gms | German Medical Science

POLAR Plausibilisierungskampagne ‒ technischer Test

Meeting Abstract

  • Daniel Neumann - Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie (IMISE), Universität Leipzig
  • Torsten Thalheim - Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie (IMISE), Universität Leipzig
  • Miriam Kesselmeier - Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Datenwissenschaften (IMSID), Universitätsklinikum Jena
  • Wahram Andrikyan - Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie und Klinische Toxikologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
  • Katrin Farker - Apotheke des Universitätsklinikums Jena, Universitäres Zentrum für Pharmakotherapie und Pharmakoökonomie (UZP), Universitätsklinikum Jena
  • Laura Weisbach - Apotheke des Universitätsklinikums Jena, Universitäres Zentrum für Pharmakotherapie und Pharmakoökonomie (UZP), Universitätsklinikum Jena
  • Anna-Kathrin Schuster - Apotheke des Universitätsklinikums Jena, Universitäres Zentrum für Pharmakotherapie und Pharmakoökonomie (UZP), Universitätsklinikum Jena
  • Katharina Karsten Dafonte - Universitätsklinikum Bonn
  • Anna Böhmer - Pharmazeutisches Institut, Abteilung Klinische Pharmazie, Universität Bonn
  • Melanie I. Then - Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie und Klinische Toxikologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
  • Renke Maas - Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie und Klinische Toxikologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
  • Martin F. Fromm - Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie und Klinische Toxikologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
  • André Scherag - Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Datenwissenschaften (IMSID), Universitätsklinikum Jena
  • Markus Löffler - Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie (IMISE), Universität Leipzig

SMITH Science Day 2022. Aachen, 23.-23.11.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocP20

doi: 10.3205/22smith31, urn:nbn:de:0183-22smith318

Veröffentlicht: 31. Januar 2023

© 2023 Neumann et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Einleitung und Zielstellung: Im Rahmen der retrospektiven multizentrischen Beobachtungsstudie des Medizininformatik-Initiative (MII) – Use Cases POLAR [1] wurden für fünf pharmakologische Themenbereiche wissenschaftliche Fragestellungen definiert. Diese Fragestellungen wurden federführend durch sieben pharmakologische Forschungsteams (UKE/UWH/UKJ/FAU/UHD/LMU/UB) erarbeitet.

Diese Fragestellungen wurden an 13 der für die MII eingerichteten Datenintegrationszentren (DIZ) (UKA, UKB, UKE, UKEr, UKFr, UKGM, UKH, UKHD, UKJ, UKLMU, UKL, UKSH, UKT) abgefragt. Die Versorgungsdaten wurden hierfür als MII-Kerndatensatz-konforme FHIR Objekte abfragbar an den Datenintegrationszentren zur Verfügung gestellt. Die abgefragten Daten wurden lokal im Rahmen einer statistischen Auswertung (u.a. deskriptive Statistik, Assoziationen, Risikomodelle) aggregiert, die lokalen Ergebnisse aus den Standorten ausgeleitet und zentrenübergreifend in einer Meta-Analyse zu einem Gesamtergebnis für die wissenschaftliche Fragestellung zusammengefasst. Dieses Ergebnis wurde den pharmakologischen Forschungsteams zur Weiterverarbeitung zur Verfügung gestellt.

Die DIZ als primärer Datenlieferant sind im Laufe des Projektes einer kontinuierlichen Entwicklung unterworfen. Der Anschluss der Daten aus den Krankenhausinformationssystemen, die zu entwickelnde Spezifikation des MII Kerndatensatzes, sowie die Implementierung der inhaltlichen Befüllung der Datenbasis brachten eine heterogene Landschaft an Datenabfragen hervor. Hierfür wurden mit Hilfe der POLAR ETL-Strecke seit Januar 2022 ein Vielfaches an Versionen von Skripten zur Datenabfrage und Datenauswertung erarbeitet, die genau diesem Sachverhalt Rechnung tragen sollen. Somit wurden monatlich neue Versionen zur Datenabfrage zur Verfügung gestellt, neue Erkenntnisse zur Datenverfügbarkeit gewonnen und gelegentlich auch Anpassungen an den wissenschaftlichen Fragestellungen bzw. der benötigten Annahmen vorgenommen.

Letztlich wurde ein großer Aufwand betrieben, um eine möglichst harmonische Lösung zur Abfrage und Analyse der Daten, die an allen beteiligten Datenintegrationszentren funktioniert, zu erarbeiten. In den statistischen Plausibilisierungstests der Ergebnisse wurde klar, dass Unterschiede in den lokalen Ergebnissen und Fallzahlen je nach Fragestellungen kein klares Bild davon zeichnen, wie zuverlässig und vergleichbar die Ergebnisse über die Datenintegrationszentren hinweg sind. Um die Aussagekraft der ausgeleiteten Daten zu beleuchten und die Einschätzung der Ergebnisse nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ durchzuführen, soll ein Originaldatenabgleich mit den Versorgungsdaten in einer multizentrischen Qualitätsprüfung angelehnt an Kahn et al. [2] durchgeführt werden.

