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62. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

22.-25.06.2022, Koblenz

Harnableitungspräferenz-Index (HARPI) als neues Instrument zur Unterstützung der Partizipativen Entscheidung bei der Wahl der Harnableitung

Meeting Abstract

  • B. Grüne - Klinik für Urologie und Urochirurgie, Universitätsklinikum Mannheim
  • B. Büdenbender - Department of Psychology, School of Social Sciences, University of Mannheim
  • A. Köther - Department of Psychology, School of Social Sciences, University of Mannheim
  • G. Alpers - Department of Psychology, School of Social Sciences, University of Mannheim
  • J. Breyer - Department of Urology, Caritas St. Josef Medical Centre, University of Regensburg
  • S. Holbach - Department of Urology, Caritas St. Josef Medical Centre, University of Regensburg
  • J. Huber - Department of Urology, Medical Faculty Carl Gustav Carus, TU Dresden
  • P. Karschuck - Department of Urology, Medical Faculty Carl Gustav Carus, TU Dresden
  • J. Lenk - Urological Hospital Munich-Planegg
  • T. Martini - Department of Urology, University Hospital Ulm
  • F. Roghmann - Department of Urology, Marien Hospital, Ruhr-University Bochum
  • N. von Landenberg - Department of Urology, Marien Hospital, Ruhr-University Bochum
  • M. Michel - Klinik für Urologie und Urochirurgie, Universitätsklinikum Mannheim
  • M. Kriegmair - Klinik für Urologie und Urochirurgie, Universitätsklinikum Mannheim

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 62. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. Koblenz, 22.-25.06.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocV6.10

doi: 10.3205/22swdgu060, urn:nbn:de:0183-22swdgu0609

Veröffentlicht: 10. Mai 2022

© 2022 Grüne et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die Wahl der Harnableitung stellt für Patienten vor radikaler Zystektomie eine komplexe und präferenzsensitive Entscheidung dar. Ziel der Studie war es, ein Fragebogeninstrument zur Erfassung der individuellen Harnableitungspräferenz für Patienten mit Harnblasenkarzinom vor radikaler Zystektomie zu entwickeln und zu evaluieren.

Methode: Zur Bestimmung der individuellen Präferenz von Patienten für verschiedene Harnableitungen wurden 8 Fragebogenitems generiert: 5 zu kontinenten Harnableitungen und 3 zu inkontinenten Harnableitungen. Die Items beschreiben spezifische Therapiefolgen der Harnableitungen. Die Patienten können auf einer 4-stufigen Skala angeben, ob sie die Folgen unbedingt vermeiden möchten (1) oder bereit sind, diese in Kauf zu nehmen (4). Nach Pilotierung wurde der HARPI-Fragebogen an 142 Patienten aus 6 urologischen Kliniken evaluiert. Die Patienten füllten den HARPI vor dem Aufklärungsgespräch der radikalen Zystektomie aus.

Ergebnisse: Insgesamt erhielten 54 Patienten im Rahmen ihrer radikalen Zystektomie ein Conduit, 41 eine Neoblase, 8 einen Pouch und 8 eine Ureterocutaneostomie. Innerhalb der Itemgruppen (kontinente versus inkontinente Harnableitung) korrelierten die Antworten der einzelnen Items jeweils signifikant miteinander (p ≤ .03, r = [.3 - .4]; p ≤ .001, r = .6). Patienten, die letztendlich eine kontinente Harnableitung erhielten, beantworteten die Fragen der Itemgruppen signifikant anders als Patienten, die eine inkontinente Harnableitung erhielten (Itemgruppe inkontinente Harnableitung: 2,1 vs. 3,1, p < .001; Itemgruppe kontinente Harnableitung: 2,5 vs. 1,7 p = .002). Die Gefahr einer Inkontinenz (p = .040), die Notwendigkeit von Beckenbodengymnastik (p < .001) und regelmäßigen Toilettengängen (p < .001) wurden von Patienten mit Entscheidung zur Neoblase in deutlich höherem Maße akzeptiert als von Patienten mit Präferenz für eine andere Harnableitung. Eine risikoreichere Operation (p < .001) und den intermittierenden Selbstkatheterismus (p = .003) wollten Patienten mit inkontinenter Harnableitung häufiger vermeiden als Diejenigen mit kontinenter Harnableitung. Patienten, die eine inkontinente Harnableitung erhielten, waren häufiger bereit, Einschränkungen durch ein Stoma in Kauf zu nehmen als Patienten mit kontinenter Harnableitung (p < .001).

Schlussfolgerung: Der HARPI-Fragebogen ist ein vielversprechendes Instrument zur Unterstützung des Entscheidungsprozesses bei der Wahl der Harnableitung, da er die individuellen Präferenzen des Patienten klar erkennen lässt.