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Bereuen der Entscheidung und Entscheidungsfindung bei Langzeitüberlebenden mit lokal begrenztem Prostatakarzinom nach radikaler Prostatektomie im Längsschnitt
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Veröffentlicht: | 18. Mai 2022 |
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Einleitung: Patienten mit einem lokal begrenzten Prostatakarzinom müssen nach der Diagnose zwischen verschiedenen Therapieoptionen wie radikaler Prostatektomie, Bestrahlung, fokalen Therapien oder einer Aktiven Überwachung entscheiden. Während sich die Überlebensdaten hinsichtlich der verschiedenen Therapien kaum unterscheiden, gibt es erhebliche Unterschiede bzgl. möglicher Nebenwirkungen, die wiederum einen erheblichen Einfluss auf die Lebensqualität und auf ein Bereuen der Therapieentscheidung haben können. In vorliegender Längsschnitt-Studie sollen Prävalenz und assoziierte Faktoren des Bereuens der Entscheidung bei Langzeit-Überlebenden nach radikaler Prostatektomie untersucht werden.
Methode: Es wurden 1.003 Patienten in vorliegende Studie eingeschlossen. Die Daten wurden im Rahmen des nationalen Forschungsprojektes „Familiäres Prostatakarzinom“ zu den Zeitpunkten 2007 (T1) und zu 2020 (T2) über jährlich versendete Nachsorgefragebögen erhoben. Sie beinhalteten Fragen zu klinisch-pathologischen sowie psychologischen Parametern (Screening auf Depression und Angst mittels PHQ-4), zur Entscheidungsfindung (aktive, passive oder partizipative Therapieentscheidung) und zum Bereuen der Entscheidung. Um assoziierte Faktoren zu identifizieren, wurde eine multiple logistische Regression für das Bereuen zum Zeitpunkt T2 berechnet.
Ergebnisse: Die Patienten hatten bei der Befragung 2020 ein durchschnittliches Alter von 80,5 Jahren und ein medianes Follow-Up von 19,4 Jahren. 9,0% der Patienten bereuten bereits 2007 ihre initiale Therapieentscheidung. Der Anteil stieg auf 12,1% im Jahr 2020 an (p=0,009). 17,5% bereuten zu mindestens einem Befragungszeitpunkt ihre Entscheidung. Dabei gaben 3,6% (n=36) ein Bereuen sowohl 2007 als auch 2020 an, 5,4% (n=54) nur 2007 und 8,5% (n=85) nur 2020. Die Art der Therapieentscheidung war bei 27,2% der Probanden aktiv/selbstständig, bei 61,4% partizipativ und bei 11,5% passiv/durch den Arzt. 68,5% hatten ein organbegrenztes Prostatakarzinom, bei 41,0% war bis 2020 ein biochemisches Rezidiv aufgetreten und 12,0% befanden sich 2020 unter Therapie. 8,2% hatten ein positives Screening auf eine Depression (PHQ-2 ≥3) und 8,1% auf eine Angststörung (GAD-2 ≥3). Mit einem höheren Risiko für ein Bereuen der Entscheidung im Jahr 2020 waren das Bereuen im Jahr 2007 (OR (95%-KI): 6,40 (3,56–11,51)), eine aktive im Vergleich zu einer partizipativen Entscheidungsfindung (OR (95%-KI): 1,83 (1,08–3,09)), das Vorliegen eines organbegrenzten Tumors (OR (95%-KI): 1,82 (1,03–3,21)) sowie ein höherer Depressions-Score (OR (95%-KI): 1,42 (1,07–1,89)) assoziiert.
Schlussfolgerung: Das Bereuen der Entscheidung nimmt bei Prostatakarzinom-Langzeitüberlebenden nach radikaler Prostatektomie während des Follow-Up zu (medianes Follow-Up von 6,4 Jahren: 9,0%; medianes Follow-Up von 19,4 Jahren: 12,1%). Ein früheres Bereuen, ein erhöhter Depressions-Score und ein organbegrenzter Tumor, welcher mit einem geringeren Rezidivrisiko einhergeht, waren mit einem höheren Risiko für ein Bereuen der Entscheidung assoziiert. Der Zusammenhang zwischen einer partizipativen Entscheidungsfindung und weniger Bereuen unterstreicht die Wichtigkeit der Arzt-Patienten-Kommunikation.