Methoden: Die Plausibilisierungskampagne ist im Rahmen des Use Case POLAR angelehnt an Razzaghi et al. [3] zweistufig geplant. Hierfür wurde ein technischer Test erarbeitet, bei dem geprüft wird, (1) ob die Treffer in den aggregierten Ergebnissen auch in den lokalen Daten (vor der Datenaggregation und Ausleitung der Ergebnisse sowie innerhalb des dafür datenschutztechnisch vorgesehenen Bereichs) eines jeden DIZ auffindbar sind. (2) Ob die Treffer vom DIZ aus den lokalen Pharmazeuten zum Originaldatenabgleich übergeben werden dürfen. (3) Weiterhin wurde geprüft, ob der Zugriff auf die elektronische Patientenakte sowie auf die relevanten Anwendersysteme gewährleistet ist und die Treffer darin enthalten sind. Gleichzeitig wurde auf der Basis bereits im Juni des Jahres 2022 ausgeleiteter Daten die erste Plausibilisierungskontrolle anhand folgender Fragestellung erarbeitet:

Fragestellung:

Gesucht:

Alle Patienten, in deren Entlassmedikation sich die kontraindizierte Kombination von Simvastatin und Clarithromycin findet

Variablen:

  • (A) Entlassmedikation Simvastatin
  • (B) Entlassmedikation Clarithromycin

Methodik:

  • Es wird für jede mögliche Kombination (A und B, nur A, nur B, weder A noch B) die Anzahl der Patienten gezählt, die diese aufweisen.

Ergebnis:

  • absolute Häufigkeit

Hierfür wurden für die Abfragen folgenden Prämissen für die Plausibilisierung erarbeitet:

1.
Sind diese Daten in der elektronischen Patientenakte bzw. Anwendersystemen im Klinikalltag auffindbar?
2.
Stimmen die Daten in jenen Systemen mit denen der Ausleitung überein?
3.
Hat der Abfragealgorithmus die korrekten Daten kombiniert?
4.
Gibt es Indikatoren, die darauf schließen lassen, dass die Abfragen unter falschen Annahmen durchgeführt wurden?

Ergebnisse: Es zeigte sich, dass durch den technischen Test folgende Ungereimtheiten aufgedeckt werden konnten:

  • Durchgängigkeit der Medikation sowie Pausen in der Verordnung konnten nicht identifiziert werden
  • Viele nicht gefundene Fälle lagen an der mangelnden Verfügbarkeit von Medikationsinformationen
  • Teilweise fehlende Einsicht der Patientenakten, da diese am DIZ nicht mehr reidentifiziert werden dürfen
  • Aufnahme- und Entlassempfehlungen waren teilweise im Freitext oder als elektronisches Dokument (PDF) abgelegt und damit nicht strukturiert abfragbar
  • Zeitstempel der Diagnose und Medikation fehlen oder sind unzuverlässig

Es wurden Ausleitungen an 9 Standorten zu der Fragestellung herangezogen, wodurch 84 Patientenakten an 8 Standorten dem technischen Test der Plausibilisierungskontrolle unterzogen werden konnten. Diese wurden entsprechend der Fragestellung durch die Apotheker und Ärzte des Use Case POLAR qualitativ geprüft.

61 der Fälle konnten gefunden und identifiziert werden. 23 der Fälle waren nicht der Studienpopulation zugehörig: 12 waren ambulante Fälle, 2 nachstationäre Fälle, 7 Fälle ohne Medikationsinformationen und 2 Fälle keine Patienten, sondern Begleitpersonen (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).

Diskussion: Es zeigte sich für den technischen Test, dass die Diskrepanz zwischen auszuleitenden Daten und den in der elektronischen Patientenakte zur Verfügung stehenden Daten klar erkennbar ist. Die Plausibilisierungskampagne hat auch dabei geholfen, die Kommunikation sowie das Verständnis der Informationen und deren Zusammenhänge zwischen Apotheke und Datenintegrationszentrum zu verbessern.


Literatur

1.
Scherag A, Andrikyan W, Dreischulte T, Dürr P, Fromm MF, Gewehr J, Jaehde U, Kesselmeier M, Maas R, Thürmann PA, Meineke F, Neumann D, Palm J, Peschel T, Räuscher E, Schulze S, Thalheim T, Wendt T, Loeffler M. POLAR – POLypharmazie, Arzneimittelwechselwirkungen und Risiken – wie können Daten aus der stationären Krankenversorgung zur Beurteilung beitragen? Präv Gesundheitsf. 2022. DOI: 10.1007/s11553-022-00976-8 Externer Link
2.
Kahn MG, Callahan TJ, Barnard J, Bauck AE, Brown J, Davidson BN, Estiri H, Goerg C, Holve E, Johnson SG, Liaw ST, Hamilton-Lopez M, Meeker D, Ong TC, Ryan P, Shang N, Weiskopf NG, Weng C, Zozus MN, Schilling L. A harmonized data quality assessment terminology and framework for the secondary use of electronic health record data. EGEMS (Wash DC). 2016 Sep 11;4(1):1244. DOI: 10.13063/2327-9214.1244 Externer Link
3.
Razzaghi H, Greenberg J, Bailey LC. Developing a systematic approach to assessing data quality in secondary use of clinical data based on intended use. Learn Health Syst. 2021 May 3;6(1):e10264. DOI: 10.1002/lrh2.10264 Externer Link