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Süddeutscher Kongress für Kinder- und Jugendmedizin

65. Jahrestagung der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam mit der Süddeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. – Landesverband Hessen

20. - 21.05.2016, Bad Nauheim

Entzugserscheinungen nach dem Konsum von synthetischen Cannabinoiden im Jugendalter: Fall-Beispiel – EU Project Spice II Plus

Meeting Abstract

  • presenting/speaker J. Kithinji - VIZ- Freiburg, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum, Freiburg, Deutschland
  • V. Angerer - Institut für Rechtsmedizin Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Deutschland
  • F. Franz - Institut für Rechtsmedizin Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Deutschland
  • M. Hermanns-Clausen - VIZ- Freiburg, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Freiburg, Deutschland
  • V. Auwärter - Institut für Rechtsmedizin Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Deutschland

Süddeutscher Kongress für Kinder- und Jugendmedizin. 65. Jahrestagung der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam mit der Süddeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. – Landesverband Hessen. Bad Nauheim, 20.-21.05.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16sgkjFV15

doi: 10.3205/16sgkj14, urn:nbn:de:0183-16sgkj149

Veröffentlicht: 6. Mai 2016

© 2016 Kithinji et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Seit 2008 wurden mehr als 140 verschiedene synthetische Cannabinoide (SC) in sogenannten Kräutermischungen (KM) identifiziert. Die SC sind potente CB1-Rezeptor-Agonisten, die meist eine wesentlich höhere Wirkpotenz und intrinsische Aktivität als THC aufweisen. Ihre psychotrope Wirkung ähnelt der von THC. Bereits 2009 wurde über Entzugssymptome und ein Abhängigkeitssyndrom nach dem längerfristigen, regelmäßigen Konsum einer KM, die JWH-018 und CP 47,497 enthielt, berichtet. Die derzeit auf dem Markt erhältlichen SC sind deutlich potenter als die SC der 1. Generation. Wir berichten über Abhängigkeitssymptome bei einer Jugendlichen, die zuletzt mehrmals täglich eine KM rauchte.

Methodik: Fallbericht aus der prospektiven Beobachtungstudie SPICE II plus in der VIZ Freiburg. Serum und Urinproben wurden am Institut für Rechtsmedizin Freiburg mittels LC-ESI-MS/MS auf SC und deren Metaboliten untersucht. Zusätzlich wurden die Proben auf weiterer Drogen mittels LC-MSn, IAs und diversen Bestätigungsanalysen analysiert.

Fallbericht: Eine 16-jährige Patientin rauchte über ein Jahr lang gelegentlich „Spice“. Nach 9 Monaten steigerte sie den Konsum auf 2-3 Mal pro Woche gefolgt von einer weiteren Steigerung bis hin zu täglich 1g eines Produktes namens ‚Cloud 9'. Ihre schulischen Leistungen ließen stark nach und sie interessierte sich kaum noch für anderes als den erneuten Konsum. Schließlich begann sie einen häuslichen Entzug. Sie entwickelte nach ca. 24 Stunden Herzrasen, Angst, Muskelschmerzen, Schwitzen im Wechsel mit Schüttelfrost, Stimmungsschwankungen, Sehstörungen, Wortfindungsstörungen, Unruhe, GI-Beschwerden. Außerdem fühlte sie sich beobachtet. 2 Tage nach Drogenabstinenz erfolgte eine stationäre Aufnahme. Die Entzugssymptome wurden mit Doxepin, Benzodiazepinen und Dimenhydrinat behandelt. Im Urin wurden Metaboliten von AB-CHMINACA nachgewiesen, THC war nicht nachweisbar. Der Schulbesuch war erst 10 Tage nach der Entlassung wieder möglich.

Schlussfolgerung: SC scheinen ein höheres Abhängigkeitspotential als THC zu besitzen, da ihre Affinität zum CB1-Rezeptor in der Regel wesentlich höher ist als die von THC und eine stärkere intrinsische Aktivität angenommen werden kann. Die Verkürzung des Zeitintervalls zwischen den Konsumereignissen kann als Craving interpretiert werden. Vor dem Hintergrund, dass die Anzahl der Anrufe aufgrund von Intoxikationen mit SC zugenommen hat, könnte das Auftreten von Entzugserscheinungen zukünftig häufiger werden.