Weitere kostenpflichtige Online-Kurse zu verschiedenen Themen des ärztlichen Alltags finden sich bei http://dialogpartnerinnen.de/ der Mediageno Verlags GmbH. Über die Seite des Schweizerischen Verbandes Medizinischer PraxisAssistentinnen (SVA) können MPA im online-QV-Training 280 Fragen, z.B. zu Labor und Klinischer Chemie beantworten. Der Österreichische Berufsverband der Arztassistentinnen bietet über das Online-Portal https://www.vielgesundheit.at/ kostenfreie online-Fernlehrgänge an.

Wohl aufgrund der fehlenden Nachweispflicht ist die Motivation zur Fortbildung in Deutschland und der Schweiz nicht groß. Bei einer Querschnittserhebung [9] zur den Fortbildungsinteressen von MFA standen Praxisorganisation und -management an erster Stelle, gefolgt von Gesundheitsaufklärung und -beratung. In der internationalen Literatur finden sich zahlreiche positive Berichte zu E-Learning für Medizinstudierende, aber wenige Arbeiten, die andere Medizinberufe wie Krankenpflege und MFA einschließen. In einem systematischen Review kommen Du et al. zu dem Schluss, dass webbasiertes Lernen bei Pflegeberufen zu einem gleichwertigen Effekt wie konventioneller Unterricht führt [10]. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine amerikanische Übersichtsarbeit, die neben Ärzten und Medizinstudierenden, auch Pflegepersonal einschließt [11] sowie ein gleichartiges Review des amerikanischen Bildungsministeriums [12].

In einer Kohortenstudie prüften wir die Fragen:

1.
Wie viele MFA und MPA lassen sich für eine solche Fortbildung gewinnen?
2.
Wie ist der Kenntnisstand von MFA und MPA zu Präanalytik?

und die Hypothese: Mit einer Online-Fortbildung zur Präanalytik kann bei MFA und MPA ein signifikanter akuter und nachhaltiger Wissenszuwachs erreicht werden.


Methoden

Die Studie wurde Medizinischen Fachangestellten und Praxisassistentinnen als kostenlose „Online-Fortbildung Präanalytik bei Blut- und Probeentnahmen“ acht Wochen vor Beginn über die Homepages und Verbandszeitschriften vom Verband medizinischer Fachberufe e.V. (VMF) und des Schweizerischen Verbandes Medizinischer PraxisAssistentinnen (SVA) angeboten und erläutert. Weiterhin wurde sie über Flyer, die bei Veranstaltungen abgegeben wurden, sowie auf der Homepage von INSTAND e.V. angekündigt. Diese Verteiler erreichten potenziell zirka 21.200 MFA und MPA (DE: 15.550, CH 4.700). Die Anmeldung erfolgte über die Homepages von VMF und SVA (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Die Durchführung erfolgte über die Online-Lernplattform CASUS®. Die Studie umfasste drei Tests (Abbildung 1 [Abb. 1]). Im ersten Test (T1) beantworteten die Teilnehmenden 20, teilweise bebilderte, Fragen (Single und Multiple Choice) zu den Themen „Interaktion mit Patienten“, „Probengewinnung/Probenentnahme“, „Beurteilung von Proben“ und „Richtiger Umgang mit Proben“. Nach jeder Antwort stand ein ausführlicher, edukativer Kommentar (Abbildung 2 [Abb. 2]). Anschließend folgte auf sieben Screens eine kurze Lerneinheit, welche die Themen zusammenfasste und vertiefte. Unmittelbar danach wurden die 20 Fragen wiederholt (T2), allerdings mit geänderter Reihenfolge der Themen und Antworten. Ein Wiederaufrufen der Seiten von T1 bzw. der Lerneinheit war dabei nicht möglich. Am Ende stand eine Erfolgstabelle von beiden Tests, so dass die Teilnehmenden sehen konnten, ob und wie sie sich zwischen Test 1 und Test 2 verbessert hatten. Alle Teilnehmenden erhielten eine Teilnahmebestätigung vom Schweizerischen SVA.

