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Kundenorientierte Servicegestaltung eines Datenintegrationszentrums am Beispiel des Universitätsklinikums Jena

Customer-oriented Service Design of a Data Integration Center on the Example of Jena University Hospital

Meeting Abstract

  • Danny Ammon - Universitätsklinikum Jena; SMITH-Konsortium der Medizininformatik-Initiative
  • Susanne Müller - Universitätsklinikum Jena; SMITH-Konsortium der Medizininformatik-Initiative
  • Kutaiba Saleh - Universitätsklinikum Jena; SMITH-Konsortium der Medizininformatik-Initiative
  • Lo An Phan-Vogtmann - Universitätsklinikum Jena; SMITH-Konsortium der Medizininformatik-Initiative
  • Yvonne Heimann - Universitätsklinikum Jena; SMITH-Konsortium der Medizininformatik-Initiative
  • Cord Spreckelsen - Universitätsklinikum Jena; SMITH-Konsortium der Medizininformatik-Initiative
  • André Scherag - Universitätsklinikum Jena; SMITH-Konsortium der Medizininformatik-Initiative

SMITH Science Day 2022. Aachen, 23.-23.11.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocP26

doi: 10.3205/22smith37, urn:nbn:de:0183-22smith373

Veröffentlicht: 31. Januar 2023

© 2023 Ammon et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Zielstellung: Datenintegrationszentren (DIZ) sind im Rahmen der Medizininformatik-Initiative [1] neu geschaffene Struktureinheiten an deutschen Universitätskliniken. Diese Serviceeinrichtungen sollen „standortübergreifend vernetzte, standardisierte und interoperable Daten für die Forschung und Versorgung bereitstellen“ [2] und erbringen damit digitale Dienstleistungen für Kundschaft aus dem eigenen Klinikum und aus anderen Einrichtungen.

Eine systematische Klassifikation und Untersuchung von Nutzertypen in der Zielgruppe für die Dienste eines DIZ ist jedoch ausstehend. Nur auf dieser Basis lassen sich allerdings spezifische Kundenservices definieren, mittels derer sich DIZ bedarfsorientiert nachhaltig betreiben lassen. Kundenservices, Webseiten und Formulare eines DIZ sollen so aufbereitet sein, dass sie den Bedürfnissen der Nutzenden in der jeweiligen Phase eines Dienstleistungsprozesses entsprechen.

Am Beispiel einer nutzerorientierten Gestaltung der Dienstleistungen des DIZ am Universitätsklinikum Jena (UKJ) soll ein solches Vorgehen beschrieben werden.

Methoden: Für die Konzeption und Anpassung der digitalen Services eines DIZ können Methoden aus der menschenzentrierten Gestaltung (UX/User-Centered Design) Anwendung finden, wie u.a. in der DIN EN ISO 9241-210:2019 beschrieben. Für das UKJ besteht bereits eine Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001:2015, so dass als Zielstruktur die im klinikumseigenen Qualitätsmanagementsystem hinterlegten Kundenservice-Steckbriefe vorgegeben sind.

Um diese Kundenservices optimal an die Bedarfe anzupassen, werden zunächst Nutzertypen identifiziert und beschrieben, um dann durch Priorisierung von den wichtigsten Typen sogenannte Personas zu erstellen. Personas sind „fiktive, spezifische, konkrete Darstellungen von Zielnutzern“ [3], für deren Beschreibung geeignete Kategorien zu bilden und diese in eine Übersicht zu bringen sind. Auf Basis der Personas erfolgt ein Customer Journey Mapping, um die Bedarfe und Erwartungen der Kundschaft auf den gesamten Nutzungsprozess einer DIZ-Dienstleistung abzubilden. Dadurch wird auch die Definition von Prozesstests und die Abbildung auf Key Performance Indicators (KPI) des DIZ möglich.

Die Ergebnisse aller Arbeitsschritte ermöglichen eine Neudefinition oder Anpassung bestehender Services und Einzelverfahren (SOPs) des DIZ. Der Gesamtprozess soll in regelmäßigen Abständen wiederholt werden (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).

