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Kongressbericht: Volkskrankheit Rückenschmerz – neue Sichtweisen

Seminar des Arbeitskreises Sportmedizin der Akademie für ärztliche Fortbildung und Weiterbildung der Landesärztekammer Hessen

Bad Nauheim, 05.06.2004

Volkskrankheit Rückenschmerz: neue Sichtweisen

Common illness backache: new ways of looking at

Kongressbericht

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  • corresponding author Gerd Hoffmann - Arbeitskreis Sportmedizin der Akademie für ärztliche Fortbildung und Weiterbildung der Landesärztekammer Hessen; Johann Wolfgang Goethe-Universität, Institut für Sportwissenschaften, Frankfurt am Main, Germany
  • author Ingeborg Siegfried - Arbeitskreis Sportmedizin der Akademie für ärztliche Fortbildung und Weiterbildung der Landesärztekammer Hessen, Biebertal, Germany

Arbeitskreis Sportmedizin der Akademie für ärztliche Fortbildung und Weiterbildung der Landesärztekammer Hessen. Seminar des Arbeitskreises Sportmedizin der Akademie für ärztliche Fortbildung und Weiterbildung der Landesärztekammer Hessen. Bad Nauheim, 05.-05.06.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc04ruecken1

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/ruecken2004/04ruecken1.shtml

Eingereicht: 31. März 2005
Veröffentlicht: 25. April 2005

© 2005 Hoffmann et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Ziel des Seminars war es, für die "Volkskrankheit Rückenschmerz" vom sportorthopädisch-traumatologisch-sportmedizinischen, vom internistischen, vom schmerztherapeutisch-neurochirurgischen und vom physiotherapeutischen Standpunkt aus neue, auf physiologisch-pathophysiologischen Kenntnissen basierende Sichtweisen mit Relevanz für Prävention und Therapie des verbreiteten Problems Rückenschmerz zu präsentieren.

Der Rückenschmerz als Folge der biomechanischen Besonderheit des "Zweibeiners" im Zeitalter der Hypomobilisation und Hyperalimentation - Lendenwirbelsäulen- und Halswirbelsäulen-Beschwerden (Dr. med. Udo Schreiber, Frankfurt am Main): Der Rückenschmerz - besonders der tiefe Rückenschmerz - des Menschen ist wahrscheinlich meist durch eine Fehlstatik verursacht. In Deutschland beträgt die Inzidenz von Rückenschmerzen während des Lebens fast 80%. Dr. Schreiber legte dar, dass die anatomische Längendifferenz der Beine zu verschiedenen Pathologien im Halte- und Bewegungsapparat führt. Die pathologischen Veränderungen - z.B. transversaler Schub auf das Ileosakralgelenk - treten meistens auf der längeren Beinseite mit einer Skoliose der Wirbelsäule mit erhöhten Druckbelastungen auf der Konkavseite der Skoliose in den Bandscheiben und mit typischen Blockaden in den verschiedenen Wirbelsäulensegmenten auf. Sinnvolle Diagnostik beinhaltet Anamnese und umfangreiche klinische Untersuchung zum Erkennen von Funktionsdefiziten anstelle von nur bildgebender Diagnostik. Sinnvolle Therapien sind - neben analgetischen Therapien, wie manueller Therapie, Matrix-Rhythmus-Therapie, wassergefiltertem Infrarot A (wIRA), Ohrakupunktur, Magnetfeldresonanztherapie, Mikrostromtherapie, Injektionstherapie - vor allem die therapeutisch-präventiven Maßnahmen Dehnen verkürzter Muskulatur und partieller Ausgleich von Beinlängendifferenzen. Wirtschaftlich gesehen verursacht die Fehlstatik immense indirekte und direkte Krankheitskosten, wobei die aufgezeigten sinnvollen Therapien zielführend und zugleich kostengünstig sind.

Ein ganzheitliches Therapiekonzept mit Matrix-Rhythmus-Therapie, Hyperthermie, Sauerstoff und Entsäuerung - Therapie von muskulo-skelettalen Beschwerden (Dr. med. Bernhard Dickreiter, Nordrach): Die Kosten zur Behandlung von Rückenschmerzen belasten in den vergangenen Jahren zunehmend die Krankenkassen durch Diagnose- und Therapiekosten sowie die Betriebe durch Ausfallzeiten. Rückenschulkonzepte der vergangenen Jahre zeigen aus Sicht von Dr. Dickreiter nicht den gewünschten Effekt. Vielversprechende neue Sichtweisen für den Umgang mit diesem Krankheitsbild ergeben sich aus den aktuellen Ergebnissen der zellbiologischen Grundlagenforschungen und dem daraus resultierenden neuen "Matrix-Therapie-Konzept": Die Ursache der muskulo-skelettalen Beschwerden im Sinne eines myofaszialen, myo-ischämisch-azidotischen und myotendinitischen Schmerzsyndroms wird in der Verspannung der Muskulatur mit einer Energiekrise auf zellulärer Ebene gesehen. Beim neuen Therapiekonzept steht nicht eine Therapiefülle wie bisher im Vordergrund, sondern ein auf Effektivität ausgerichtetes modulares Konzept, welches die zellbiologischen Prozesse auf extrazellulärer Matrixebene gezielt beeinflusst. Wesentliche Bestandteile des Konzepts sind die Matrix-Rhythmus-Therapie als tiefenwirksame Mikroextensionstechnik, die lokale Wärme mit wassergefiltertem Infrarot A (wIRA) bzw. die Infrarot-Ganzkörperhyperthermie, die körperliche Bewegung zur lokalen Verbesserung der Sauerstoffversorgung, die Sauerstofftherapie einschließlich Hyperbarer Oxygenation (HBO) und die orthomolekulare Substitution und "gesunde" Ernährung.

Konservative, interventionelle und operative Verfahren aus der Sicht des Schmerztherapeuten und Neurochirurgen: Stellenwert im Hinblick auf ein integriertes Behandlungskonzept (Dr. med. Volker Ritzel, Offenbach am Main): Mit einem interdisziplinären Therapiekonzept (Hausarzt; Orthopädie, Neurochirurgie, Schmerztherapie, Krankengymnastik/Physiotherapie, Psychotherapie) multimodal mit Nutzung konservativer, interventioneller und operativer Verfahren können heute Rückenschmerzen erfolgreich behandelt werden. Dabei ist besonders auf eine rechtzeitige suffiziente Therapie Wert zu legen (u.a. protektive, antizipierende Analgesie), um die Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses mit Chronifizierung und Verselbstständigung des Schmerzes zu vermeiden. Zu den konservativen Therapiemöglichkeiten gehören neben einer medikamentösen Schmerztherapie nach dem WHO-Stufenschema die Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS), Physiotherapie, Psychotherapie, übende Verfahren (Progressive Muskelentspannung nach Jakobsen, Autogenes Training, Göttinger Rücken-Aktiv-Programm GRAP), Ergotherapie, Akupunktur und Balneotherapie. Weitere schmerztherapeutisch-neurochirurgische Verfahren sind die therapeutische Lokalanästhesie, CT-gesteuerte Verfahren, die perkutane Laser-Diskus-Dekompression, denervierende Verfahren, die endoskopische Sequestrektomie, die Vertebroplastie, offen-operative Verfahren, die mikrochirurgische Dekompression sowie Implantatverfahren wie die minimal-invasive zervikale und lumbale Spondylodese. Ambulante/Praxisklinische Operationen können heute in einer neurochirurgischen Praxisklinik im Rahmen des modernen Konzepts der Integrationsversorgung erfolgen.

