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Die MRT-basierte Prostatabiopsie in der klinischen Realität: Ist die systematische Biopsie noch notwendig?
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Veröffentlicht: | 10. Mai 2019 |
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Einleitung und Fragestellung: Die MRT/Ultraschall-fusionierte Prostatabiopsie hat die Diagnostik des lokalisierten Prostatakarzinoms grundlegend verändert. Durch prospektive multizentrische Studien aus Experten-Zentren wird eine primäre multiparametrische MRT (mpMRT) vor Erstbiopsie mit alleiniger gezielter Biopsie (TB) Gegenstand aktueller Diskussionen. In dieser Studie wurde daher untersucht, ob eine MRT-basierte Strategie bereits den Goldstandard der systematischen Biopsie (SB) an einer repräsentativen Klinik ersetzen kann, an der Radiologen und Urologen mit unterschiedlicher Expertise an der Bildgebung und Fusionsbiopsie beteiligt sind.
Material und Methoden: Die retrospektive Studie erfolgte nach Zustimmung der Ethikkommission und entsprechend der START-Kriterien. Es wurden 597 Patienten in die Analyse eingeschlossen, die >=1 nach PI-RADS klassifiziertes Areal in der mpMRT aufwiesen und eine software-basierte MRT/Ultraschall-fusionierte TB und SB aus einer der folgenden Indikation erhielten: Primärer Karzinomverdacht (51.6%), persistierender Verdacht nach negativer Vorbiopsie (35.5%) oder Kontrolle eines bereits gesicherten Karzinoms (12.9%). Die Detektionsraten für alle Karzinome (PCA) und für klinisch signifikante Tumore (csPCA: Gleason Score >=3+4) wurden zwischen der TB und SB (Referenzstandard), sowie gegenüber der Kombination beider Verfahren innerhalb aller Patienten und der drei Subgruppen verglichen. Durch die TB oder SB übersehene csPCA wurden hinsichtlich klinischer, pathologischer und bildgebender Einflussfaktoren evaluiert und mit den histopathologischen Befunden der Prostatektomiepräparate verglichen.
Ergebnisse: Die TB detektierte weniger PCA (304 vs. 368, p<0.001) und csPCA (205 vs. 210, p=0.357) als die SB. Nur bei zuvor negativ biopsierten Patienten wurden durch die TB mehr csPCA gefunden (66 vs. 64, p=0.285). Die Kombination beider Verfahren war der alleinigen SB und TB in allen Subgruppen überlegen (p=0.055 und p=0.031). Die TB übersah 32/256 csPCA (12.5%) gegenüber 15/256 durch die SB (5.9%, p=0.013). Es konnten keine signifikanten Unterschiede von klinischen, pathologischen oder bildgebenden Einflussfaktoren auf das Übersehen der Tumore zwischen TB und SB festgestellt werden. Die Lokalisationen verfehlter Tumore innerhalb der Prostata waren jeweils homogen verteilt. Bei 136 konsekutiven Prostatektomien erfuhren mehr Patienten ein Upgrading des Gleason Scores gegenüber der SB als der TB (32.4 vs. 24.3%, p=0.055) und wurden einer höheren Gleason Grade–Gruppe zugeordnet.
Zusammenfassung: Die SB zeigte gegenüber der TB vergleichbare Detektionsraten signifikanter Karzinome. Ohne die SB wären signifikant mehr csPCA übersehen worden als ohne die TB. Die verlässlichsten Detektionsraten können aktuell solange nur durch die kombinierte SB und TB erzielt werden, bis mpMRT, Interpretation und Fusionsbiopsie präzise genug sind, um eine alleinige MRT-basierte Biopsiestrategie in der klinischen Praxis verfolgen zu können.