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62. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

22.-25.06.2022, Koblenz

Die BCG-induzierte Urogenitaltuberkulose – eine seltene, aber wichtige Nebenwirkung

Meeting Abstract

  • A. Strauch - Klinik für Urologie, Koblenz
  • R. Hundertmark - Klinik für Urologie, Koblenz
  • G. Müller - Institut für Pathologie, Koblenz
  • E. Sieber - Institut für Pathologie, Koblenz
  • H. Schmelz - Klinik für Urologie, Koblenz
  • T. Nestler - Klinik für Urologie, Koblenz

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 62. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. Koblenz, 22.-25.06.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocV11.2

doi: 10.3205/22swdgu101, urn:nbn:de:0183-22swdgu1015

Veröffentlicht: 10. Mai 2022

© 2022 Strauch et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die intravesikale BCG-Instillation erfolgt adjuvant nach TUR-B bei nicht-muskelinvasiven intermediate- und high-risk Urothelkarzinomen der Harnblase. Hierbei treten bei ca. 70% der Patienten unerwünschte Nebenwirkungen auf, meist lokal als Zystitis, selten andere.

Fallbeispiel: Ein 56-jähriger Patient stellte sich in 12/2020 mit Makrohämaturie, Miktionsbeschwerden sowie passagerer Harnstauungsniere II° rechts vor.

Anamnestisch Erstdiagnose eines Urothelkarzinoms der Harnblase Ta, G2, low grade in 2008. Im Verlauf kam es zu drei Rezidiven, woraufhin der Patient 2019 eine BCG-Therapie erhielt, die bereits in der Induktionsphase wegen Miktionsbeschwerden beendet wurde. 2012 erfolgte aufgrund einer intramuralen Harnleiterstriktur eine rechtsseitige Harnleiterneuimplantation.

12/2020 zeigte ein CT-Abdomen ein verschmälertes Nierenparenchym rechts, ohne Hinweis auf Harnstau oder Raumforderung. Eine TUR-B zeigte eine vulnerable Blasenschleimhaut, das rechte Neoostium war sehr weit, sodass der V.a. einen Reflux bestand. Dieser wurde durch eine Blasendruckmessung mit Kontrastmittel bestätigt. Histologisch ergab sich das Bild einer Urozystitis. Eine Ureterorenoskopie rechts mit Probenentnahme blieb ohne pathologischen Befund, die Spülzytologie zeigte ein entzündliches Zellbild.

Bei persistierender Symptomatik und verschlechterter rechtsseitiger Nierenfunktion (initial 30%, jetzt 7%) in 06/2021 zeigte ein aktuelles CT-Abdomen einen dilatierten Ureter mit gebuckelter Nierenoberfläche rechts mit geringer Weichgewebsimbibierung. Es erfolgte eine Nephrostomie mit Erholung der Nierenfunktion (19%). 08/2021 wurde bei persistierender Makrohämaturie erneut eine TUR-B mit Ureterorenoskopie rechts durchgeführt. Im rechten Nierenbecken zeigten sich nun kavernenartige, gelbliche Läsionen. Die Probenentnahme ergab mikroskopisch den Nachweis von Mycobacterium-tuberculosis-Komplex Bakterien, die PCR-Differenzierung zeigte M. bovis (BCG-Stamm).

Ergebnisse: Für die BCG-induzierte renale Tuberkulose wird eine medikamentöse Tripletherapie mit Isoniazid, Rifampicin und Ethambutol für 6 Monate empfohlen. Selten bedarf es chirurgischer Maßnahmen. Hierunter sollen regelmäßige Blutbild- und augenärztliche Kontrollen erfolgen. Am Ende der Therapie sind eine erneute CT-Bildgebung, URS sowie eine aktuelle Nierenszintigraphie sinnvoll. Die Diagnose kann mikroskopisch, molekularbiologisch (PCR) oder als Goldstandard über die Kultur erfolgen. Die PCR aus Gewebeproben scheint bei der renalen Tuberkulose das beste Nachweisverfahren zu sein. Bestimmte Risikofaktoren wie Reflux oder Immunsuppression werden noch diskutiert.

Schlussfolgerung: Die BCG-induzierte Urogenitaltuberkulose ist auch nach Jahren eine mögliche Nebenwirkung der intravesikalen BCG-Instillationstherapie bei Blasentumoren, deren Seltenheit (0,01% aller BCG-Komplikationen) sowie klinisch variabler Verlauf häufig zu einer verzögerten Therapie, jedoch mit guter Prognose führen. Daher ist es wichtig, bei entsprechender Symptomatik dies zu bedenken und erweiterte diagnostische Maßnahmen einzuleiten.