Rückenschule zur primären, sekundären und tertiären Prävention - Lebensstiländerung, Krankengymnastik/Physiotherapie - im Zeitalter integrierter ambulanter Versorgung (Monika Kremer, Frankfurt am Main): Moderne Therapiestrategien bevorzugen - soweit möglich - ein konservatives gegenüber einem operativen Vorgehen, ein aktives gegenüber einem passiven, ein multimodales gegenüber einem monotherapeutischen Vorgehen. Bewegungs- und trainingstherapeutische Maßnahmen (z.B. Erweiterte Ambulante Physiotherapie EAP als Komplextherapie mit den Bestandteilen Krankengymnastik/Physiotherapie, Physikalische Therapie und Medizinische Trainingstherapie MTT) sind wichtige Bestandteile moderner Rückenkonzepte. Die Arbeitsplatzsituation wird besonders berücksichtigt mit zunehmender Integration von Ergonomie-Trainingsprogrammen. Der Begriff "Präventive Rückenschule" umfasst die Vermittlung und Anwendung wirkungsvoller Alltagsstrategien zur Vermeidung hoher Rückenbelastungen, um der Entwicklung funktioneller und degenerativer Krankheiten vornehmlich im Bereich der Wirbelsäule einschließlich muskulärer Dysbalancen vorzubeugen. Hierzu gehört ein rückengerechtes Alltagsverhalten (z.B. richtiges körpernahes Heben und Tragen). Besonders effektiv sind aktive Trainingsformen zum Muskelaufbau und zur Verbesserung der Ausdauer in Kombination mit verhaltensorientierten Trainingsprogrammen mit dem Ziel der Steigerung von Wohlbefinden und Lebensqualität. Erläutert werden das Konzept des Forschungs- und Präventionszentrums Köln (FPZ), das Kieser-Training, das Baunataler Rücken-Konzept (BRK) und das tergumed®-Rückenkonzept. Häufig können Rückenschmerzen durch rückengerechte Verhaltensweisen sowie präventives und rehabilitatives Rückentraining vermieden werden oder es kann nach ihrem Auftreten rehabilitativ wieder ein schmerzfreier stabiler Gesundheitszustand erreicht werden.

Schlüsselwörter: Rückenschmerzen, anatomische Beinlängendifferenz, Beckenschiefstand, Skoliose, Fehlstatik, Wirbelgelenkblockaden, klinische Untersuchung, Funktionsdefizite, Bildgebung, Abweichungen, pathologische Veränderungen, Pathophysiologie, Therapie, multimodale Therapie, manuelle Therapie, wassergefiltertes Infrarot A (wIRA), Matrix-Rhythmus-Therapie, Ohrakupunktur, Magnetfeldresonanztherapie, Mikrostromtherapie, Injektionstherapie, Dehnen verkürzter Muskulatur, Hyperthermie, Infrarot-Ganzkörperhyperthermie, Sauerstoff, Hyperbare Oxygenation (HBO), Entsäuerung, myofasziales, myo-ischämisch-azidotisches, myotendinitisches Schmerzsyndrom, Schmerztherapie, Neurochirurgie, Krankengymnastik, Physiotherapie, Psychotherapie, konservative, interventionelle und operative Verfahren, Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS), therapeutische Lokalanästhesie, Computer-Tomographie (CT) gesteuerte Verfahren, perkutane Laser-Diskus-Dekompression, denervierende Verfahren, endoskopische Sequestrektomie, Vertebroplastie, offen-operative Verfahren, mikrochirurgische Dekompression, Implantatverfahren, minimal-invasive zervikale und lumbale Spondylodese, ambulante/praxisklinische Operationen, neurochirurgische Praxisklinik, Integrationsversorgung/integrierte ambulante Versorgung, präventive Rückenschule, primäre, sekundäre, tertiäre Prävention, Lebensstiländerung, bewegungs-/trainingstherapeutische Maßnahmen, muskuläre Dysbalancen, verhaltensorientierte Trainingsprogramme, Lebensqualität, Rückentraining

Abstract

Objective of the seminar was to present for the common illness backache from the sports orthopaedic, traumatologic, sports medical, from the internal, from the pain therapeutic, neurosurgical and from the physiotherapeutic point of view new ways of looking at, based on physiologic, pathophysiologic knowledge, with relevance for prevention and therapy of the common problem backache.

The low back pain as a result of the special quality of the "biped" in the time of hypomobilization and hyperalimentation - lumbar and cervical spine complaints (Udo Schreiber, MD, Frankfurt/Main): The back pain - especially the low back pain - is probably mostly caused by static disorders. In Germany the incidence of back pain within a lifetime is nearly 80 %. Dr. Schreiber explained that the anatomical length difference of the legs leads to a variety of pathological situations in the musculo-sceletal system. The pathologic changes - for instance transversal push to the ileosacral joint - mostly appear at the side of the longer leg with a scoliosis of the spinal column with increased pressure loads on the concave side of the scoliosis in the intervertebral disks and with typical blockings in different vertebral segments. Adequate diagnosis includes anamnesis and extensive clinical examination to recognize functional deficits instead of only imaging diagnostics. Useful therapies are - besides analgetic therapies, like manual therapy, matrix rhythm therapy, water-filtered infrared A (wIRA), ear acupuncture, magnetic field resonance therapy, micro current therapy, injection therapy - primarily the therapeutic preventive procedures stretching of shortened musculature and partial compensation of leg length differences. From an economical point of view static disorders cause immense indirect and direct disease costs, whereas the described adequate therapies are effective as well as economical.

A holistic therapy concept with matrix rhythm therapy, hyperthermia, oxygen and anti-acidification - therapy of musculo-sceletal disorders (Bernhard Dickreiter, MD, Nordrach): The costs for the treatment of back pain burden the health insurance companies by diagnostic and therapy costs as well as the companies by sick-times increasingly in the past years. From the point of view of Dr. Dickreiter back school concepts of the past years have not shown the desired effects. Promising new aspects of handling of this clinical picture arise from the current results of the cellbiological basic researches and the new "matrix therapy concept" derived from it: The cause of the musculo-sceletal complaints in the sense of a myo-fascial, myo-ischemic-acidotic and myo-tendinitic pain syndrome is seen in the hardening of the musculature with an energy crisis at a cellular level. Within the new therapy concept there is not an abundance of treatments in the center of attention as before, but a modular concept in line with effectiveness, which affects the cellbiological processes especially at the extracellular matrix level. Essential parts of the concept are the matrix rhythm therapy as depth effective micro extension method, the local warming by water-filtered infrared A (wIRA) or the infrared whole body hyperthermia, the physical activity for the local improvement of oxygen supply, the oxygen therapy including hyperbaric oxygen therapy (HBO) and the orthomolecular substitution and "healthy" nutrition.

