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Malignomverdacht des Lides – stimmt die klinische Verdachtsdiagnose?
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Veröffentlicht: | 7. November 2022 |
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Hintergrund: Maligne Neoplasien der Lider können verschiedensten Ursprungs sein. Sie manifestieren sich auf unterschiedliche Art und Weise. Häufig ist der klinische Befund einer eindeutigen Ätiologie zuzuordnen, es gibt jedoch auch Fälle, bei denen sich die Verdachtsdiagnose nicht bestätigt.
Methodik: Dargestellt wird eine Falldemonstration einer 73-jährigen Patientin mit Erstdiagnose eines Adenokarzinoms des Unterlides.
Ergebnisse: Die Patientin stellte sich mit einer soliden, erythematösen und krustigen Neubildung des Unterlides von 13 x 7 mm vor. Diese bestünde seit zirka drei Monaten. Eine Oxytetracyclin-Prednisolon-Augensalbe habe keine Besserung erbracht. Bei Erstvorstellung in unserer Ambulanz wurde aufgrund der knotigen, krustigen Beschaffenheit des Tumors der dringende Verdacht eines Malignoms geäußert. Es folgte eine Tumorexzision mit Histologie. Hier zeigte sich ein sekretorisches Karzinom primär kutanen oder sekundären Ursprungs aus Speicheldrüse oder Mamma. Da es in Klinik und Bildgebung (Multislice-CT und MRT Kopf/Hals jeweils nativ und mit Kontrastmittel sowie in der PET-CT Körperstamm und Kopf) keinen Anhalt für einen Primarius in Speicheldrüse oder Mamma gab, wird von einem primär kutanen Tumor ausgegangen. Immunhistochemisch wurde eine geringe bis mäßige NTRK3-Fusion nachgewiesen. Mit der Nachresektion konnte eine Entfernung im Gesunden erreicht werden. Zudem wurden eine Tränenwegsrekonstruktion mit Ringintubat und Kanalikulusplastik und eine Defektdeckung mit tarsokonjunktivaler Verschiebeplastik nach Hughes mit freiem Hauttransplantat aus dem ipsilateralen Oberlid durchgeführt. Im Verlauf stellte sich der Lokalbefund reizarm dar, die Hughes-Plastik wurde vier Wochen nach der initialen Operation wiedereröffnet.
Schlussfolgerungen: Hautveränderungen im Bereich der Augen werden bei älteren Patienten oft erst spät bemerkt und häufig fälschlicherweise als normale Altersveränderung eingestuft. Die dermatologische oder ophthalmologische Vorstellung erfolgt meist erst mit Verzögerung. Dadurch kommt es zu Therapieverzögerungen, die auch ein schlechteres Outcome nach sich ziehen. Deshalb sind regelmäßige ophthalmologische Kontrollen des periorbitalen Integuments unabdingbar. Jeder suspekte Befund sollte bioptiert werden. Das Adenokarzinom des Lides ist als Differentialdiagnose zu Basalzell- und Plattenepithelkarzinomen sowie solider entzündlicher Läsionen in Betracht zu ziehen.