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Risikogruppen-Verteilung, Tumorcharakteristika und Rezidivauftreten bei Männern nach radikaler Prostatektomie – Veränderungen über den Zeitraum von 1995 bis 2019
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Veröffentlicht: | 18. Mai 2022 |
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Einleitung: In den vergangenen Jahren ist die aktive Überwachung als präferierte Behandlungsmethode beim Niedrigrisiko-Prostatakarzinom vermehrt in den Fokus gerückt mit dem Ziel, Übertherapien und assoziierte Nebenwirkungen zu reduzieren, während beim Hochrisiko-Prostatakarzinom die Indikation zur operativen Therapie erweitert wurde.
Ziel vorliegender Studie war die Darstellung dieser Veränderungen anhand prä- und postoperativer Faktoren bei Männern nach radikaler Prostatektomie (RP) über den Zeitraum von 1995 bis 2019.
Methode: Es wurden die Daten von 11.071 prostatektomierten Männern analysiert und anhand des Operationsjahrs unterteilt:
A:1995–1999; B:2000–2004; C:2005–2009; D:2010–2014; E:2015–2019
Folgende Parameter wurden untersucht: Alter, Familienanamnese, neoadjuvante und adjuvante Therapien, Risikogruppen-Verteilung, PSA-Wert, prä- und postoperativer/s Gleason-Score sowie Tumorstadium, Lymphknotenstatus, Fernmetastasen, Resektionsstatus, Rezidiv 5 Jahre nach RP, Vorliegen eines günstigen lokalisierten Prostatakarzinoms (≤pT2c, Gleason-Score ≤6, pN0, cM0, 5-Jahres biochemisch-rezidivfreies Überleben).
Eine multiple logistische Regression wurde zur Identifikation von Prädiktoren für ein Rezidivauftreten 5 Jahre nach RP durchgeführt.
Ergebnisse: Der Anteil operierter Männer mit präoperativ diagnostizierten cT3/4-Tumore stieg von 1,3% (A) auf 12,7% (E). Korrelierend sank währenddessen der Anteil der ≤cT2c-Tumoren.
Der Anteil der in der Biopsie festgestellten Gleason-Score ≤6-Tumore sank von 66,3% (A) auf 19,2% (E). Der Anteil der Gleason-Score 9/10-Tumore stieg in dieser Zeit von 2,5% auf 14,6%.
Ab dem Jahr 2005 war ein steigender Anteil der prostatektomierten Hochrisiko-Patienten zu verzeichnen, von 16,1% (C) auf 38,7% (E). Der Anteil der Niedrigrisiko-Patienten sank währenddessen von 34,3% (C) auf 12,1% (E).
Während von 2005 bis 2009 bei 27,6% der Männer im Prostatektomie-Präparat ein pT3/4-Tumor vorlag, traf dies von 2015 bis 2019 auf 40,3% zu. Dementsprechend sank der Anteil der ≤pT2c-Tumore von 72,5% (C) auf 59,7% (E).
Der Anteil der im Prostatektomie-Präparat diagnostizierten Gleason-Score ≤6-Tumore sank von 59,7% (A) auf 6,6% (E). Der Anteil der Gleason-Score 9/10-Tumore stieg in dieser Zeit von 3,8% auf 13,6%.
Lymphknotenmetastasen, Fernmetastasen sowie ein R1-Status waren anteilig am häufigsten im Operationszeitraum von 2015 bis 2019 vertreten.
Die postoperative Identifikation eines günstigen lokalisierten Prostatakarzinoms sank von 35,0% (A) auf 14,1% (D).
Als signifikante Prädiktoren für ein Rezidivauftreten 5 Jahre nach RP wurden ein höherer PSA-Wert bei Diagnosestellung, eine adjuvante Therapie, ein positiver Resektionsrand, pT3/4-Tumor, ein Hochrisiko-Prostatakarzinom und ein höherer postoperativer Gleason-Score identifiziert (p <0,0001).
Schlussfolgerung: Über den Zeitraum von 1995 bis 2019 kam es zu einer Zunahme von RP bei Hochrisiko-Prostatakarzinomen, während Patienten mit Niedrigrisiko-Prostatakarzinom seltener operiert wurden. Dies zeigt die flächendeckende Zunahme der aktiven Überwachung mit einer Reduktion an Übertherapie bei Niedrigrisiko-Prostatakarzinomen, während die Indikation zur operativen Therapie bei Hochrisiko-Prostatakarzinomen zugenommen hat.