Conservative, interventional and operative procedures from the point of view of the pain therapist and neurosurgeon: Place value with regard to an integrated medical treatment concept (Volker Ritzel, MD, Offenbach/Main): Backache can be treated successfully with an interdisciplinary therapy concept (general practitioner; orthopedics, neurosurgery, analgesic therapy, physiotherapy, psychotherapy) multimodal with use of conservative, interventional and operative procedures today. Special emphasis has to be laid on a sufficient therapy on time (among others protective, anticipating analgesia) to avoid the development of a pain memory with chronification of the pain and becoming independent from causes. Besides a drug based analgesic therapy in accordance with the WHO step scheme the transcutaneous electrical nerve stimulation (TENS), physiotherapy, psychotherapy, practicing procedures (progressive muscle relaxation by Jakobsen, autogenous training, Göttingen active back program GRAP), ergotherapy, acupuncture and balneotherapy belong to the conservative therapy possibilities. Further pain therapeutic, neurosurgical procedures are the therapeutic regional anesthesia, computed tomography controlled procedures, the percutaneous laser disk decompression, denervational procedures, the endoscopic sequestrectomy, the vertebroplasty, open operative procedures, the microsurgical decompression as well as implant procedures as the minimal-invasive cervical and lumbar spondylodesis. Today, outpatient procedures can be carried out in neurosurgical clinics in the context of a modern integrated care program.

Back school for primary, secondary and tertiary prevention - lifestyle change, physiotherapy - in the age of integrated ambulatory care (Monika Kremer, Frankfurt am Main): Modern therapy strategies prefer - as far as possible - a conservative instead of an operative procedure, an active instead of a passive, a multimodal instead of a monotherapeutic procedure. Activities of motion and training therapy (e.g. extended ambulatory physiotherapy EAP as a complex therapy with the components physiotherapy, physical therapy and medical training therapy MTT) are important parts of modern back concepts. The working place conditions are taken into account particularly with an increasing integration of ergonomics training programs. The concept "preventive back school" covers the arrangement and application of effective everyday strategies to avoid great strain on the back to prevent the development of functional and degenerative diseases especially in the area of the spinal column including muscular dysbalances. An everyday behavior suitable for the back (e.g. correct lifting and carrying near the body) is included. Particularly effective are active training programs for the improvement of musculature and endurance in combination with behavior oriented training programs with the objective to improve well-being and quality of life. The concept of the Research and Prevention Center Cologne (FPZ), the Kieser-training, the Baunatal back concept (BRK) and the tergumed® back concept are explained. Frequently backache can be avoided by behaviors suitable for the back and by preventive and rehabilitative back training or a painless stable health status can be reached again in a rehabilitative sense after its occurrence.

Keywords: back pain, anatomic length difference of the legs, pelvic obliquity, scoliosis, impaired statics, vertebral joint blockings, clinical examination, function deficits, imaging, deviations, pathologic changes, pathophysiology, therapy, multimodal therapy, manual therapy, water-filtered infrared A (wIRA), matrix rhythm therapy, ear acupuncture, magnetic field resonance therapy, micro current therapy, injection therapy, stretching of shortened musculature, hyperthermia, infrared whole body hyperthermia, oxygen, hyperbaric oxygen therapy (HBO), anti-acidification, myofascial, myo-ischemic-acidotic, myotendinitic pain syndrome, analgesic therapy, neurosurgery, physiotherapy, psychotherapy, conservative, interventional and operative procedures, transcutaneous electrical nerve stimulation (TENS), therapeutic regional anesthesia, computed tomography (CT) controlled procedures, percutaneous laser disk decompression, denervating procedures, endoscopic sequestrectomy, vertebroplasty, open operative procedures, microsurgical decompression, implant procedures, minimal invasive cervical and lumbar spondylodesis, outpatient procedures, neurosurgical clinics, integrated ambulatory care, preventive back school, primary, secondary, tertiary prevention, lifestyle change, motion/training therapeutic procedures, muscular dysbalances, behavior oriented training programs, quality of life, back training


Der Rückenschmerz als Folge der biomechanischen Besonderheit des "Zweibeiners" im Zeitalter der Hypomobilisation und Hyperalimentation - Lendenwirbelsäulen- und Halswirbelsäulen-Beschwerden (Dr. med. Udo Schreiber, Frankfurt am Main)

Warum ist der Rückenschmerz derzeit ein Problem?

Angegeben wird [1]:

• Ca. 80% der Bevölkerung leiden irgendwann in ihrem Leben daran.

• Der Rückenschmerz stellt derzeit das Gesundheitsproblem Nr.1 dar.

• Bei jedem 10. Patienten wird der akute Schmerz chronisch.

• Ein Drittel der Krankschreibungen wird durch Muskel- und Skeletterkrankungen verursacht - dabei ist der Rückenschmerz dominant.

• 40% aller Arbeitsausfälle sind durch Rückenschmerzen bedingt.

• 2/3 der Rentenanträge erfolgen aufgrund von chronischen Rückenschmerzen.

• 1999 waren in Deutschland 20 Millionen Menschen wegen Rückenschmerzen in Behandlung.

• Das verursacht für die Kostenträger Ausgaben in Milliarden.

Was wird derzeit allgemein als Ursache für den Rückenschmerz angesehen?

• zu wenig Bewegung

• zu oft Operationen an Strukturschäden (Bandscheibe, Knochen) ohne Erfolg, ohne das Leiden durch körperliche Untersuchung Funktionsdefiziten zuzuordnen, die keine Operation erfordern (Strukturbetrachtung ohne ausreichende Funktionsbetrachtung)

• viel Stress und seelische Belastungen (u. a. Mobbing) mit Verspannungen und Dysharmonie der verschiedenen Körperfunktionen einschließlich muskulärer Dysbalancen

• langes und "ungesundes" Sitzen, Autofahren, einseitiges rückenbelastendes Arbeiten [2]

Die Medien befassen sich immer öfter mit dem eigentlich ungelösten medizinischen Problem und informieren zunehmend auch über bisher weniger bekannte Therapien.

Wie erfolgt derzeit die Diagnostik?

Aus der Sicht von Dr. Schreiber:

• vorwiegend apparativ-strukturbezogen (Röntgen, Computer-Tomographie CT und Magnet-Resonanz-Tomographie MRT) (s. Abbildung 1 [Abb. 1])

Wie sollte die Diagnostik betrieben werden?

