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60. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.

22.05. - 25.05.2019, Stuttgart

Priapismus als klinische Erstmanifestation einer chronisch-myeloischen Leukämie bei einem 32-jährigen Patienten

Meeting Abstract

  • M. Abdeen - Universität des Saarlandes, Klinik für Urologie und Kinderurologie, Homburg/Saar, Deutschland
  • M. Janssen - Universität des Saarlandes, Klinik für Urologie und Kinderurologie, Homburg/Saar, Deutschland
  • S. Siemer - Universität des Saarlandes, Klinik für Urologie und Kinderurologie, Homburg/Saar, Deutschland
  • M. Stöckle - Universität des Saarlandes, Klinik für Urologie und Kinderurologie, Homburg/Saar, Deutschland
  • J. Linxweiler - Universität des Saarlandes, Klinik für Urologie und Kinderurologie, Homburg/Saar, Deutschland

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 60. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. Stuttgart, 22.-25.05.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV8.07

doi: 10.3205/19swdgu068, urn:nbn:de:0183-19swdgu0685

Veröffentlicht: 10. Mai 2019

© 2019 Abdeen et al.
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Gliederung

Text

Case Report: Ein 32-jähriger Patient stellt sich am frühen Morgen notfallmäßig mit einer seit 24 Stunden bestehenden, schmerzhaften Dauererektion in unserer Notfallambulanz vor. Zu einem ähnlichen Ereignis sei es bereits zwei Wochen zuvor gekommen, jedoch habe sich die Erektion damals nach einer kalten Dusche wieder spontan zurückgebildet. Es bestehen keine Vorerkrankungen oder Voroperationen. Regelmäßige Medikamenteneinnahme oder Drogenkonsum werden verneint, ebenso Traumata oder Geschlechtsverkehr im Vorfeld der Ausbildung der Erektion.

Befunde und initiale Therapie: Junger Mann in gutem Allgemein- und schlankem Ernährungszustand. Blasses Hautkolorit. Körpertemperatur 37,2°C. Schmerzhafte, rigide Erektion bei ansonsten unauffälligem äußeren Genitale. Es erfolgt die problemlose beidseitige Punktion der Corpora cavernosa, der Versuch aus dem Aspirat eine Blutgasanalyse durchzuführen schlägt wiederholt aus unbekannten Gründen fehl. Anschließend werden aus den Schwellkörpern ca. 250 ml Blut aspiriert und jeweils 10 mg mit 0.9% NaCl verdünntes Etilefrin sowie 1000 IE Heparin injiziert. Hierauf sowie unter manueller Kompression kommt es zu einer kompletten Detumeszenz. Es wird abschließend für 3 Stunden ein Druckverband angelegt. Bereits während der Blutaspiration fällt auf, dass sich in den gefüllten Spritzen nach kurzer Zeit eine dicklich weiße Schicht von den übrigen Blutbestandteilen separiert. Die Laboruntersuchungen des peripher-venös entnommenen Blutes des Patienten ergeben unter anderem eine Leukozytenzahl von 422.500/l, einen Hb-Wert von 8.8 g/dl sowie LDH von 1237 U/l.

Verdachtsdiagnose: Low-flow Priapismus infolge eines Hyperviskositätssyndromes bei hochgradigem Verdacht auf das Vorliegen einer hämatoonkologischen Erkrankung.

Weiterer Verlauf: Zur weiteren Diagnostik und Therapie wurde der Patient in die Klinik für Hämatoonkologie aufgenommen. Noch am selben Tag erfolgte eine Beckenkammbiopsie, deren Aufarbeitung letztlich die Diagnose einer chronisch-myeloischen Leukämie (CML) in der chronischen Phase erbrachte. Die molekularzytogenetische Analyse aus den peripheren Blut- und Knochenmarkkulturen zeigte eine für die CML typische reziproke Translokation zwischen dem langen Arm von Chromosom 9 und dem langen Arm von Chromosom 22 („Philadelphia-Chromosom“), welche zu einem BCR-ABL1-Rearrangement führt.

Nach der initialen Gabe von Hydroxycarbamid wurde eine Therapie mit dem Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib eingeleitet. Hierunter kam es jedoch nur zu einem unzureichenden Ansprechen, weswegen rasch auf Dasatinib gewechselt wurde. Dies führte zu einer Normalisierung des Blutbildes innerhalb von zwei Wochen.

Dieser Fall veranschaulicht, dass es neben den „klassischen“ (SKAT, PDE-V-Hemmer) auch sehr seltene Ursachen eines Priapismus geben kann an welche differentialdiagnostisch gedacht werden muss und bei denen der Priapismus wie in dem geschilderten Fall sogar die klinische Erstmanifestation einer lebensbedrohlichen Erkrankung sein kann.