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62. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

22.-25.06.2022, Koblenz

Uroonkologische Behandlung mit medizinischem Gasplasma – neue Therapieoption für das Harnblasenkarzinom?

Meeting Abstract

  • N. Gelbrich - Universitätsmedizin Greifswald, Klinik und Poliklinik für Urologie; ZIK plasmatis, Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V.
  • L. Miebach - ZIK plasmatis, Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V.
  • M. Burchardt - Universitätsmedizin Greifswald, Klinik und Poliklinik für Urologie
  • U. Zimmermann - Universitätsmedizin Greifswald, Klinik und Poliklinik für Urologie
  • S. Bekeschus - ZIK plasmatis, Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 62. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. Koblenz, 22.-25.06.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocV4.7

doi: 10.3205/22swdgu036, urn:nbn:de:0183-22swdgu0361

Veröffentlicht: 10. Mai 2022

© 2022 Gelbrich et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Medizinisches Gasplasma ist ein hochreaktiver, teilionisierter physikalischer Zustand, der durch das Anlegen einer gepulsten Gleichspannung erzeugt wird und verschiedene biologische Wirkungen auf Zellen hat. Im Folgenden ist mit „Plasma“ stets das physikalische Plasma, der sog. 4. Aggregatszustand nach fest, flüssig und gasförmig, gemeint. Schon in der Vergangenheit wurden solche Plasmen in präklinischen Modellen bereits erfolgreich bei verschiedenen Krebsarten eingesetzt.

Das Harnblasenkarzinom gehört zu den weltweit am zweithäufigsten diagnostizierten bösartigen Erkrankungen in der Urologie. Ein Drittel der betroffenen Patienten entwickelt ein hochaggressives, muskelinvasives Tumorwachstum mit einem hohen Sterblichkeits- und Metastasierungsrisiko. Zu den stadienangepassten Standardtherapien zählen die chirurgische Resektion (TUR-B, radikale Cystektomie), Chemo-/ Immun- und Radiotherapie. Aufgrund der hohen Mortalität und der therapeutischen Nebenwirkungen erfordert das Urothelkarzinom neue, nebenwirkungsärmere Therapieoptionen. Hierbei stellt die lokale Plasma-Applikation einen vielversprechenden, nebenwirkungsarmen Ansatz dar, bei dem über Generierung großer Mengen an reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffspezies (ROS/RNS) ein lethaler oxidativer Stress in Tumorzellen induziert und immunmodulatorische Prozesse stimuliert werden.

Methode: Für die Bewertung des therapeutischen Einsatzes von Plasma bei Harnblasenkrebs wurden die antineoplastischen und immunologischen Effekte in verschiedenen präklinischen Modellen in vitro (T24, RT-112, SCaBER), sowie auf neovaskularisierten Tumoren in ovo untersucht. Neben Zytotoxizitätsuntersuchungen erfolgten durchflusszytometrische Analyse von apoptotischen Prozessen, Zellzyklus-Arrest sowie inhibitorischen/aktivierenden Oberflächenmolekülen auf mit plasmabehandelten Tumorzellen. Mittels Mikroskopie wurden für 2D- und 3D-Tumorzellmodelle zellmorphologische Veränderungen quantitativ ermittelt. Zusätzlich wurden wichtige Ergebnisse in plasmabehandeltem Urothelkarzinomgewebe aus Patientenproben mittels TUNEL-Färbung validiert.

Ergebnisse: Im Vergleich zu argonbehandelten Kontrollzellen wurde in plasmabehandelten Tumorzellen eine signifikante Abnahme der Zellviabilität nachgewiesen. Die antineoplastischen Effekte von Plasma gingen mit der Induktion von Apoptose und Zellzyklus-Arrest einher. Eine Internalisierung der Oberflächenproteine CRT/Calreticulin, CD274, MHC-I sowie der Hitzeschockproteine HSP70 und HSP90 auf mit plasmabehandelten Tumorzellen verglichen zur Kontrollbehandlung wurde quantifiziert. Entsprechende Ergebnisse konnten mikroskopisch im 3D-Tumorspheroidmodell detektiert und Veränderungen der Zellmotilität und -morphologie nachgewiesen werden. Die Plasmabehandlung reduzierte die Tumorlast von neovaskularisierte Tumoren drei humaner Harnblasenkrebszellen in ovo erfolgreich. TUNEL-Färbungen von ex vivo behandeltem Urothelkarzinomgewebe aus Patientenproben zeigten eine erhöhte Tumortoxizität nach Plasmabehandlung vor allem durch Induktion pro-apoptotischer Signalwege.

Schlussfolgerung: Diese Arbeit unterstützt den vielversprechenden Einsatz von medizinischem Gasplasma für zukünftige therapeutische Anwendungen in der Uroonkologie. Die Plasmabehandlung von Harnblasenkrebszellen induziert selektiv Apoptose. Phänotypische Änderungen von Immunzellen sind nach Kultivierung mit plasmainaktivierten Tumorzellen zu beobachten. Die plasmavermittelte Wachstumshemmung und Immunmodulation konnte in verschiedenen 2D- und 3D-Tumormodellen festgestellt werden. Nebenwirkungen, wie bspw. thermische Schädigungen oder Nekrose von nicht-malignen Zellen in gesundem Gewebe nach Plasmabehandlung konnten nicht festgestellt werden.