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Das Zinner-Syndrom – eine Fehlbildung des Wolff’schen Ganges mit ipsilateraler Nierenagenesie, Samenblasenzyste und gestautem Samenleiter. 2 Case-Reports und Literaturüberblick
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Veröffentlicht: | 18. Mai 2022 |
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Gliederung
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Einleitung: Das Zinner-Syndrom führt als embryonale Fehlbildung des Wolff’schen Ganges zur typischen Trias einer ipsilateralen Nierenagenesie, Zyste der Samenblase sowie Obstruktion des Ductus ejaculatorius.
Methode: Der Autor beschreibt 2 Kasuistiken: die Diagnosefindung bei einem Kleinkindes, das zur Abklärung einer einseitigen Nierenagenesie vorgestellt wurde und dessen langjähriger sonographisch dokumentierter Verlauf sowie der Fall eines 29-jährigen Mannes mit Kinderwunsch, der mit Status febrilis und perinealem Schmerz vorstellig wurde. Er wurde über Jahre hinweg bei der Verdachtsdiagnose rezidivierender bakterieller Prostatitiden mehrfach antibiotisch behandelt. Es erfolgt eine Literaturübersicht.
Ergebnisse: Bis 2020 wurden nur 214 Fälle eines Zinner-Syndroms publiziert. Die Fehlbildung findet zwischen der 4. und 13. Woche der embryonalen Entwicklung durch unilaterale Fehldifferenzierung des Wolff’schen Ganges unter dem Einfluss von Testosteron und Anti-Müller-Hormon statt. Eine taiwanesische Studie ergab eine Prävalenz von rund 0.5/100.000 Männern. Das durchschnittliche Alter bei Diagnosestellung betrug bisher 29 Jahre. Durch die häufigere Bildgebung werden vermehrt Fälle beschrieben.
Miktionsbeschwerden sind die häufigsten beschriebenen Beschwerden, wobei Frequency, Dysurie und Urgency die am häufigsten beschriebenen Symptome darstellen. Schmerzen im Bereich des Beckens/Abdomens/Perineums wurden zu jeweils 7–20% beschrieben. Beschwerden bei der Ejakulation sind ebenso verbreitet. Patienten mit Zinnersyndrom haben ein deutlich erhöhtes Risiko für urogenitale Infektionen.
Ein sonographischer Verdacht auf Zinner-Syndrom lässt sich am besten mittels Magnetresonanztomographie bestätigen. Die Literatur geht von einer Infertilitätsrate von bis zu 45% aus.
Behandlungsguidelines exisitieren aufgrund der Seltenheit nicht. Ein asymptomatischer Patient benötigt lediglich Verlaufskontrollen. Bei Patienten mit noch nicht abgeschlossener Familienplanung gilt es eine frühe Evaluierung mittels Spermiogramm durchzuführen um den Patienten gut beraten zu können. Insbesondere erscheint dies vor einer operativen Versorgung dringend geboten. Bei wiederholter Symptomatik wurde die offen-operative Vesiculektomie transabdominell bzw transperineal beschrieben. Ebenso finden teils robotisch-assistierte laparoskopische Zugänge Anwendung. Es gilt eine beträchtliche Morbidität sowie im speziellen das Risiko einer Infertilität zu beachten. Bei kurzem Follow-Up finden sich auch Beschreibungen erfolgreicher transrektaler Zystenaspiration.
Schlussfolgerung: Das Zinnersyndrom kann als sonographischer Zufallsbefund auftreten. Gerade wegen der Seltenheit können durch das Zinnersyndrom verursachte Beschwerden als andere Erkrankung fehlgedeutet werden.