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64. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

19.-22.06.2024, Freiburg

Candida – Kolonisation oder Infektionserreger?

Meeting Abstract

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  • Franziska Roth - Universitätsklinikum des Saarlandes, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene
  • C. Lang - Knappschaftsklinikum Saar, Klinik für Urologie
  • S. Schneitler - Universitätsklinikum des Saarlandes, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene
  • S. Becker - Universitätsklinikum des Saarlandes, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 64. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. Freiburg, 19.-22.06.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocV4.2

doi: 10.3205/24swdgu32, urn:nbn:de:0183-24swdgu327

Veröffentlicht: 13. Mai 2024

© 2024 Roth et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Für eine Harninkontinenz kommen neben einem Benignen Prostatasyndrom oder einer akuten Harnwegsinfektion weitere Ursachen infrage. Bei begleitenden Harnstauungsnieren sollte zeitnah zur Erhaltung der Nierenfunktion und Verhinderung einer septischen Entwicklung eine erweiterte Diagnostik mit konsekutiver Therapie erfolgen.

Methode: Ein 62-jähriger Patient stellte sich mit neu aufgetretener Harninkontinenz sowie begleitender Pollakisurie, imperativem Harndrang und einer Vorlagenversorgung von 2 Vorlagen/die vor. Dysurie und B-Symptomatik wurden verneint. Als Vorerkrankungen waren eine arterielle Hypertonie, ein Diabetes mellitus sowie eine chronische Niereninsuffizienz bekannt. Der Urinstatus ergab das Vorliegen einer Leukozyturie, Proteinurie, Mikrohämaturie und Glukosurie. Eine Urinkultur ergab keinen Keimnachweis. Die urologisch orientierte körperliche Untersuchung zeigte sich bis auf eine Phimose unauffällig. Laborchemisch zeigten sich bis auf eine Glomeruläre Filtrationsrate von 76,1 ml/min keine wesentlichen Auffälligkeiten. Sonographisch imponierten beidseitige Harnstauungsnieren bei einem Restharnvolumen von ca. 150 ml, die Prostata im transrektalen Ultraschall mit einem Volumen von ca. 25 ml. Ein CT Abdomen ergab bis auf eine asymmetrische Verdickung der Harnblasenwand keinen eindeutigen Hinweis auf die Ursache der Harnstauungsnieren, insbesondere zeigte sich weder eine abgrenzbare Raumforderung noch eine Urolithiasis.

Ergebnisse: Aufgrund der unklaren Ätiologie der Inkontinenz, der Harnstauungsnieren, der Blasenwandverdickung sowie der Restharnbildung wurde eine endoskopische Evaluierung des Harntrakts durchgeführt. Bei nur geringgradig obstruktiver Prostata sowie intravesikal ulcerösen, ödematösen Schleimhautveränderungen und einer geringen Blasenkapazität ergab sich der hochgradige Verdacht auf eine kleinkapazitäre Überlaufblase als Ursache der bestehenden Symptomatik. Diagnostisch wurden Gewebeproben zur histologischen Untersuchung in die Pathologie sowie zur mikrobiologischen Untersuchung eingeschickt. Histologisch zeigte sich eine schwere Entzündung, mikrobiologisch ergab sich vereinzeltes Wachstum von Candida glabrata. Es wurde ein Therapieversuch mittels hochdosiertem Fluconazol über 2 Wochen gestartet. Begleitend wurde das Antidiabetikum Empagliflozin (SGLT2-Inhibitor) abgesetzt, um die Glukosurie zu modifizieren. Etwa 2 Wochen nach Therapieende sistierte die Inkontinenz, sonographisch waren keine Harnstauungsnieren mehr nachweisbar. In weiteren Verlaufskontrollen konnte eine komplette Beschwerdefreiheit dokumentiert werden.

Schlussfolgerung: Hefepilze der Gattung Candida stellen fakultativ uropathogene Erreger dar. Bei einer fremdmaterialassoziierten Candidurie, beispielsweise bei Blasenkatheter-Dauerversorgung, handelt es sich jedoch oft um eine nicht behandlungsbedürftige Kontamination. Auch die Art der Uringewinnung kann bei Vorliegen einer oberflächlichen Candidose zu einer Kontamination der Urinkultur führen. Bei begleitenden Risikofaktoren wie einer Immunsuppression oder Diabetes mellitus können Hefepilze bei Harnwegsinfektionen dennoch eine bedeutende Rolle spielen. Vor Einleitung einer antimykotischen Therapie sollten jedoch Differentialdiagnosen berücksichtigt werden. Eine begleitende medikamentöse Optimierung, beispielsweise zur Vermeidung einer Glukosurie, kann notwendig werden. Invasive Materialien wie z.B. im Rahmen einer transurethralen Resektion gewonnene Gewebeproben stellen in diesen Fällen neben der Urinkultur eine Ergänzung der mikrobiologischen Diagnostik dar.