Drei Monate später wurde der Test mit denselben Fragen als verzögerter Wissenstest (T3) nochmals wiederholt. An die Teilnahme wurde mehrfach erinnert. Teilnehmende, die in T3 mindesten 60% der Fragen richtig beantwortet hatten, erhielten nun ein Fortbildungszertifikat des SVA. Bei weniger als 60% richtigen Abtworten wurde eine Teilnahmebestätigung ausgestellt.

Im Rahmen einer Evaluation wurden nach T2 demografische Daten (Art der Praxis, Geschlecht, Alter, Jahren im Beruf), sowie eine Bewertung der Fragen, Themenvorschläge für weitere Fortbildungen und die Vorstellung von akzeptierbaren Gebühren für eine nächste Fortbildung erfragt.

Fragen und Auswertung

Die Fragen wurden von INSTAND e.V. unter Aufsicht eines Gremiums von Fachexperten erstellt und einem didaktischen Review unterzogen. Vor dem Start wurden die Fragen an sechs MPA und zwei MFA pilotiert und anschließend ggf. überarbeitet.

Jede vollständig richtig beantwortete Frage ergab einen Punkt. Die maximal erreichbare Punktzahl betrug 20. Bei Single Choice Fragen konnten nur 1 oder 0 Punkte erzielt werden. Bei Multiple Choice Fragen wurde die Zahl richtiger Antworten pro Anzahl möglicher Antwortoptionen in Prozent eines Punktes übersetzt.

Statistik

Mindestens 60% richtige Antworten waren erforderlich, um Test 2 resp. Test 3 zu bestehen. Bei der statistischen Auswertung wurden nur TeilnehmerInnen (n=199) berücksichtigt, die an allen drei Tests teilgenommen hatten. Die statistische Auswertung erfolgte mit dem Programm Python Version 3.5. Die Normalverteilung der Ergebnisse wurde mit dem Shapiro-Wilk Tests geprüft. Die Mittelwerte der drei Tests wurden in dem Wilcoxon-Vorzeichen-Rangtest verglichen.


Ergebnisse

Insgesamt registrierten sich 332 Personen für die Fortbildung: 177 aus Deutschland (DE), 154 aus der Schweiz (CH) und eine aus Österreich (AT), das entspricht 0,15% des angesprochenen Personenkreises. Im ersten Teil haben sich für Test 1 und 2 gesamthaft 264 Personen angemeldet (DE: 130, CH: 133, AT: 1). Von ihnen haben 262 an Test 1 und 247 an Test 2 teilgenommen. Im zweiten Teil beteiligten sich 215 TeilnehmerInnen (DE: 101, CH: 113, AT: 1), von denen sechs neu hinzugekommen waren, also nicht an den beiden vorigen Tests teilgenommen hatten. Auffällig ist dabei, dass insgesamt prozentual gesehen deutlich mehr Schweizerinnen (~2%) als Deutsche (~0,5%) teilgenommen haben. An allen drei Tests haben sich 199 TeilnehmerInnen (DE: 95, CH: 103, AT: 1) beteiligt, nur diese wurden in die folgenden Auswertung einbezogen.

Im ersten Test wurde eine mittlere Punktzahl von 12,05±2,4 (Mittelwert ± Standardabweichung), oder 60,23±11,18%, Median 60,98% erreicht. Im zweiten Test, der direkt nach der Lerneinheit folgte, stieg das Ergebnis auf 16,84±2,78 Punkte (84±21±13,9%, Median 88,14%). Bei der Wiederholung drei Monate später lag in Test 3 das Ergebnis bei 15,72±2,77 Punkten bzw. 78,61±13,84%, Median 78,64% (Abbildung 3 [Abb. 3]). Beim Vergleich zeigte sich zwischen allen drei Tests ein statistisch signifikanter Unterschied: T1 vs. T2 p<0,0001, T1 vs. T3 p<0,0001 und T2 vs. T3 p=0,002 (Abbildung 3 [Abb. 3]).