Vorschlag von Dr. Schreiber:

• zunächst Erhebung einer genauen Anamnese

• danach eingehende, umfangreiche körperliche Untersuchung, z.B. gesamter Halte- und Stützapparat, Gelenk- und Fußstellung unter Körperbelastung, Beachtung der Körperkonturen im Stehen und Sitzen (s. Abbildung 2 [Abb. 2]), wobei der klinisch-funktionellen Untersuchung häufig mehr Bedeutung als einer messenden Anthropometrie [3] zukommt

• Erfassen der Belastungsspuren, wie Hornhautbildung auf der Fußsohle, auf eventuell getragenen Einlagen und auf der Schuhsohle, Feststellen und Lokalisation von Schmerzpunkten und Muskelverkürzungen sowie Kapselschrumpfungen

Ergebnis bei fast allen untersuchten Patienten

• Die Körperstatik ist offenbar entscheidender beim Entstehen von Rückenschmerzen als bisher angenommen!

Warum ist die Körperstatik wesentlich bei Rückenschmerzen?

• Dr. Schreiber hat bei der Angabe von Rückenschmerzen in der Anamnese fast immer eine anatomische Beinlängendifferenz mit einer statisch bedingten Skoliose und einer veränderten Statik im Beckenbereich - Ileosakralgelenk (ISG) - gefunden. Das längere Bein ("Bergbein") wird beim Gehen und Laufen prozentual mehr belastet als das kürzere Bein ("Talbein"). Dadurch entstehen offenbar bekannte Verschleißerkrankungen, wie Gonarthrose, Coxarthrose [4] (evtl. auch die Osteochondrosis dissecans) u.a. (Stehen belastet dagegen mehr das kürzere Bein, Stehen erfolgt typischerweise auf dem kürzeren Bein, das "lange"/"zu lange" Bein wird im Stehen häufig etwas nach vorne oder zur Seite "weggestellt" oder um das kürzere Bein "gelegt".) Auch Beinlängendifferenzen von deutlich weniger als einem Zentimeter sind häufig funktionell relevant.

• Durch diese Fehlstatik entsteht meist auf der "langen" Beinseite ein biomechanisch bedingter transversaler Schub auf das Ileosakralgelenk, wodurch Funktionsstörungen (Blockaden oder Entzündungen, "Sakroileitis") in diesem Gelenk ausgelöst werden. Sie sind "ischiasähnlich", aber nicht durch den Nerv bedingt [5], [6].

• Die statische Skoliose verursacht unterschiedliche Druckverhältnisse in den elastischen Bandscheibenetagen. So kann davon ausgegangen werden, dass auf der jeweiligen Konkavseite ein größerer Druck herrscht, der - über längere Zeit bestehend - zu einer Zermürbung des Faserringes führt und damit dem Gallertkern eine Richtung zum Austreten (Protrusio, Prolaps) vorgibt [7]. In der jeweiligen lateralsten Ausbiegung der Wirbelsäule entstehen die manualmedizinisch bekannten Wirbelrotationen (Rotationsskoliose, s. Abbildung 1 [Abb. 1]).

• Weiter nach kranial entsteht auch eine Fehlstatik der Halswirbelsäule (HWS). Dabei ist oft zu beobachten, dass eine Schulter (meist die auf der längeren Beinachse) höher steht als die andere (deshalb wird eine auf der Schulter getragene Tasche fast ausschließlich auf der "höheren" Seite getragen). Anatomisch kommt es auch hier zu den oben beschriebenen konkavseitigen Überbelastungen und auch zu sekundären Weichteilveränderungen, wie Längenveränderungen des M. trapezius (Verkürzung auf der Seite der "hohen Schulter" (kleinerer Winkel zwischen Hals- und Schulterkontur) und Verlängerung auf der Seite der "tiefen Schulter" (größerer Winkel zwischen Hals- und Schulterkontur, s. Abbildung 3 [Abb. 3]). Der Kopf steht dabei entweder senkrecht oder er wird schmerzbedingt zur Entlastung zur verlängerten Trapeziusseite gekippt.

• Diese Myalgien können durch Trigger points und Meridianpunkte (Gallemeridian = GB 21) nachgewiesen werden. Auch hier entstehen Rotationsskoliosen, die oft - wie auch in anderen Wirbelsäulenregionen - eine manuelle oder osteopathische Therapie erfordern (s. Abbildung 4 [Abb. 4]) [8].

• Alle Schmerzen und Funktionsstörungen am Körper können auch über eine Akupressur an den Ohren oder über Fußreflexzonenareale nachgewiesen werden.

Wie ist die Therapie bei diesen statisch bedingten Rückenschmerzen durchzuführen?

Grundsätze

• Ziel der ersten Behandlung sollte immer der Hauptschmerzpunkt sein:

a) ISG-Blockade oder -itis,

b) Torsionsblockaden der Wirbelsäulenabschnitte - meist Brustwirbelsäule oder Halswirbelsäule [2], [8],

c) Myotendinosen - M. trapezius oder M. gluteus medius oder M. piriformis oder andere Außenrotatoren.

• Die Therapie muss zunächst immer den Hauptschmerz beseitigen und danach erst die weiteren Schmerzpunkte.

• Anzustreben ist eine kausale und nicht nur eine symptomatische Therapie.

• Eine medikamentöse Schmerztherapie sollte möglichst nur begleitend oder als Ultima ratio erfolgen.

Analgetische Therapien

Ein Teil dieser Therapien wirkt auch kausal:

• Manuelle Therapie

• Matrix-Rhythmus-Therapie

• Wassergefiltertes Infrarot A (wIRA) (der natürlichen Sonnenwärme nachempfunden [9], [10], [11])

• Ohrakupunktur

• Magnetfeldresonanztherapie

• Mikrostromtherapie

• Injektionstherapie (allgemein oder lokal)

Kausale therapeutisch-präventive Maßnahmen

• Dehnen/Stretchen der verkürzten Muskulatur (Dies ist muskelphysiologisch von genereller Bedeutung [12], da sich jeder Muskel aktiv nur verkürzen, aber nicht verlängern kann. Dehnen/Stretchen kann präventiv, regenerativ und rehabilitativ eingesetzt werden [13], auch im Hinblick auf die Verbesserung der viskoelastischen Eigenschaften der Sehnen [14] bei mit zunehmendem Alter abnehmender Muskel-/Sehnenelastizität [15] zur Unterstützung erwünschter trainingsgestützter Adaptationen [16].)

• Teilweiser Ausgleich der Beinlängendifferenz auf der kürzeren Beinseite - immer erst nach Probelauf, um die je nach Alter noch tolerable Höhe zu ermitteln (s. Abbildung 5 [Abb. 5]). Aufgrund der im Laufe des Lebens zunehmenden Fixierung der Fehlstatik mit abnehmender Readaptationsfähigkeit kann die metrisch im Stehen ermittelte Beinlängendifferenz typischerweise nicht komplett ausgeglichen werden, sondern meist davon nur die Hälfte oder ein Drittel.

