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Milde Hämophilie: Klinisch relevant aber leicht zu übersehen
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Veröffentlicht: | 17. April 2013 |
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Fallbericht: Ein 2-jähriger Junge wurde in unsere Notfallambulanz überwiesen bei zunehmender Schwellung der Zunge und Verdacht auf einen lingualen Fremdkörper. Sechs Tage zuvor hatte sich ein unbeobachteter Sturz vom Kindertisch ereignet mit anschließender Blutung aus einer Verletzung im Bereich der Zungenmitte. In den Folgetagen kam es wiederholt zu nächtlichen Nachblutungen sowie einem wachsenden, sich hart tastenden Hämatom mit beginnenden Beschwerden beim Sprechen und bei der Nahrungsaufnahme. Anamnestisch waren in der Vergangenheit keine vermehrten Blutungszeichen aufgetreten, und auch die Familienanamnese ergab keine Hinweise auf eine erbliche Gerinnungsstörung. Klinisch zeigte sich ein haselnussgroßes, reizloses Hämatom mittig auf der Zunge ohne weitere (Schleim-) Hautblutungen bei der körperlichen Untersuchung; Atmung und Schluckakt waren nicht beeinträchtigt. In der ausführlichen Gerinnungsdiagnostik zeigten sich als pathologische Werte eine verlängerte PTT von 52 sec sowie eine auf 28% verringerte Aktivität des Faktors VIII, so dass die Diagnose einer milden Hämophilie A gestellt werden konnte. Unter einer 3-tägigen Faktor VIII-Substitutionstherapie sowie der supportiven Gabe von Tranexamsäure zeigte sich der Befund zügig rückläufig und der Junge konnte beschwerdefrei entlassen werden.
Schlussfolgerung: Bei einer vermehrten Nachblutung nach einer Verletzung sollte frühzeitig an eine Koagulopathie gedacht und die zielführende Gerinnungsdiagnostik durchgeführt werden.
Eine unauffällige persönliche und Familienanamnese bezüglich einer Blutungsneigung schließt die Diagnose einer insbesondere für Operationen relevanten Gerinnungsstörung nicht aus.