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48. Gemeinsame Tagung der Bayerischen Urologenvereinigung und der Österreichischen Gesellschaft für Urologie

19.05. - 21.05.2022, Lindau

Komplikationen in der frühen Rehabilitationsphase nach radikaler Zystektomie: Ein Vergleich zwischen Ileum Conduit und Neoblase

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Marius Cristian Butea-Bocu - UKR der Kliniken Hartenstein GmbH, Bad Wildungen, Deutschland
  • Mayumi Götte - Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum, Urologische Universitätsklinik, Herne, Deutschland
  • Henning Bahlburg - Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum, Urologische Universitätsklinik, Herne, Deutschland
  • Florian Roghmann - Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum, Urologische Universitätsklinik, Herne, Deutschland
  • Joachim Noldus - Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum, Urologische Universitätsklinik, Herne, Deutschland
  • Guido Müller - UKR der Kliniken Hartenstein GmbH, Bad Wildungen, Deutschland

Bayerische Urologenvereinigung. Österreichische Gesellschaft für Urologie und Andrologie. 48. Tagung der Bayerischen Urologenvereinigung und der Österreichischen Gesellschaft für Urologie. Lindau, 19.-21.05.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22urobay87

doi: 10.3205/22urobay87, urn:nbn:de:0183-22urobay872

Veröffentlicht: 18. Mai 2022

© 2022 Butea-Bocu et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Komplikationen nach radikaler Zystektomie (RZE) mit Anlage eines Ileum Conduits (IC) oder einer Neoblase (NB) stellen nach wie vor eine Herausforderung dar. In der Literatur werden Gesamtkomplikationsraten mit 49–78%, schwerwiegende Komplikationen mit 13–24% sowie die stationäre Wiederaufnahmerate innerhalb von 90 Tagen nach der Operation mit 26–30% angegeben. Das Ziel dieser Studie war es, in einem aktuellen Kollektiv postoperative Komplikationen, die bis zum Ende der stationären Anschlussrehabilitation (AR) auftreten, zu evaluieren.

Methode: Prospektiv wurden Patienten mit einem Urothelkarzinom der Harnblase nach RZE und IC- oder NB-Anlage von 04/2018 bis 12/2019 mit Beginn der stationären uro-onkologischen AR in die Studie eingeschlossen. Postoperative Komplikationen wurden bis zum Ende der AR erfasst. Gemäß Clavien-Dindo-Klassifikation (CDC) wurde zwischen low- (CDC 1–2, LG) und high-grade (CDC 3–5, HG) Komplikationen unterschieden. Unter Berücksichtigung aktueller methodischer Entwicklungen, wurden Regressionsanalysen durchgeführt, um unabhängige Prädiktoren für Komplikationen zu identifizieren.

Ergebnisse: Von 842 Patienten erhielten 447 (53,1%) ein IC und 395 (46,9%) eine NB. IC-Patienten waren im Median signifikant älter als NB-Patienten (73 Jahre (IQR 67–78) vs. 64 Jahre (IQR 58–69), p<0,001). Eine NB-Anlage erfolgte bei 52,3% der Männer gegenüber 23,9% der Frauen. HG-Komplikationen traten häufiger bereits vor Beginn der AHB auf (25,5% vs. 5,7%; p<0,001), während ein hoher Prozentsatz von LG-Komplikationen erst während der AHB evident wird (77,8% vs. 89,0%; p<0.001). Es zeigten sich keine Unterschiede in der Rate an HG-Komplikationen zwischen IC vs. NB (26,8% vs. 31,6%, p=0,126). Die multivariate logistische Regressionsanalyse identifizierte die NB (OR 21,520; 95% CI 4,827–95,938; p<0,001), ein Alter ≥70 Jahre (OR 2,522; 95% CI 1,112–5,719; p=0,027) und einen höheren Body-Mass-Index (OR 1,153; 95% CI 1,038-1,280; p=0,008) als unabhängige Prädiktoren für das Auftreten von Komplikationen jeglichen Schweregrades. Die NB (OR 1,448; 95% CI 1,018–2,058; p=0,039) und ein Charlson Comorbidity Index ≥2 (OR 1,999; 95% CI 1,340–2,981; p=0,001) wurden als unabhängige Risikofaktoren für das Auftreten von HG-Komplikationen identifiziert. Aufgrund von Komplikationen mussten 9,4% der Patienten in eine Akutklinik verlegt werden.

Schlussfolgerung: Die RZE mit IC- oder NB-Anlage stellt nach wie vor ein Verfahren mit einer hohen Komplikationsrate dar. HG-Komplikationen treten postoperativ meist innerhalb von 4 Wochen auf. Ein hoher Anteil therapiebedürftiger LG-Komplikationen wird jedoch erst nach Entlassung aus der Primärklinik evident. Risikofaktoren für das Auftreten von postoperativen Komplikationen sind NB, Alter ≥70 Jahre, höherer Body-Mass-Index und Charlson Comorbidity Index ≥2. Die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Komplikationen während der fachspezifischen stationären AR führt zu einem signifikanten Rückgang notwendiger Wiederaufnahmen in eine akut-stationäre Krankenhausbehandlung.