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Süddeutscher Kongress für Kinder- und Jugendmedizin

63. Jahrestagung der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam mit der Süddeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. – Landesverband Baden-Württemberg

25. - 26. April 2014, Fellbach/Stuttgart

Fallbericht aus der Humangenetik: Mikrodeletion aus der Chromosomenregion 9q34.3 mit einer Größe von 143 kb über das EHMT1-Gen – Kleefstra-Syndrom

Meeting Abstract

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  • B. Gläser - Klinikum Stuttgart, Klinische Genetik, Stuttgart, Deutschland
  • E. Fiedler - Klinikum Stuttgart, Klinische Genetik, Stuttgart, Deutschland
  • C. Spaich - Klinikum Stuttgart, Klinische Genetik, Stuttgart, Deutschland
  • S. Biskup - Klinikum Stuttgart, Klinische Genetik, Stuttgart, Deutschland

Süddeutscher Kongress für Kinder- und Jugendmedizin. 63. Jahrestagung der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam mit der Süddeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. – Landesverband Baden-Württemberg. Stuttgart/Fellbach, 25.-26.04.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14sgkjP13

doi: 10.3205/14sgkj34, urn:nbn:de:0183-14sgkj343

Veröffentlicht: 25. März 2014

© 2014 Gläser et al.
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Gliederung

Text

Wir berichten über einen Jungen, der im Alter von ca. 3 Jahren in unserer Genetischen Beratungsstelle vorgestellt wurde. Neben einer Entwicklungsverzögerung mit ausgeprägter Sprachentwicklungsretardierung zeigte er eine muskuläre Hypotonie und ein unterdurchschnittliches Kopfumfangswachstum. Die molekulare Karyotypisierung mittels ArrayCGH ergab eine interstitielle Deletion aus der Chromosomenregion 9q34.3 mit einer Größe von 143 kb die das Euchromatin Methyl Transferase 1 (EHMT1)-Gen einschließt. Deletionen sowie Mutationen des EHMT1 Genes sind assoziiert mit dem Kleefstra-Syndrom, früher auch als 9q-Subtelomerdeletionssyndrom (9qSTDS) oder 9q34.3-Mikrodeletionssyndrom bekannt (Kleefstra et al. 2006; 2009). Das Kleefstra-Syndrom ist charakterisiert durch milde bis schwere mentale Retardierung, kindliche Hypotonie und distinkte faziale Auffälligkeiten (z.B. Brachy(mikro)cephalie, Mittelgesichtshypoplasie, Synophrys, Makroglossie, Hypertelorismus). Die meisten Betroffenen zeigen schwere Sprachentwicklungsverzögerungen, wobei das Sprachverständnis meist gut ausgeprägt ist und eine nonverbale Kommunikation ermöglicht. Desweiteren wurden weitere klinische Auffälligkeiten in unterschiedlicher Ausprägung wie z.B. congenitale Herzfehler (ca. 50%), Nieren/Urogenitaltrakt-Defekte, Genitalauffälligkeiten im männlichen Geschlecht und schwere respiratorische Infektionen (eher bei Patienten mit Deletionen ≥3 Mb in der Region 9q34.3) beschrieben. In ca. 10-20% der Patienten zeigen sich epileptische Anfälle, Schlafstörungen, autistische Züge in der Kindheit sowie extreme Apathie oder katatonische Verhaltensweisen nach der Pubertät (Stewart et al. 2004; Yatsenko et al. 2005; Kleefstra et al. 2006; Kleefstra et al. 2009).

Bisher sind ca. 125 Patienten in der Literatur beschrieben, von denen ca. 80% eine Mikrodeletion über EHMT1 in 9q34.4 und die anderen 20% intergenische Mutationen des EHMT1-Gens aufweisen. Die Penetranz wird mit annährend 100% beschrieben; alle Patienten mit Haploinsuffizienz des EHMT1 Gens (Inaktivierung eines EHMT1 Allels) zeigen klinische Auffälligkeiten, wobei die Ausprägung und Schwere der Auffälligkeiten zwischen den Patienten variiert. Genotyp-Phänotyp Studien weisen darauf hin, dass Patienten mit intergenischen Mutationen und kleinen Deletionen (< 3 Mb) – wie auch bei unserem Patient – sehr ähnliche klinische Auffälligkeiten zeigen und möglicherweise eine mildere mentale Retardierung aufweisen (Yatsenko et al. 2005; Kleefstra et al. 2009).