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IT&Bioinformatik-Unterstützung für das Molekulare Tumorboard des Krukenberg Krebszentrums der UMH

Meeting Abstract

  • Iryna Manuilova - AG (Bio-)Medical Data Science, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland; Datenintegrationszentrum der Universitätsmedizin Halle, Deutschland
  • Susann Schulze - Krukenberg Krebszentrum der Universitätsmedizin Halle, Deutschland
  • Haifa Kathrin Al-Ali - Krukenberg Krebszentrum der Universitätsmedizin Halle, Deutschland
  • Daniel Tiller - Datenintegrationszentrum der Universitätsmedizin Halle, Deutschland
  • Patrick Metzger - Institut für Medizinische Bioinformatik und Systemmedizin, Medizinische Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg, Deutschland
  • Philipp Unberath - Friedrich-Alexander-Universität, Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie, Lehrstuhl für Medizinische Informatik, Erlangen, Deutschland
  • Niklas Reimer - Arbeitsgruppe Medizinische Systembiologie, Lübecker Institut für Experimentelle Dermatologie, Universität zu Lübeck, Deutschland; Universitäres Cancer Center Schleswig-Holstein, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Deutschland
  • Arsenij Ustjanzew - Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI), Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland
  • Melanie Börries - Institut für Medizinische Bioinformatik und Systemmedizin, Medizinische Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg, Deutschland
  • Hauke Busch - Arbeitsgruppe Medizinische Systembiologie, Lübecker Institut für Experimentelle Dermatologie, Universität zu Lübeck, Deutschland; Universitäres Cancer Center Schleswig-Holstein, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Deutschland
  • Jan Christoph - AG (Bio-)Medical Data Science, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland; Datenintegrationszentrum der Universitätsmedizin Halle, Deutschland; Friedrich-Alexander-Universität, Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie, Lehrstuhl für Medizinische Informatik, Erlangen, Deutschland

SMITH Science Day 2022. Aachen, 23.-23.11.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocV7

doi: 10.3205/22smith06, urn:nbn:de:0183-22smith069

Veröffentlicht: 31. Januar 2023

© 2023 Manuilova et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Einleitung und Zielstellung: Die Menge an Hochdurchsatzdaten von Patienten mit der Diagnose eines bösartigen Tumors nimmt stetig zu. Dies bedingt den Einsatz standardisierter bioinformatorischer Tools bzw. Werkzeuge, die nicht nur die enorme Datenmenge überhaupt verarbeiten, sondern zugleich bei der Interpretation dieser komplexen Daten helfen können, um als Schlussfolgerung die individuelle Therapie von Krebspatienten zu unterstützen. Aus diesem Grund hat das Datenintegrationszentrum (DIZ) der Universitätsmedizin Halle (UMH) mit der bioinformatischen IT-Unterstützung des Molekularen Tumorboards (MTB) des Krukenberg Krebszentrums (KKH) begonnen.

Methoden: Das Hauptziel dieser Unterstützung ist die Integration eines generischen Frameworks im klinischen Alltag des KKHs, um alle Schritte der Analyse von Omics-Daten (angefangen bei den Rohdaten bis hin zur Bestimmung und Annotation tumorspezifischer Mutationen) einerseits sowie die MTB-Organisation und ihre finale Therapieentscheidung andererseits zu unterstützen. Die IT&Bioinformatik Unterstützung für das MTB an der UMH orientiert sich an dem Konzept der Bereitstellung einer standardisierten Sequenzierungs-Pipeline, der sogenannten MIRACUM-Pipe [1], [2], sowie der translationalen Forschungsplattform cBioPortal [3] des Memorial Sloan Kettering Cancer Centers (Abbildung 1 [Abb. 1]). MIRACUM-Pipe und cBioPortal können für die Versorgung und Forschung angepasst und konfiguriert werden [4]. D.h. auf Basis klinischer, molekularbiologischer und genetischer Daten des Patienten kann für die Versorgung eine Therapieempfehlung erstellt und dokumentiert werden [4]. Die Herausforderung hierbei besteht einerseits in der Zusammenführung von klinischen Patientendaten und molekularen Ergebnissen der MIRACUM-Pipe und andererseits in der Generierung von cBioPortal-kompatiblen Dateiformaten. Beide Aspekte werden durch die Open-Source-Software cbpManager, adressiert [5]. Vor dem Import der Daten nach cBioPortal wird die webbasierte Applikation cbpManager zur Aufbereitung und Zusammenführung der molekularen und klinischen Daten verwendet und erlaubt es den Benutzern/Dokumentaren interaktiv cBioPortal Studien anzulegen, zu verwalten und iterativ neue Patientendaten zu dokumentieren. Diese Patienten können zusätzlich nach einer Pseudonymisierung im Rahmen des Secondary Use Forschern für ihre Analysen zur Verfügung gestellt werden.

