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Pornographiekonsum bei Medizinstudierenden
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Veröffentlicht: | 18. Mai 2022 |
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Einleitung: Der Pornographiekonsum ist in den letzten Jahrzehnten insbesondere bei jungen Erwachsenen stark gestiegen. Die Ursachen und Auswirkungen dieser Entwicklung werden wissenschaftlich und gesellschaftlich diskutiert. Ziel der vorliegenden Studie war es die Prävalenz des Pornographiekonsums bei jungen Erwachsenen zu ermitteln und Assoziationen mit häufigem Pornographiekonsum zu identifizieren.
Methode: Zwischen April 2018 und März 2020 wurden 473 Medizinstudierende anonym mittels Fragebögen im Rahmen des urologischen Praktikumstages zu ihrem Pornographiekonsumverhalten, sexueller Orientierungsidentität, Sexualpraktiken, Nutzung von sozialen Medien und soziodemographischen Daten befragt. Pornographie wurde hierbei als die explizite Darstellung von Geschlechtsverkehr und Geschlechtsteilen definiert. Die Fragebögen von 468 Studierenden (weiblich n=293, männlich n=175) wurden ausgewertet und die Daten wurden geschlechtergetrennt mittels Poisson-Regression analysiert.
Ergebnisse: 71,7% der weiblichen und 96,6% der männlichen Medizinstudierenden hatten bereits mindestens einmal Pornographie konsumiert. Nur 7,3% der weiblichen, aber 79,1% der männlichen Medizinstudierenden hatten in den letzten vier Wochen mehr als viermal Pornographie konsumiert. 96,2% der weiblichen und 93,1% der männlichen Medizinstudierenden gaben eine (eher) heterosexuelle, 1,0% der weiblichen und 5,2% der männlichen Medizinstudierenden eine (eher) homosexuelle und 2,8% der weiblichen und 1,7% der männlichen Medizinstudierenden eine bisexuelle sexuelle Orientierungsidentität an. Etwa ein Drittel des Gesamtkollektivs hatte bereits mindestens einmal analen Geschlechtsverkehr gehabt (w:32,5%; m:35,6%). In der multiplen Regression zeigte sich, dass Pornographie häufiger von Medizinstudierenden konsumiert wurde, die unter anderem Pornographie als Inspiration für ihr Sexualleben sahen (w: Rate-Ratio(RR):2,76 [95%-KI:1,88-4,05] p<0,001; m: RR:2,81 [2,06–3,84] p<0,001) und bereits erotische Aufnahmen von sich selbst an eine andere Person versendet hatten (w: RR:1,32 [1,05-1,68] p=0,020; m: RR:1,13 [1,01–1,26] p=0,028). Männliche Medizinstudierende, die angaben, das Praktizieren von analem Geschlechtsverkehr selten bis nie als positiv empfunden zu haben, konsumierten seltener Pornographie als männliche Medizinstudierende, die das Praktizieren von analem Geschlechtsverkehr manchmal bis immer positiv empfunden hatten (RR:0,72 [0,57-0,90] p<0,001). Weibliche Medizinstudierende, die Erfahrungen mit einem „Dreier“ hatten, konsumierten häufiger Pornographie als die Referenzgruppe (RR:1,44 [1,09–1,92] p=0,011).
Schlussfolgerung: Pornographie wird unter männlichen Medizinstudierenden deutlich häufiger als unter weiblichen Medizinstudierenden konsumiert. Bei weiblichen und männlichen Medizinstudierenden waren unter anderem das Empfinden, dass das eigene Sexualleben durch Pornographie inspiriert wird und das Versenden von erotischen selbstdarstellenden Aufnahmen mit höheren Konsumhäufigkeiten assoziiert. Männliche Medizinstudierende, die das Praktizieren von analem Geschlechtsverkehr selten bis nie als positiv empfunden hatten, konsumierten seltener Pornographie.