Wirtschaftliche Aspekte

Wirtschaftlich gesehen verursacht die Fehlstatik immense indirekte und direkte Krankheitskosten, wobei die aufgezeigten sinnvollen Therapien zielführender und zugleich kostengünstiger als die bisher übliche stark strukturbezogene diagnostische und therapeutische Vorgehensweise sind. Da in der heutigen Zeit die aufgezeigten sinnvollen Maßnahmen kaum noch von den Krankenkassen getragen werden, ist meist nur eine Vergütung als IGeL-Leistung möglich.

Fazit

• Fast immer ist der Mensch durch die vorgegebene "Zweibeinigkeit" statisch auf eine Zwei-Punkt-Unterstützung angewiesen.

• Die Untersuchungen von Dr. Schreiber über einen Zeitraum von etwa 10 Jahren zeigen, dass bei Rückenbeschwerden meist eine Fehlstatik vorliegt.

• Die statischen Ursachen sind bisher offenbar zu wenig berücksichtigt worden.

• Die Diagnostik beinhaltet bisher vorwiegend bildgebende Verfahren. Diese ermöglichen allein jedoch nur in geringem Maße eine Diagnosestellung. Erst eine genaue Anamnese und ein diffiziler klinischer Befund ermöglichen eine bewertende Zusammenführung des Bildes (Struktur!) mit der Untersuchung (Funktion!). Dr. Schreiber ist der Auffassung, dass zur Zeit ärztlich-klinisch kaum oder zu wenig untersucht wird (aus Zeitmangel und/oder wegen nicht mehr vorhandener ausgefeilter klinischer Untersuchungsfertigkeiten). Dadurch kann die Medizin in eine fast ausschließliche Strukturmedizin abgleiten. Für das Erreichen des Therapieziels ausschlaggebend ist eine exakte Diagnose, die nur durch das intensive Einbeziehen der Funktionsmedizin möglich ist. Für eine erfolgreiche, möglichst kausale Therapie sollte - auch aus wirtschaftlichen Gründen - die bisher häufig stark strukturbezogene Medizin um die Funktionsmedizin ergänzt werden!

• Dann kann sogar mit einfacheren und wesentlich wirtschaftlicheren, aber bisher weniger berücksichtigten Methoden die Prävention und Therapie erfolgen und der Rückenschmerz muss keine "Volkskrankheit" mehr sein!


Ein ganzheitliches Therapiekonzept mit Matrix-Rhythmus-Therapie, Hyperthermie, Sauerstoff und Entsäuerung - Therapie von muskulo-skelettalen Beschwerden (Dr. med. Bernhard Dickreiter, Nordrach)

Epidemiologische Bedeutung

Muskulo-skelettale Beschwerden haben heute den Charakter eines Volksleidens erreicht.

Die direkten Kosten für die akute Therapie, für die Arbeitsunfähigkeitszeiten und für die Frühberentung belaufen sich auf zweistellige Milliardenbeträge.

Diagnostische Aspekte

In vorderster Einsatzlinie der Diagnostik stehen das Röntgen, die Computertomographie, die Kernspintomographie und die Sonographie. Damit können in der Regel nur strukturelle Veränderungen entdeckt werden.

Prozessstörungen, insbesondere im Bereich des Zellstoffwechsels (Muskelzelle, Bindegewebszelle, Nervenzelle, Fibrozyten etc.) bleiben dabei verborgen.

Viele Patienten haben erhebliche Schmerzen ohne feststellbare Strukturveränderungen.

Umgekehrt weisen sehr viele Menschen zum Teil erhebliche degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule auf, ohne wesentliche Schmerzsymptomatik.

Somit besteht beim Rückenschmerz oft das Dilemma:

• Was ist die klare Diagnose?

• Was sind letztendlich die Ursachen für diese häufig geklagten Beschwerden?

• Was geschieht hier auf zellulärer Ebene?

Der erhöhte Muskeltonus

Vielfältige Einflüsse auf die Muskulatur, wie z.B. einseitige Überforderung, generalisierter Bewegungsmangel, mechanische Irritation, Einwirkungen von Kälte und Nässe, psychosozialer Stress, führen letztendlich immer zu einem Hypertonus der tonischen Muskulatur. Diese Muskelverspannungen führen zu Durchblutungsstörungen der kleinsten Kapillaren mit nachfolgender Hypoxie. Durch die mangelnde Sauerstoffversorgung der einzelnen Zellen der Muskulatur und des Bindegewebes kommt es letztendlich zu einem Energiedefizit auf zellulärer Ebene mit vermehrter Laktatbildung.

In dieser pathophysiologischen Kausalkette, die in der Literatur immer öfter und deutlicher hervorgehoben wird, ist eine wesentliche Ursache der Schmerzen zu sehen [17].

Was reizt die Schmerzrezeptoren?

1. Der myofasziale Schmerz

Durch einen erhöhten Muskeltonus kommt es zu einer Verspannung der Muskelfaszie. Durch diesen begleitenden erhöhten Faszientonus werden Nerven, die durch die Faszie durchtreten, regelrecht eingeklemmt.

2. Der myoazidotische Schmerz

Infolge der lokalen Ischämie in der verspannten Muskulatur wird durch die unzureichende Sauerstoffversorgung (regionale Hypoxie) der Muskelzellen Laktat gebildet. Dies führt in kleinsten Muskelbezirken zu einer lokalen Azidose und damit zur Reizung von Schmerzrezeptoren.

3. Der myotendinitische Schmerz

Durch den Muskelhypertonus entsteht ein permanent vermehrter Zug an den Sehnenansätzen. Als Folge entstehen entzündliche Schwellungen und mangelnde Entsorgung von abtransportpflichtigen Substanzen.

Dies ergibt in der Gesamtschau das Bild des myofaszialen, des myo-ischämisch-azidotischen und des myotendinitischen Schmerzsyndroms.

Der Energieverbrauch der Muskelzellen

Häufig wird aus Sicht von Dr. Dickreiter die Kontraktion der Muskelfasern auch in Fachkreisen noch als der überwiegend energieverbrauchende Prozess angesehen. Auf ein Aktionspotential folgt die Depolarisation der neuromuskulären Endplatte mit einer Kontraktion der Muskelzelle. Die anschließende Wiederherstellung der alten Ordnung, das heißt die Repolarisation und damit Entspannung der Muskelzelle, ist der eigentliche energieverbrauchende Prozess [18]. ATP ist somit in erster Linie notwendig zur Herstellung des entspannten Bereitschaftsfunktionszustandes. Der Weichmacher der Muskulatur ist das ATP.

Die Ursache der muskulo-skelettalen Beschwerden liegt in der Verspannung der Muskulatur mit einer Energiekrise auf zellulärer Ebene.

Die Energiekrisenhypothese ist zur Zeit das anerkannte pathophysiologische Konzept des myofaszialen, des myoazidotischen und des myotendinitischen Schmerzsyndroms. Aus der Energiekrise resultieren Kontraktionsrückstände mit Verkürzungen und entsprechender Strukturanomalie. Klinisch werden sie als Triggerpunkte bezeichnet, die kontrahierten Muskelfasern oder kontrahierten Teilen von Muskelfasern entsprechen. Dies führt neben viskoelastischen Veränderungen im Muskelgewebe auch zu schmerzhaften intramuskulären Dysbalancen. Therapeutische Ansätze müssen hier einwirken, um den Energiestoffwechsel auf zellulärer Ebene wieder umfassend zu normalisieren.

