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67. Tagung der Vereinigung Norddeutscher Augenärzte

16.06. - 17.06.2017, Westerland/Sylt

Juvenile Netzhautdystrophien – Rückschlüsse für den klinischen Alltag anhand der juvenilen neuronalen Zeroidlipofuszinose

Meeting Abstract

  • Simon Dulz - Hamburg
  • Y. Atiskova - Hamburg
  • M. Nickel - Klinik für Kinderheilkunde, Arbeitsgruppe NCL Universitätsklinikum Hamburg
  • A. Schulz - Klinik für Kinderheilkunde, Arbeitsgruppe NCL Universitätsklinikum Hamburg
  • M.S. Spitzer - Hamburg
  • L. Wagenfeld - Hamburg

Vereinigung Norddeutscher Augenärzte. 67. Tagung der Vereinigung Norddeutscher Augenärzte (VNDA). Westerland/Sylt, 16.-17.06.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17vnda11

doi: 10.3205/17vnda11, urn:nbn:de:0183-17vnda111

Veröffentlicht: 13. Juni 2017

© 2017 Dulz et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die juvenile neuronale Zeroidlipofuszinose (CLN3) zählt zu den lysosomalen Speichererkrankungen. Diese ist durch eine retinale sowie zerebrale progressive Degeneration gekennzeichnet. Wir untersuchten den Verlauf der Erkrankung sowie das Vorgehen im Rahmen der Diagnosestellung aus ophthalmologischer Sicht.

Methodik: Die analysierten Daten wurden retrospektiv aus Behandlungsunterlagen von 41 Patienten, bei denen die CLN3 Erkrankung genetisch nachgewiesen wurde, erhoben.

Ergebnis: Zum Zeitpunkt der Datenerhebung betrug das mediane Alter der 41 eingeschlossenen Patienten (17 männlich, 24 weiblich) 18.7 Jahre. Der mediane Todeszeitpunkt der 11 bereits verstorbenen Patienten war 26.1 Jahre. Erste visuelle Symptome wurden im medianen Alter von 5.5 Jahren angegeben. Eine deutliche Sehminderung (<0,05) wurde im Median mit 8.2 Jahren gezeigt. Kognitive (Median 7.8) und motorische Einschränkungen (Median 8.0) wurden nach den ersten visuellen Symptomen registriert. Erste epileptische Ereignisse wurden im Alter von 10 Jahren (Median), signifikant später als erste visuelle Symptome, angegeben. Die genetische Diagnosestellung erfolgt im Median mit 10 Jahren, signifikant später als der Visusabfall <0,05. Die mittlere Zeitspanne von erster Sehminderung bis zur Diagnose liegt aktuell bei 4 Jahren, signifikant länger als die Zeitspanne von ersten visuellen Symptomen bis zur deutlichen Sehminderung. Im Mittel wurden 3 unabhängige Ophthalmologen vor Diagnosestellung konsultiert. Initiale Verdachtsdiagnosen waren Retinitis pigmentosa (49%), Zapfen-Stäbchen Dystrophie (27%) und M. Stargardt (22%). In 72% der Fälle äußerten Pädiater, in 23% Ophthalmologen den Verdacht der CLN3 und leiteten die genetische Diagnostik ein.

Schlussfolgerung: Der Ophthalmologe spielt bei einer Vielzahl von hereditären Stoffwechselerkrankungen eine entscheidende Rolle in der Diagnosesicherung der Krankheit. Am Beispiel dieser retrospektiven Aufarbeitung der juvenilen NCL wird deutlich dass bei der Diagnose einer juvenilen hereditären Netzhautdystrophie mit rasch progredientem Verlauf differentialdiagnostisch auch an eine seltene stoffwechselassoziierte Erkrankung gedacht werden sollte. Eine humangenetische Abklärung ist somit essentiell um mögliche therapierbare Stoffwechselerkrankungen frühzeitig zu behandeln.