Pro Test betrug die Gesamtbearbeitungszeit (Median, Range [R]) durch die TeilnehmerInnen bei Test 1: 25,55 (R: 11,57–266,25) Minuten, Bei Test 2 war sie mit 11,15 (R: 2,07–77,27) Minuten erheblich kürzer und stieg in Test 3 wieder auf 20,29 (R: 5,92–112,88) Minuten an.

Ähnlich verlief die mediane Bearbeitungszeit pro Aufgabe: Test 1: 1,33 (R: 0,79–13,31) Minuten, Test 2 0,56 (R: 0,1–3,86) Minuten, Test 3: 1,01 (R: 03–5,64) Minuten. Die erreichte Punktzahl korrelierte nicht mit der Bearbeitungszeit (Korrelationskoeffizienten T1: 0,0277, T2: 0,1606, T3: 0,0100). Allerdings sind die Zeiten nur eingeschränkt zu bewerten, da die Bearbeitung jederzeit und beliebig lange unterbrochen werden konnte.

Bei Zugrundelegung der 60%-Regel hätten 109 (54,7%) der Teilnehmerinnen Test 1 bestanden, bei Test 2 wären es 189 (94,97%) gewesen. Test 3 wurde von 184 (92,45%) Teilnehmerinnen bestanden, sie erhielten ein Zertifikat (Tabelle 1 [Tab. 1]).

Den Evaluationsfragebogen füllten 169 TeilnehmerInnen aus (168 W, 1 M). Sie arbeiteten überwiegend in allgemeinmedizinischen (n=88 bzw. 52%) und internistischen Praxen (n=35 bzw. 21%). Der größte Teil hatte mehr als 20 Jahre Berufserfahrung (78,46%) und war älter als 40 Jahre (67,40%). Sie fanden die Aufgaben interessant (98%) und nicht zu schwer (84%). 95% fanden sie wichtig für die tägliche Arbeit, 92% haben etwas Neues gelernt, 93% würden gerne öfter an derartigen Fortbildungen teilnehmen und 98% würden sie an BerufskollegInnen weiterempfehlen. Ein Drittel der Befragten wäre bereit, eine Kursgebühr von 10 Euro zu akzeptieren, knapp ein Fünftel (19%) würde 20 Euro dafür entrichten.


Diskussion

Die Studie führte zu einer klaren Beantwortung unserer Fragen:

1. „Wie viele MFA und MPA lassen sich für eine online Fortbildung gewinnen?“ Wie erwartet nahm nur ein geringer Teil der Angesprochenen (0,15%) an den Tests teil, wobei die Zahl der Schweizerinnen etwa viermal so hoch war als die der Deutschen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich bei diesen Personen um besonderes engagierte und motivierte handelt, ist das Ergebnis bei Frage 2 „Wie ist der Kenntnisstand von MFA und MPA zu Präanalytik?“ unbefriedigend, denn bei Anwendung der 60%-Regel zum Bestehen hatten nur 54,7% den Ausgangstest (T1) bestanden.

Deutlich bestätigt wurde unsere Hypothese, dass sich mit einer Online-Fortbildung zur Präanalytik bei Medizinischen Fachangestellten und Praxisassistentinnen ein signifikanter akuter und nachhaltiger Wissenszuwachs erreichen lässt, denn den zweiten Test (T2), direkt nach der Lerneinheit, hätten fast 95% bestanden. Auch nach drei Monaten war in Test 3 der größte Teil des Wissenszuwachses erhalten, noch 92% haben hier bestanden.

Auch wenn sie derzeit noch nicht Pflicht ist, erscheint die Fortbildung von MFA und MPA zum Thema Weiterbildung zur Gewinnung und Vorbereitung von Proben für Laboruntersuchungen dringend notwendig, denn die meisten Fehler in der, für das Untersuchungsergebnis so wichtigen, Präanalytik entstehen durch menschliche Fehler und bevor eine Probe das Labor überhaupt erreicht [2], [13], [14].