Therapeutische Konsequenzen

• Benötigt wird eine sanfte Extension der Muskulatur mit Aufdehnung der Faszie zur Entlastung der Durchtrittsstelle für die Nerven

• Einkopplung einer kohärenten zellulären Rhythmik zur langfristigen Stabilisierung der regelrechten extrazellulären Zirkulation für eine Reinigung der extrazellulären Matrix zur Optimierung der Selbstheilungskräfte

• Detonisierung der Muskulatur zur raschen Verbesserung der Perfusionsverhältnisse und damit der Sauerstoffversorgung der Muskeln und Bindegewebszellen durch tiefenwirksame Wärme.

Diese Überlegungen münden in ein zellbiologisches Therapiekonzept zur Optimierung des Zelle-Millieu-Systems und des Zellstoffwechsels. Zu den Bausteinen dieses Konzeptes gehören:

• die Matrix-Rhythmus-Therapie, eine tiefenwirksame Mikroextensionstechnik (Abbildung 6 [Abb. 6]) [17], [19], [20], [21], [22], [23], [24], [25],

• die lokale Wärme mit wassergefiltertem Infrarot A (wIRA) (Abbildung 7 [Abb. 7] und Abbildung 8 [Abb. 8]) [26], [27], [28] bzw. die Infrarot-Ganzkörperhyperthermie,

• die körperliche Bewegung zur lokalen Verbesserung der Sauerstoffversorgung, die Sauerstofftherapie einschließlich Hyperbarer Oxygenation (HBO),

• die orthomolekulare Substitution und "gesunde" Ernährung.

Aus diesem Grundkonzept im Sinne einer zellbiologischen Basistherapie können anschließend nach erfolgter Sanierung des Zellmillieus wenige aber deutlich wirksamere physiotherapeutische Maßnahmen, wie Krankengymnastik, Ergotherapie, Entspannungsverfahren oder andere physikalisch-balneologische Anwendungen, ihre Wirkung letztendlich voll entfalten (Abbildung 9 [Abb. 9]).

Fazit

• Die Ursache der muskulo-skelettalen Beschwerden im Sinne eines myofaszialen, myo-ischämisch-azidotischen und myotendinitischen Schmerzsyndroms wird in der Verspannung der Muskulatur mit einer Energiekrise auf zellulärer Ebene gesehen.

• Wesentliche Bestandteile des ganzheitlichen, modular aufgebauten Therapiekonzepts sind die Matrix-Rhythmus-Therapie als tiefenwirksame Mikroextensionstechnik, die lokale Wärme mit wassergefiltertem Infrarot A (wIRA) bzw. die Infrarot-Ganzkörperhyperthermie, die körperliche Bewegung zur lokalen Verbesserung der Sauerstoffversorgung, die Sauerstofftherapie einschließlich Hyperbarer Oxygenation (HBO) und die orthomolekulare Substitution und "gesunde" Ernährung.


Konservative, interventionelle und operative Verfahren aus der Sicht des Schmerztherapeuten und Neurochirurgen: Stellenwert im Hinblick auf ein integriertes Behandlungskonzept (Dr. med. Volker Ritzel, Offenbach am Main)

Definition des Schmerzes

• Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewebsschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung umschrieben wird (International Association for the Study of Pain).

Die beiden Komponenten der Schmerzempfindung

• somato-sensorisch ("schneidend, brennend")

• negativ-affektiv ("quälend, beängstigend")

Chronischer Schmerz

Chronischer Schmerz ist charakterisiert durch

• Dauer von mehr als 3 - 6 Monaten

• erfolglose kausale Behandlung

• Störungen von a) Verhalten und b) Erleben

Chronische Schmerzen führen zu einem Krankheitsverhalten mit

• psychosozialer Inaktivität

• Schonung

• Hinwendung auf das Schmerzmanagement

Schmerzen können zur Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses und damit zu einer Verselbstständigung des Schmerzes (Weiterbestehen des Schmerzes auch nach Wegfall der eigentlichen Schmerzursache) führen:

Mechanismen bei der Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses

• "Wind-Up-Phänomen" (NMDA-Rezeptoren)

• "Immediate Early Genes" (z.B. Umbau der Synapse, Aussprossung von neuralen Elementen)

Schmerzkategorien

Nach dem "Mixed Pain Concept" wird von einem Überschneidungsbereich zwischen den beiden Grundformen

• "Nozizeptor-Schmerz" und

• "Neuropathischer Schmerz"

ausgegangen.

Grundprinzipien der Schmerztherapie

Prinzip der "Protektiven Analgesie"

Um die Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses zu vermeiden, ist nach dem Prinzip der "Protektiven Analgesie" zu verfahren:

• Schmerzen frühzeitig und wirkungsvoll behandeln! Auch operativ!

Interdisziplinäres Behandlungskonzept von Schmerzen

Es sollen einbezogen werden:

• Hausarzt

• Spezialdisziplin (Orthopädie/Chirotherapie, Neurochirurgie, Schmerztherapie)

• Krankengymnastik/Physiotherapie

• Psychotherapie

WHO-Stufenschema der medikamentösen Schmerztherapie bei chronischen Schmerzen

• Stufe I: Mäßige Schmerzen: Peripher wirkende Analgetika (Nicht-Opioide)

• Stufe II: Starke Schmerzen: Peripher wirkende Analgetika + niederpotente zentral wirkende Analgetika

• Stufe III: Stärkste Schmerzen: Peripher wirkende Analgetika + hochpotente zentral wirkende Analgetika

Grundprinzipien der medikamentösen Schmerztherapie

• Antizipierende Analgesie: nächste Schmerzmittelgabe bevor (!) der nächste Schmerz kommt; hieraus folgt:

• Administration by clock: nach einer bestimmten Zeitspanne bzw. zu einer bestimmten Uhrzeit erfolgt die nächste Schmerzmedikation (und nicht erst, wenn wieder Schmerzen auftreten)

• Rescue medication: für den Notfall zusätzliche Bedarfsmedikation

Multimodales Therapiekonzept chronischer Schmerzen

Es wird ein multimodales Therapiekonzept angewandt, d.h., es werden verschiedene Therapiemöglichkeiten miteinander kombiniert. Dies sind insbesondere:

• Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS)

• Physiotherapie

• Psychotherapie

• Übende Verfahren (Progressive Muskelentspannung nach Jakobsen, Autogenes Training, Göttinger Rücken-Intensiv-Programm GRIP, Göttinger Rücken-Aktiv-Programm GRAP)

• Ergotherapie

• Akupunktur

• Balneotherapie

Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS)

Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Wirkungsweise I

• Gate-Control-Theorie (Aktivierung schmerzhemmender Systeme auf Rückenmarksebene)

• Anwendung: Segmentale Stimulation (60-150 Hz)

Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Wirkungsweise II

• Vermehrte Freisetzung körpereigener schmerzhemmender Neurotransmitter oder Hormone respektive vasoaktiver Polypeptide

• Anwendung: nicht-segmentale Stimulation (1-4 Hz)

Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Vorteile

• nicht-invasiv

• nebenwirkungsarm

• Kosten sparend

• durch den Patienten einfach handhabbar

• keine Inaktivierung des Patienten

• Reduzierung der Schmerzmitteleinnahme

Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Limitierungen des Einsatzes

• eingeschränkte Verwendbarkeit bei einem implantierten Demand-Schrittmacher

• Muskelkontraktionen

• Elektrodenverbrennung

• Allergien

• Non-Compliance

Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Indikationen

• Muskulo-skelettale Schmerzen

• Posttraumatische Schmerzen

• Stumpf- oder Phantomschmerzen

• Schmerzen bei Durchblutungsstörungen

• Karzinom- oder karzinombegleitende Schmerzen

• Neuralgien

Beispiele für Elektrodenpositionen für eine Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) zeigt die Abbildung 10 [Abb. 10].

Beispiele für TENS-Stimulationsprogramme, die die unterschiedlichen Wirkungsweisen verschiedener Stimulationsfrequenzen berücksichtigen und nutzen, gibt die Abbildung 11 [Abb. 11].

Therapeutische Lokalanästhesie

• epidurale Steroidinjektion

• Nerven- oder Nervenwurzelblockade

• therapeutische Spinalanalgesie

• Sympathikusblockade (gegebenenfalls Computer-Tomographie-gesteuert = CT-gesteuert)

• Facetteninfiltration (CT-gesteuert)

• Triggerpunktinfiltration

Computer-Tomographie-gesteuerte Schmerztherapie

• CT-gesteuerte Wurzelinfiltration

• CT-gesteuerte Gelenkinfiltration

• CT-gesteuerte Alkoholblockade

• sonstige Injektionstechniken

Beispiele für CT-gesteuerte Schmerztherapie zeigt die Abbildung 12 A-D [Abb. 12].

Perkutane Laser-Diskus-Dekompression

• radikulärer Schmerz oder Entlastungslumbalgie

• kein höhergradiges oder rasch progredientes Defizit

• kein Sequesterhinweis

• kein knöcherner Engpass

• erfolglose konservative Therapie (4 Wochen)

Beispiele für die perkutane Laser-Diskus-Dekompression zeigt die Abbildung 13 A-D [Abb. 13].

Denervierende Verfahren

Gemeint sind nicht denervierende Verfahren im klassischen eigentlichen Sinn (also z.B. gezielte operative Unterbrechung von Nervenfasern, z.B. Trigeminusexhairese etc., wie sie inzwischen verlassen worden sind).

• perkutane Denervierung von Wirbelgelenken

• immer nach vorheriger Testanalgesie

• technische Möglichkeiten:

a) Absoluter Alkohol

b) Nd-Yag-Laser

c) Kryodenervierung

d) Thermogesteuerte Denervierung

Computer-Tomographie-gesteuerte endoskopische Sequestrektomie

• lateraler oder extraforaminaler Sequester

• Sequester in Höhe der Flavumlücke

• radikulärer Schmerz

• kein höhergradiges oder rasch progredientes Defizit

• kein knöcherner Engpass

Beispiele für die CT-gesteuerte endoskopische Sequestrektomie zeigt die Abbildung 14 A-D [Abb. 14].

Endoskopie: Nachteile

• Operationsrisiko vergleichbar mit offener Operation

• hoher zeitlicher und apparativer Aufwand

• nicht durchführbar bei schwerster Kompression

• begrenzter Zugangsweg

Endoskopie: Vorteile

• geringe Invasivität

• ambulanter Eingriff

• keine relevante Vernarbung/Instabilität

• kurze Dauer der Arbeitsunfähigkeit

Vertebroplastie

• interventionelle Methode bei frischen osteoporotischen Kompressions- bzw. Sinterungsfrakturen

• sofortige Stabilisierung und Höhenkorrektur

• deutliche Verkürzung eines stationären Aufenthaltes

• Risiko: Festkörperembolie

Offen-operative Verfahren

• Sequestrektomie und Nukleotomie, gegebenenfalls mit Radikulolyse, Wurzeldekompression

• zervikale Diskektomie, Sequestrektomie und Spondylodese

• stabilisierende Verfahren (Fixateur intern, intradiskale Interponate etc.)

Mikrochirurgische Dekompression

• radikulärer Schmerz

• vorhandenes bzw. progredientes Defizit

• fortgeschrittene Diskopathie/Sequester

• Engpass

• konservative Therapieresistenz

Implantologie

Die Abbildung 15 A [Abb. 15] zeigt Beispiele für Implantate, die Abbildung 15 B-C [Abb. 15] korrekte Implantatsitze minimal-invasiver zervikaler Spondylodesen.

Minimal-invasive lumbale Spondylodese

Sie ist geeignet für die Versorgung von

• erstgradigen Gleitvorgängen

• Segmentinstabilitäten

• Zweitrezidiven nach lumbaler Bandscheibenoperation

• "Segmentkollaps"

Die Abbildung 15 D [Abb. 15] zeigt einen korrekten Implantatsitz einer minimal-invasiven lumbalen Spondylodese.

Ambulante/Praxisklinische Operationen

Sie sind weitgehend altersunabhängig durchführbar, es müssen aber die folgenden Punkte berücksichtigt werden:

• Allgemeinzustand und Begleiterkrankungen

• zu erwartender intraoperativer Befund

• häusliche und familiäre Situation

Das moderne Konzept der Integrationsversorgung

• geregelt nach § 140 a ff. Sozialgesetzbuch SGB V (Gesundheitsmodernisierungsgesetz GMG 2004)

• modular aufgebaute Versorgungsweise

• gemeinsame Leistungserbringung Klinikum, Praxisklinik, Vertragsarzt

• Fachgruppen- und sektorenübergreifender Versorgungsansatz

• Einbeziehung nichtärztlicher Leistungserbringer

• Qualitätsmanagement

Struktur einer neurochirurgischen Praxisklinik

Die Struktur einer neurochirurgischen Praxisklinik ist in der Abbildung 16 [Abb. 16] dargestellt.

"Medizinisches Versorgungszentrum"

Den prinzipiellen Aufbau eines "Medizinischen Versorgungszentrums" im Rahmen der Integrationsversorgung zeigt Abbildung 17 [Abb. 17].

Fazit

Mit einem interdisziplinären Therapiekonzept und Nutzung konservativer, interventioneller und operativer Verfahren können heute Rückenschmerzen erfolgreich behandelt werden. Dabei ist besonders auf eine rechtzeitige suffiziente Therapie Wert zu legen, um die Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses mit Chronifizierung und Verselbstständigung des Schmerzes zu vermeiden.


