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185. Versammlung des Vereins Rheinisch-Westfälischer Augenärzte

Verein Rheinisch-Westfälischer Augenärzte

27.01. - 28.01.2023, Essen

Erweiterte Enukleation bei Retinoblastomaugen mit langstreckiger Optikusinfiltration

Meeting Abstract

  • Eva Biewald - Essen
  • M. Stöhr - Essen
  • T. Kiefer - Essen
  • S. Baum - Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie, Kliniken Essen-Mitte, Essen
  • Ch. Mohr - Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie, Kliniken Essen-Mitte, Essen
  • P. Ketteler - Kinderonkologie, Universitätsklinikum Essen
  • S. Schönberger - Kinderonkologie, Universitätsklinikum Essen
  • S. Ting - Klinik für Kinderheilkunde III, Institut für Radiologie, Universitätsklinikum Essen
  • S. Göricke - Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Essen
  • N. Bornfeld - Essen
  • N. E. Bechrakis - Essen

Verein Rheinisch-Westfälischer Augenärzte. 185. Versammlung des Vereins Rheinisch-Westfälischer Augenärzte. Essen, 27.-28.01.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23rwa53

doi: 10.3205/23rwa53, urn:nbn:de:0183-23rwa530

Veröffentlicht: 3. Februar 2023

© 2023 Biewald et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Eine in der präoperativen Bildgebung vermutete langstreckige Optikusinfiltration stellt eine schwerwiegende Komplikation in der Therapie fortgeschrittener Retinoblastomaugen dar. Eine Tumorinfiltration am Absetzungsbereich des N. Opticus verschlechtert die Prognose massiv und stellt einen bekannten Risikofaktor für eine metastasierende Erkrankung dar. Die erweiterte primäre Enukleation ermöglicht neben der kontrollierten, langstreckigen Absetzung des N. opticus gleichfalls die exakte Bestimmung der Tumorausdehnung mit der Möglichkeit eines adäquaten adjuvanten Therapiemanagments und einer angemessenen Überwachung.

Methoden: Über den Untersuchungszeitraum von November 2017 bis Dezember 2021 analysierten wir alle gemeinschaftlich mit der MKG durchgeführten erweiterten Enukleationen von Retinoblastomaugen mit vermuteter langstreckiger Optikusinfiltration. Es wurden zunächst die gängigen Operationsschritte der Enukleation durchgeführt und alle Augenmuskeln am Bulbus abgesetzt. Im weiteren Verlauf erfolgten der Bügelschnitt und die Darstellung der lateralen Orbitawand durch die Kollegen der MKG. Nach lateraler Orbitotomie wurde der Sehnerv kontrolliert in der Tiefe abgesetzt. Der Bulbus wurde dann nach vorne hinaus luxiert, ein Implantat eingesetzt und die Zugangswege verschlossen.

Ergebnisse: Wir konnten insgesamt 8 unilateral fortgeschrittene Retinoblastomaugen (Gruppe E) mit oben beschriebener Operationstechnik behandeln. Das Durchschnittsalter lag bei 27 Monaten (2–41 Monate). In 3 Fällen wurde eine präoperative Chemoreduktion durchgeführt, in 5 Fällen wurde direkt enukleiert. In der Gruppe der neoadjuvant therapierten Augen fand sich in keinem Fall eine nachzuweisende Tumorinfiltration des N. opticus. In der Gruppe der primär enukleierten Augen zeigte sich lediglich in 3 der 5 in der Bildgebung vermuteten Optikusinfiltrationen tatsächlich einen postlaminären Befall des Sehnerven. Bei einem durchschnittlichen Absetzungsrand von 11,7 mm (7–13mm) war in allen Fällen kein Tumorzellnachweis am Schnittrand zu finden. Der Absetzungsrand war in allen Fällen tumorfrei. Keines der behandelten Kinder wurde einer adjuvanten Bestrahlung unterzogen, insgesamt 5 der betroffenen Kinder zeigten eine Indikation für eine adjuvante Chemotherapie. Im weiteren Verlauf entwickelte 1 Kind eine leptomeningeale Aussaat und verstarb.

Schlussfolgerungen: Die erweiterte Enukleation unbehandelter Retinoblastomaugen über eine laterale Orbitotomie erlaubt die exakte histopathologische Analyse des extraokularen Tumorwachstums und ist damit den bildmorphologischen Aspekten einer vermuteten Optikusinfiltration weit überlegen. Somit kann eine stadiengerechte adjuvante Therapie durchgeführt werden, ohne ein „downstaging“ nach vorheriger Chemotherapie in die Überlegungen miteinbeziehen zu müssen. Des Weiteren wird mit der erweiterten Operationstechnik die Absetzung des Nervus opticus kontrolliert durchgeführt, so dass hier das Risiko einer Tumorzellinfiltration des Schnittrands gleichfalls minimiert wird.