In der österreichischen Ausbildungsverordnung für „DiplomierteR medizinischeR FachassistentIn (MFA)“ ist im Bereich Laborassistenz auch die Präanalytik enthalten. Im deutschen „Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zum Medizinischen Fachangestellten/zur Medizinischen Fachangestellten (Stand 2006)“ wird die Gewinnung von Proben nur erwähnt (Kap. 8.1; e-h). Der schweizerische „Bildungsplan zur Verordnung über die berufliche Grundbildung Medizinische Praxisassistentin / Medizinischer Praxisassistent“ widmet der Labordiagnostik (Kap. 1.2.1) ein ganzes Kapitel, in dem auch die Präanalytik genannt wird.

Fortbildungsangebote zum Thema Labor und Präanalytik gibt es durchaus, entweder als Präsenz- oder als Online-Veranstaltung. Bei Durchsicht der Fortbildungsangebote im Oktober 2016 fand sich beim österreichischen Berufsverbandes der ArztassistentInnen (BdA), im Rahmen der Frühjahrstagung eine Veranstaltung „Rund ums Labor“, beim SVA ein Kurs eines privaten Labors zur „Richtigen Blutentnahme“, im schweizerischen QV-Trainer 4 Module zur Labordiagnostik und beim VMF ein Seminar „Optimale Präanalytik“.

Es erscheint uns wünschenswert und notwendig, von Seiten der Berufsverbände die Themen Labor und Präanalytik verstärkt in die Fortbildungsangebote aufzunehmen. Auch die entsprechenden Fachgesellschaften könnten hier einen Betrag leisten, indem sie in Deutschland und in der Schweiz die Fortbildung für medizinisches Assistenzpersonal (MFA, MPA) verpflichtend machen, so wie es für die meisten medizinischen Berufe schon praktiziert wird und in Österreich bereits der Fall ist. Dann würden die Teilnehmerzahlen steigen und Anbieter von Fortbildungsveranstaltungen rund um die Laboratoriumsmedizin hätten einen Anreiz, sich in diesem Bereich vermehrt zu engagieren. Dabei bilden Online-Fortbildungen (für verschiedenste Themen) eine gute Ergänzung zum Präsenzangebot, da sie zeitlich flexibel zur Verfügung stehen und, durch den Wegfall von Anreise sowie von Kost und Logis, auch kostengünstig genutzt werden können.

Es erscheint uns erstrebenswert, derartige Untersuchungen auch auf andere medizinischen Berufe wie z.B. Krankenschwestern und Krankenpfleger auszudehnen. Auch ist es wichtig, dass Ärztinnen und Ärzte ihre PraxismitarbeiterInnen ermutigen, an solchen Fortbildungen teilzunehmen.

Limitationen

Der wesentliche Bias der Studie besteht darin, dass wahrscheinlich nur die motivierten und interessierten MFAs bzw. MPAs daran teilgenommen haben. Die erhobenen Daten sind somit keinesfalls repräsentativ für die Gesamtheit der MFA/MPA – was auf zweierlei Weise interpretiert werden kann: 1. Die nichtteilnehmende Mehrheit hätte besser abgeschnitten oder 2., was uns wahrscheinlicher erscheint, die motivierten MFA/MPA haben auch überdurchschnittlich gute Testergebnisse erzielt. Das könnte wiederum bedeuten, dass die durchschnittlichen Kenntnisse von MFA/MPA zur Präanalytik schlechter sind, als im Eingangstest gezeigt.


Anmerkungen

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.

Danksagung

Wir danken Professor Stefan Wilm, Institut für Allgemeinmedizin, Düsseldorf für die Mitwirkung bei der Planung und Vorbereitung der Studie sowie Astrid Grote-Wolff, Verlag Europa Lehrmittel für die Zurverfügungstellung der Lehrmittel für Medizinische Fachangestellte. Weiterhin sind wir Hannelore König, Verband medizinischer Fachberufe e.V. und Bruno Gutknecht, Schweizerischer Verband medizinischer Praxisassistentinnen zu Dank verpflichtet. Ohne ihre Unterstützung wäre die Durchführung der Studie in dieser Form nicht möglich gewesen.


Literatur

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