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Multizentrische Untersuchung komplexer Harnableitungen nach Nierentransplantation – was tun, wenn die Blase nicht mehr funktioniert?
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Veröffentlicht: | 13. Mai 2024 |
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Einleitung: Komplexe Harnableitungen bei Nierentransplantierten sind nur selten notwendig. Neben dem Anschluss an ein Ileum-Conduit existieren viele weitere, kreative Lösungen. Standardisierung und Teaching sind schwierig zu etablieren, da die Fallzahlen sehr klein sind.
Methoden: Indikationen und Ergebnisse komplexer Harnableitungen im Rahmen der Nierentransplantation wurden retrospektiv an acht deutschen urologischen Nierentransplantationszentren erhoben.
Ergebnisse: Von 37 Patienten mit komplexer Harnableitung waren 56% männlich mit einem medianen BMI von 24,5 kg/m² (Range 16; 36,2). Die häufigsten Grunderkrankungen waren vesikoureteraler Reflux (24%), Spina bifida (22%) und Glomerulonephritiden (12%). Bei 81% der Patienten wurde die Harnableitung vor Nierentransplantation angelegt, im Median 107,5 Monate (Range 10; 545) zuvor. Das mediane Patientenalter zum Zeitpunkt der Transplantation betrug 43 (Range 10; 68) Jahre, inklusive sechs (16%) Nierenlebendspenden. Die Harnableitung wurde bei 12 (32%) Nierentransplantationen verändert.
Das Ileum-Conduit war die häufigste inkontinente Harnableitung bei 25 (67%) Patienten; ein Mainz Pouch I und eine Blasenaugmentation waren die häufigsten kontinenten Harnableitungen (je n=3). Intraoperativ traten bei zwei (5%) Patienten Komplikationen auf (Darmperforation, Blasenperforation). Postoperativ traten binnen 30 Tagen bei sieben Patienten (19%) Komplikationen auf, inklusive vier Clavien Dindo 3b Komplikationen (Milzruptur, Anastomoseninsuffizienz, Wunddehiszenz, Hämatomausräumung).
Bei einem medianen Follow-Up von 120 Monaten (Range 0; 444) hatten 12 (32%) Patienten ein Graftversagen mit einem 5-Jahres Graft Survival von 79% (95% Konfidenzintervall 61%; 90%). Das mediane Gesamtüberleben betrug 227 Monate (Range 168; 286) und das 5-Jahres Gesamtüberleben 89% (68,3; 96,4), insgesamt verstarben 10 (27%) Patienten während des Beobachtungszeitraumes.
Schlussfolgerungen: Die mittel- bis langfristige Transplantatfunktion bei komplexer Harnableitung ist vergleichbar mit der bei Patienten mit intaktem Harntrakt. Folglich sollte eine komplexe Harnableitung immer als chirurgische Option in Betracht gezogen werden, im Zweifelsfall auch während der Nierentransplantation.