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50. Tagung der Bayerischen Urologenvereinigung und der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie

02.05. - 04.05.2024, München

Vollständige chirurgische Rekonstruktion des weiblichen Rhabdosphinkters der Harnröhre nach iatrogenem Schaden

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Peter Rehder - Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich
  • Gennadi Tulchiner - Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich
  • Patricia Kink - Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich
  • Lukas Jelisejevas - Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich

Bayerische Urologenvereinigung. Österreichische Gesellschaft für Urologie und Andrologie. 50. Tagung der Bayerischen Urologenvereinigung und der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie. München, 02.-04.05.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24urobay53

doi: 10.3205/24urobay53, urn:nbn:de:0183-24urobay533

Veröffentlicht: 26. April 2024

© 2024 Rehder et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Eine 20-jährige Patientin stellte sich vor mit kompletter Harninkontinenz nach gynäkologischem Eingriff. Ein angeborenes vaginales Septum wurde mit einer Diathermienadel aus der doppelt angelegten Scheide entfernt. Im Prozess wurde ein vier cm vorderer suburethraler Streifen aus kompletter Scheidenwand und Harnröhre, außer Urothel, vom Meatus bis zum Blasenhals entfernt. Es resultierte eine komplette Harninkontinenz mit einer verzweifelten Patientin. Anfänglich wurde der Patientin Beckenbodenübungen empfohlen, leider ohne jegliche Verbesserung. Die Harnröhre klaffte weit und schlaff offen, und man hätte ohne weiteres einen Finger hineinschieben können. Es fehlte der Verschlussmechanismus. Endoskopisch zeigte sich ein Bild der Urothelaussackung zwischen 4 h und 10 h. Dieses Harnröhrenurothel war somit die einzige Schicht zwischen der restlichen Harnröhre und der Scheide. Zur Scheide hin war der Schließmuskel völlig abwesend.

Methode: Die Patientin war mit Windeln versorgt. Eine klinische Untersuchung in der Steinschnittlage inklusive Urethrozystoskopie bestätigte den zur Scheide hin abwesenden Rhabdosphinkter. Der Restschließmuskel hatte sich wie eine elastische Gardine Richtung Symphyse zurückgezogen. Die vaginale Untersuchung und Vaginoskopie zeigte einen großen mit Pseudoepithel gedeckten Defekt, ohne vorderer Scheidenwand. Es folgten zur Vervollständigung Beckenbodensonographie, Becken MR und CT- Untersuchungen, die allesamt die Abwesenheit der scheidenseitigen Hälfte des Rhabdosphinkters bestätigten. Nach Aufklärung der Patientin wurde eine transvaginale Harnsphinkterrekonstruktion geplant und vorgenommen. Zwei Jahre nach dem iatrogenen Schaden wurde die Operation durchgeführt. Dabei wurde zuerst das Pseudoepithel der vorderen abgeheilten Scheidenwunde entfernt. Das dünne Häutchen an Harnröhrenurothel war lateral mit angefrischten Rhabdosphinkter- und Scheidenwandrändern vom Blasenhals bis zum urethralen Meatus umgeben. Es folgte der schichtweise Verschluss mit jeweils vier 2/0 monofilen resorbierbaren Nähten (poliglecaprone 25). Ein 16 Charrière Profilkatheter wurde für drei Wochen belassen.

Ergebnisse: Die Patientin war gleich nach der Dauerkatheterentfernung kontinent und konnte restharnfrei ihre Blase entleeren. Nach mehr als sechs Monaten nach der Sphinkterrekonstruktion, ist die Patientin stets kontinent und kann wieder Sport betreiben.

Schlussfolgerung: Die komplette weibliche Harnsphinkterrekonstruktion der Länge nach scheint somit möglich. Obwohl der Blasenhals endoskopisch präoperativ weit offen war, war dieser nach der Rekonstruktion wieder zirkulär verschlossen. Die Patientin berichtete wieder erstmals das Gefühl der Blasenfüllung. Analog zur Rekonstruktion des Analsphinkters nach Grad IV Geburtstraumata, und nach Operationen transsphinkterisch durch den Analsphinkter bei Durchzugsoperationen bei anorektalen Malformationen nach Pen͂a, berichten wir unseres Wissens nach über die erste geplant durchgeführte und erfolgreiche weibliche Harnröhrenschließmuskelrekonstruktion.