Ergebnisse: Im Zuge der Service-Aktualitätsprüfung wurden für das DIZ Jena insgesamt 14 verschiedene Typen von möglichen Nutzenden identifiziert: fünf aus externen Einrichtungen und neun am UKJ tätige Personengruppen. Durch Priorisierung wurden sechs Typen für die Erstellung von Personas ausgewählt, dabei zwei externe und vier lokal tätige. Für die Erstellung wurde eine geeignete Form der Sedcard als Vorlage vorbereitet, mittels derer die Persona näher beschrieben und ihre wichtigsten Eigenschaften in einer Übersicht festgehalten werden kann:

  • Name und Beschreibung mit Vorerfahrungen und Kenntnissen, Persönlichkeit, Kundenerwartungen
  • Kundeneigenschaften wie Ziele und Motivation, Herausforderungen, Informationsverhalten sowie konkrete Kundenzitate
  • DIZ-Tätigkeiten wie Beitrag des DIZ zur Zielerreichung, Botschaft des DIZ an Kunden, Einfluss auf KPIs sowie Maßnahmen mit der Persona

In qualitativen Interviews mit Vertretungen aus dem Bereich der jeweiligen Personas konnten diese Eigenschaften ermittelt und dokumentiert werden. Im nächsten Schritt dienen die erzeugten Personas für das Customer Journey Mapping auf allen Stationen einer konkreten Dienstleistung, z.B. der Nutzung von Behandlungsdaten für ein standortinternes Forschungsprojekt.

Die erzielten Ergebnisse sollen neben dem passgerechten Entwurf der DIZ-Services auch für geplante Audits zur Verfügung stehen. Neben der Kunden-Evaluation als mögliches Auditziel im Rahmen der Beteiligung des DIZ an einer Rezertifizierung des UKJ nach DIN EN ISO 9001:2015 soll die angewandte Methodik auch Material für das in der Ausbau- und Erweiterungsphase der MII geplante zweite externe Audit erbringen, z.B. in Form von Evaluationsbögen oder Feedbacks zu genutzten Werkzeugen und Prozessen.

Diskussion: Mit der menschenzentrierten Gestaltung digitaler Services eines DIZ sind verschiedene Herausforderungen verbunden. So sind einige Aufgaben durch den Projektträger bzw. durch Beschlüsse der MII fest vorgegeben, die in der bestehenden Förderphase bereits umgesetzt wurden. Das kundenorientierte Design setzt daher an einer bereits bestehenden neuen Struktureinheit mit existenten Aufgaben an. Darüber hinaus sind hier beschriebene Verfahren für Einrichtungen im akademischen Umfeld noch kaum erprobt und ein Großteil der Kundschaft durch Tätigkeiten im universitätsmedizinischen Klinikalltag kaum ausführlich zu befragen. Mit der Arbeit des DIZ ist außerdem ein Kulturwandel im Umgang mit Behandlungsdaten verbunden, dessen Verlauf noch schwer abzuschätzen ist.

Eine kontinuierliche Überprüfung des beschriebenen Vorgehens soll helfen, mit diesen Herausforderungen umzugehen und anhand der erzielten Ergebnisse Dienstleistungen und Werkzeuge eines Datenintegrationszentrums iterativ immer besser nutzergerecht auszugestalten.


Literatur

1.
Semler SC, Wissing F, Heyder R. German Medical Informatics Initiative. Methods Inf Med. 2018 Jul;57(S 01):e50-6. DOI: 10.3414/ME18-03-0003 Externer Link
2.
Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF. Bekanntmachung: Richtlinie zur Förderung der Medizininformatik-Initiative: Ausbau- und Erweiterungsphase, Bundesanzeiger vom 17. Jan 2022 [Internet]. Verfügbar unter: https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/bekanntmachungen/de/2022/01/2022-01-17-Bekanntmachung-Medizininformatik.html Externer Link
3.
Pruitt J, Adlin T. The persona lifecycle: Keeping people in mind throughout product design. Burlington, MA: Morgan Kaufmann; 2006. p. 11.
4.
Lemon KN, Verhoef PC. Understanding customer experience throughout the customer journey. Journal of Marketing. 2016;80(6):69–96. DOI: 10.1509/jm.15.0420 Externer Link