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62. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

22.-25.06.2022, Koblenz

Zusammenspiel von Histologie und Mikrobiologie zur Diagnosefindung

Meeting Abstract

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  • S. Stelletta - Klinik für Urologie, Knappschaftskrankenhaus, Sulzbach
  • C. Lang - Klinik für Urologie, Knappschaftskrankenhaus, Sulzbach

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 62. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. Koblenz, 22.-25.06.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocFall 2

doi: 10.3205/22swdgu111, urn:nbn:de:0183-22swdgu1116

Veröffentlicht: 10. Mai 2022

© 2022 Stelletta et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Eine nekrotisierende Urozystitis kann durch Blaseninstillationstherapie oder Keimbesiedlung verursacht werden. Zur Sicherung der Diagnose und Therapieeinleitung sind der klinische Aspekt sowie der histopathologische Befund nicht ausreichend.

Methode: Es wird der Fall eines 83-jährigen Patienten präsentiert: Die stationäre Aufnahme erfolgte im Dezember 2021 bei Harninkontinenz, a.e. bei Überlaufblase seit Februar 2021. Es bestand ein Z. n. TUR-Blase 2017 aufgrund eines Urothelkarzinoms der Harnblase im Stadium pT1 G3 L0 V0 und pTa G3 sowie pTis, high risk. Die diagnostischen Nachresektionen 2017 und 2019 zeigten keinen Malignitätsnachweis. Im April 2020 endete eine BCG-Instillationstherapie.

Im Rahmen der Nachsorge erfolgte im November 2021 eine Urethrozystoskopie, mit Nachweis einer ubiquitär mit weißlichem Gewebe ausgekleideten Harnblase.

Mittels transurethraler Blasenresektion gelang der histopathologische Nachweis einer schwergradig chronisch floriden erosiv-ulzerösen und nekrotisierenden Urozystitis mit V. a. Kolonisierung durch Actinomyces-Drusen.

Zur Actinomyces-Identifizierung auf Speziesebene sowie Resistenzbestimmung erfolgte die Einmalkatheterisierung der Harnblase zur sterilen anaeroben Uringewinnung. Ebenso erfolgte aufgrund o.g. Befundkonstellation zur Überprüfung auf eine weitere systemische Infektion oder Abszedierung die Durchführung einer CT-Abdomen- und im Verlauf CT-Thorax-Untersuchung.

Wir leiteten literaturkonform eine Therapie der befürchteten urogenitalen Actinomykose mit Amoxicillin ein, mit der Empfehlung, diese mindestens drei Monate fortzuführen.

Ergebnis: Die mikrobiologische Evaluation ergab den Nachweis von Mykobakterium bovis. Nach diesem Kenntnisstand erfolgte eine Ziehl-Neelsen-Färbung des histologischen Präparates, welche die bisherige histopathologische Diagnose revidierte.

Die CT ergab hinsichtlich der Harnblase eine Zystitis; hinsichtlich des oberen Harntraktes eine Pyelitis und Ureteritis. Weitere Organmanifestationen zeigten sich hinsichtlich der Lunge mit miliaren Verdichtungen bds.

In Zusammenschau der o.g. interdisziplinären Untersuchungsergebnisse handelte es sich um eine Mykobakteriose, ca. 19 Monate nach Abschluss einer BCG-Instillationstherapie, welche einer dreifach antibiotischen Therapie mittels Isoniazid, Rifampicin und Ethambutol bedurfte.

Der Patient verstarb 34 Tage nach Therapiebeginn an einer Sepsis im Rahmen einer Peritonitis.

Zusammenfassung:

  • Die nekrotisierende Urozystitis ist ein ungewöhnliches Krankheitsbild, welches zu einer Herausforderung hinsichtlich Ätiologie und Therapie führen kann.
  • Die histopathologische Begutachtung zur alleinigen Diagnosestellung ist nicht zwangsläufig ausreichend adäquat.
  • Die erweiterte Diagnostik durch eine mikrobiologische Untersuchung sowohl zur Ätiologie als auch zum Erstellen eines Antibiogramms zur Therapieeinleitung ist erforderlich.
  • Entscheidend ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Urologie, Pathologie, Mikrobiologe, Radiologie und Innere Medizin.