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Modulation von Energiemetabolismus und oxidativem Stress in Müller-Zellen durch Wasserstoffperoxid
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Veröffentlicht: | 3. September 2018 |
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Hintergrund: Oxidativer Stress und mitochondriale Dysfunktion werden als Faktoren in der Pathogenese neurodegenerativer Erkrankungen, u.a. der Retina als Teil des zentralen Nervensystems, angesehen. Anhand eines Modellversuches wurde der Einfluss von Wasserstoffperoxid (H2O2) auf den Redoxzustand, die NADH-Proteinbindung und das mitochondriale Membranpotential von Müller-Zellen untersucht.
Methoden: Zellkulturen permanenter humaner Müller-Zellen (MIO-M1) wurden einer zweistündigen H2O2-Exposition in den Konzentrationen von 75 µM und 150 µM ausgesetzt. Die Messung der Fluoreszenzlebenszeiten (FLIM) der Mitochondrien in den Zellen erfolgte zwei Stunden nach H2O2-Exposition durch Zwei-Photonen-Mikroskopie (Anregungswellenlänge 740nm). In den mit 150 μM H2O2 behandelten Kulturen wurden eine Stunde nach Entfernung von H2O2 aus dem Medium weitere FLIM-Messungen durchgeführt. Die Zellvitalität wurde mit Calcein AM (Thermo Fisher) getestet. Das mitochondriale Membranpotential wurde mit JC-10 getestet, einem monomeren Farbstoff, der potentialabhängig in der Mitochondrienmatrix aggregiert.
Ergebnisse: Die zweistündige H2O2-Exposition führte nicht zu einer Beeinträchtigung der Zellvitalität der Müller-Zellen. Das Verhältnis der Fluoreszenzintensität von Flavin zu NADH änderte sich bei beiden H2O2-Konzentrationen nicht. Die mittleren Lebenszeiten zwischen Kontrollen, welche nicht gegenüber H2O2 exponiert waren, und exponierten Proben gegenüber 150 µM H2O2 waren signifikant verschieden (972±63 ps vs. 1152±64 ps, p=0.014). Eine Stunde nach Entfernung von H2O2 aus dem Medium waren die Werte rückläufig und näherten sich wieder denen der Kontrolle an (983±36 ps). Es konnte eine Hyperpolarisation der Mitochondrienmembran durch eine Exposition der Müller-Zellen gegenüber 150 µM H2O2 nachgewiesen werden.
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse lassen vermuten, dass die Exposition von Müller-Zellen gegenüber H2O2 für zwei Stunden in einer reversiblen Verschiebung von freiem zu proteingebundenem NADH in Mitochondrien trotz apparent unverändertem Redox-Verhältnis resultiert. Die induzierte Hyperpolarisation der inneren Mitochondrienmembran und die erhaltene Zellvitalität belegen klar die bekannte Resistenz der Müller-Zellen gegenüber akutem zellulären Stress. Das Besondere hierbei scheint, dass Müller Zellen eine relativ große Zahl an Mitochondrien als ATP-Reserve vorrätig halten, die bei akutem Stress mit erhöhtem ATP-Bedarf aktiviert werden können.