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182. Versammlung des Vereins Rheinisch-Westfälischer Augenärzte

Verein Rheinisch-Westfälischer Augenärzte

31.01. - 01.02.2020, Münster

Die unbedachte Gefahr: der schmerzlose Fremdkörper

Meeting Abstract

  • Sarah Barbara Zwingelberg - Köln
  • P. Hamrah - Boston/GB
  • A. Hamprecht - Universitätsklinik Köln Mikrobiologisches Institut
  • S. Walker - Universitätsklinik Köln Mikrobiologisches Institut
  • B. Bachmann - Köln
  • C. Cursiefen - Köln
  • S. Roters - Köln

Verein Rheinisch-Westfälischer Augenärzte. 182. Versammlung des Vereins Rheinisch-Westfälischer Augenärzte. Münster, 31.01.-01.02.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20rwa87

doi: 10.3205/20rwa87, urn:nbn:de:0183-20rwa871

Veröffentlicht: 29. April 2020

© 2020 Zwingelberg et al.
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Gliederung

Text

Notfallmäßige Vorstellung von einem neun Jahre alten Patienten, der sich mit schmerzlosem Fremdkörper und Visusminderung vorstellte. Es zeigte sich ein Infiltrat am linken Auge unklarer Genese. Daraufhin wurde eine Breitspektrum-Antibiose als topische Therapie eingeleitet. Es erfolgten im Verlauf mehrere Untersuchungen bei ausbleibender Befundverbesserung. In der mikrobiologischen Diagnostik wurde letztendlich der aggressive Pathogen Rhizopus oryzae festgestellt. Es handelt sich dabei um einen Schimmelpilz, der als Saprophyt im Erdboden und in faulender Vegetation vorkommt. In der nachträglich spezifisch erhobenen Anamnese konnte evaluiert werden, dass eine Woche vor Beginn der Symptomatik eine botanische Expedition in einem Waldstück nahe Köln stattgefunden hat. R. oryzae wird u.a. in der Synthese organischer Verbindungen in der chemischen Industrie und der Pharmazie sowie in der asiatischen Alkoholindustrie eingesetzt. Beim Menschen stellt er einen opportunistischen pathogenen Erreger dar, der eine Mucormykose zur Folge hat. Die häufigsten Formen sind die pulmonale Mukormykose und die rhinozerebrale Mukormykose, v.a. bei immunkompromittierten Patienten sowie bei Patienten mit schlecht eingestellten Diabetes mellitus. Haut-/Weichteilinfektionen kommen insbesondere nach Trauma vor, auch bei immunkompetenten Patienten wie im hier präsentierten Fall. Kennzeichnend für R. oryzae ist eine invasive und aggressive Ausbreitung der Hyphen in das umgebende Blutsystem, die bis zum Organversagen führen. Aufgrund des isolierten cornealen Befundes bei unserem Patienten und der Avaskularität der Cornea war dieses Risiko initial gemindert. Eine systemische Therapie mit liposomalen Amphotericin B ist in der Regel indiziert.

Fazit: Bei unklarem kornealen Befund sollte stets eine engmaschige Kontrolle und nach Möglichkeit eine genaue Anamnese erfolgen, vor allem, wenn der ursprüngliche Trigger nicht evaluiert werden kann. Entscheidend war in diesem Fall ein scharfer mikrobiologischer Abstrich zur Erregeridentifikation. Eine späte mikrobiologische Diagnostik stellt einen häufigen Fehler in der Präanalytik dar, der die Diagnose zum Teil über Wochen verzögern kann. Schimmelpilze lassen sich meist bei normalen Abstrichen (ohne Abrasio) nicht nachweisen, hierdurch kann die Diagnose verzögert werden. Bei Rhizopus oryzae handelt es sich um einen seltenen, jedoch hoch aggressiven Erreger.