Ergebnisse: Die MIRACUM-Pipe wird derzeit als Docker-Container für das Molekulare Tumorboard am Universitätsklinikum Halle ausgeliefert, sodass die interne Struktur aus Skripten und Tools für den Endanwender transparent ist. Die Werkzeuge der MIRACUM-Pipe stehen zum Erkennen von einzelnen Nukleotidvarianten (SNVs), Insertionen und Deletionen (InDels), Verlust von Heterozygotie (LoH), Kopienzahlvariationen (CNVs) sowie Qualitätsstatistiken [1], [2] bereit. Die vollautomatisierte Pipeline liefert aus einem „One-Click-Workflow“ zuverlässige Ergebnisse als PDF-Report für Whole Exome Sequenzierung (WES) oder Panelsequenzierungen. Die PDF-Reports sind optimiert für MTB-Sitzungen und deren Vorbereitung und können bei der Erstellung von Therapieempfehlungen berücksichtigt werden. Alle Parameter können an die Bedürfnisse der Kliniker bzw. der Mitarbeiter des KKH angepasst werden. Ein Standardsatz von Parametern kann durch umfangreiche Tests an verschiedenen Patienten mit unterschiedlichen Krebsarten und Krebsqualitäten etabliert werden.

Um den routinemäßigen Einsatz der Pipeline zu ermöglichen und Klinikern bei der Analyse und Interpretation von Omics-Daten zu unterstützen, validieren wir derzeit die neueste Version an Exom- und Transkriptom-Daten mit Daten der Pathologie der UMH.

Das angepasste cBioPortal mit allen notwendigen Komponenten inkl. des cpbManagers wurden vom MIRACUM-Konsortium per Docker bereitgestellt und schon erfolgreich auf einem Server des DIZ der UMH installiert. In Zusammenarbeit mit dem KKH der UMH hat das Datenintegrationszentrum bereits die ersten klinischen Daten aus dem Kopf-Hals- und Endokrinologie-Zentrum der UMH als Demonstrator in cBioPortal bereitgestellt. Die klinischen Daten des Kopf-Hals-Zentrums der Jahre 2018–2020 sowie die Daten des Endokrinologie-Zentrums der Jahre 2020 und 2021 wurden zuerst pseudonymisiert und als Studie in das cBioPortal importiert. Auf diese Weise stehen bereits die Daten von 535 Patienten zur Auswertung dem KKH zur Verfügung. Darüber hinaus wird das cBioPortal seit Juni 2022 aktiv für die wöchentliche MTB-Vorbereitung eingesetzt. Die Arbeit des UMH-Teams konzentriert sich vor allem auf die Analyse der Untersuchungsergebnisse von Krebspatienten, um eine schnelle und zuverlässige Interpretation der Untersuchungsergebnisse in Form von biologischen Effekten, sowie therapeutische und diagnostische Implikationen zu erhalten.

Diskussion: Das vom Datenintegrationszentrum durchgeführte Projekt bietet grundlegende IT-Bioinformatik-Unterstützung für Molekulare Tumorboards mit innovativen Lösungen für die Analyse von Omics-Daten und Unterstützung bei der Interpretation dieser komplexen Daten zur Optimierung der individuellen Therapie für Krebspatienten des KKHs der UMH. Erste Ergebnisse zeigen ein großes Potenzial für die Verbesserung der Organisation des MTB und insbesondere für die endgültige Therapieentscheidung bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen.

Um die Plattform optimal nutzen zu können, müssen alle Schritte der Datenimporte mit dem cBioPortal und der MIRACUM-Pipe automatisiert und optimiert werden. Dadurch können hochkomplexe Daten in neue medizinische Erkenntnisse umgewandelt werden, die zur Entwicklung besserer Behandlungen für Patienten beitragen können.

Um das zu erreichen, arbeiten die beiden Teams von DIZ und KKH zusammen und passen die Arbeitsprozesse weiter an. Zusätzlich werden regelmäßige gemeinsame Schulungen, sowie Workshops und Besprechungen organisiert.


Literatur

1.
Metzger P, Scheible R, Maier W, Reimer N, hessmaria, Ritzel C, Mauch M. AG-Boerries/MIRACUM-Pipe: v4.0.0_beta. DOI: 10.5281/zenodo.7024814 Externer Link
2.
Metzger P, Scheible R, Maier W, Reimer N, hessmaria, Ritzel C, Mauch M. AG-Boerries/MIRACUM-Pipe-docker: v4.0.0_beta. DOI: 10.5281/zenodo.7024816 Externer Link
3.
Gao J, Aksoy BA, Dogrusoz U, Dresdner G, Gross B, Sumer SO, Sun Y, Jacobsen A, Sinha R, Larsson E, Cerami E, Sander C, Schultz N. Integrative analysis of complex cancer genomics and clinical profiles using the cBioPortal. Sci Signal. 2013 Apr 2;6(269):pl1. DOI: 10.1126/scisignal.2004088 Externer Link
4.
Reimer N, Unberath P, Busch H, Börries M, Metzger P, Ustjanzew A, Renner C, Prokosch HU, Christoph J. Challenges and experiences extending the cBioPortal for cancer genomics to a Molecular Tumor Board platform. Stud Health Technol Inform. 2021 Nov 18;287:139-43. DOI: 10.3233/SHTI210833 Externer Link
5.
Ustjanzew A, Desuki A, Ritzel C, Dolezilek AC, Wagner DC, Christoph J, Unberath P, Kindler T, Faber J, Marini F, Panholzer T, Paret C. cbpManager: A web application to streamline the integration of clinical and genomic data in cBioPortal to support the Molecular Tumor Board. BMC Med Inform Decis Mak. 2021 Dec 20;21(1):358. DOI: 10.1186/s12911-021-01719-z Externer Link