Rückenschule zur primären, sekundären und tertiären Prävention - Lebensstiländerung, Krankengymnastik/Physiotherapie - im Zeitalter integrierter ambulanter Versorgung (Monika Kremer, Frankfurt am Main)

Einleitende Aspekte

• Jeder Dritte erwachsene Bundesbürger leidet unter Rückenbeschwerden!

• Die Wirbelsäule ist zur zentralen Schwachstelle des Bewegungsapparates geworden!

• Jeder zweite Besuch beim Orthopäden erfolgt aufgrund von Rückenbeschwerden!

• Der Bewegungsapparat ist auf Bewegung ausgerichtet.

Das Rückenschmerzproblem

Angegeben wird u.a. bei [1]:

• Objektive Zahlen, Daten und Fakten belegen: Die Indikation Rückenschmerz stellt in Deutschland aktuell das Gesundheitsproblem Nr.1 dar.

• Die durch das Rückenproblem verursachten volkswirtschaftlichen Gesamtkosten betragen in Deutschland 8-9 Mrd. € pro Jahr.

• Es gibt Millionen Betroffene, deren Lebensqualität durch den Rückenschmerz beeinträchtigt ist: 80 % der Bevölkerung haben mindestens einmal im Leben Rückenschmerzen, 40 % der Arbeitsunfähigkeitstage sind auf Rückenschmerzen zurückzuführen.

• Das Vorgehen in der Nachbehandlung ist nur wenig standardisiert.

Subjektive Folgen - Teufelskreis Rückenschmerz

Schmerz führt zu einem Vermeiden körperlicher Aktivität, hieraus erwachsen körperliche Beeinträchtigungen (Kraft - Koordination - Ausdauer - Beweglichkeit; Calciumabbau der Knochen u.a.), dies hat auch psychosoziale Auswirkungen (sozialer Rückzug, emotionale Beeinträchtigungen), die Folge ist eine Beeinträchtigung der Lebensqualität, es kommt zu einer Schmerzverstärkung: Teufelskreis Rückenschmerz.

Aktueller Stand der Therapie

• konservativ statt operativ

• aktiv statt passiv: "Functional Restoration" (Funktionelle Wiederherstellung)

• multimodal statt monotherapeutisch

• bewegungs- und trainingstherapeutische Maßnahmen (z.B. Erweiterte Ambulante Physiotherapie EAP als Komplextherapie mit den Bestandteilen Krankengymnastik/Physiotherapie, Physikalische Therapie und Medizinische Trainingstherapie MTT) sind wichtige Bestandteile moderner Rückenkonzepte

• besondere Berücksichtigung der Arbeitsplatzsituation

• zunehmende Integration von Ergonomie-Trainingsprogrammen ("Work Conditioning", "Work Hardening")

"Präventive Rückenschule"

Der Begriff "Präventive Rückenschule" umfasst die Vermittlung und Anwendung wirkungsvoller Alltagsstrategien zur Vermeidung hoher Rückenbelastungen, um der Entwicklung funktioneller und degenerativer Krankheiten vornehmlich im Bereich der Wirbelsäule vorzubeugen [29], [30], [31].

Veränderung der Lebensbedingungen

Im Zeitalter zunehmender Technisierung und Automatisierung der menschlichen Lebensumgebung haben sich die auf den Menschen einwirkenden Belastungen zunehmend schneller verändert. Einseitige Belastung, Überbelastung und Bewegungsmangel treten oftmals an die Stelle gesundheitsfördernder regelmäßiger Bewegung und muskulärer Beanspruchung. Mögliche Folgen sind u.a. muskuläre Dysbalancen.

Prävention besteht aus drei Stufen

Primäre Prävention, d.h. Ausschaltung von gesundheitsschädigenden Faktoren und aktives Nutzen von gesundheitsförderlichen Faktoren, z.B. ökonomische, das Körpersystem fördernde Maßnahmen erlernen und im täglichen Leben einsetzen, wie Rückenschule, richtige Ernährung, Entspannungsmethoden etc. [29], [30], [31]

Sekundäre Prävention, d.h. Vorsorge und Früherkennung durchführen

Tertiäre Prävention, d.h. Begrenzung bzw. Ausgleich von Krankheitsfolgen, z.B. Rehabilitation.

Die Krankengymnastik/Physiotherapie ist in der primären, sekundären und tertiären Stufe einsetzbar bzw. unverzichtbar [32].

Effekte eines Rückentrainings

Effekte eines Rückentrainings: Präventive Ziele

• Vorbeugung von Rückenbeschwerden

• Vorbeugung gegen Bandscheibendegeneration und Bandscheibenvorfälle BSV

• Vorbeugung gegen Osteoporose speziell der Wirbelsäule

• Vorbeugung gegen altersbedingten Haltungsverfall und erhöhte Wirbelsäulenbelastung infolge altersbedingter Körpergewichtszunahme in Verbindung mit abnehmender Muskelkraft

• Kräftigung der Muskulatur und Verbesserung der aktiven und passiven Beweglichkeit

• Reduzierung der Wirbelsäulenbelastung bei Arbeit, Sport und Freizeit

• Es kann eine größere Anzahl an Sportarten gefahrloser durchgeführt werden.

• Zugang zu einem sportlichen Lebensstil

Effekte eines Rückentrainings: Rehabilitative Ziele

• Linderung von Rückenbeschwerden bzw. Erreichen von Schmerzfreiheit

• Reduzierung der Notwendigkeit der Einnahme von Medikamenten, der Arztbesuche und der krankengymnastischen/physiotherapeutischen Behandlungen

• Ausgleich muskulärer Dysbalancen und Wiederherstellung eines belastungsfähigen Bewegungsapparates

• Verbesserung des Selbstbewusstseins durch die Erweiterung von Bewegungsmöglichkeiten und Tätigkeitsbereichen mit verbesserter beruflicher Einsatzfähigkeit

Rückengerechtes Alltagsverhalten

Richtiges Sitzen

• Sitzhaltung in aufrechter Position, bei der die Wirbelsäule ihre physiologische Form behält

• Das Becken ist leicht nach vorne gekippt.

• Die Oberschenkel sind geöffnet und leicht abgesenkt.

Richtiges Liegen

• Die physiologische Form der Wirbelsäule sollte in Rücken- oder Seitenlage erhalten bleiben.

Richtiges Bücken, Heben und Tragen

• leichte Schrittstellung, mit geradem Rücken aus der Hocke

• Gewicht nah am Körper halten (Körperkontakt)

Die Wirbelsäule wird beim Bücken, Heben und Tragen stark belastet. Die zu tragende Last soll so nahe wie möglich am Körper gehalten werden. Man kann auch die Last am gebeugten Oberschenkel abstützen. Danach kann die Last weiter bei gestreckten Beinen getragen werden. "Falsches Heben" erfolgt mit starker Beugung des Oberkörpers. Besser ist es, immer den Oberkörper gestreckt zu lassen.

Beim Tragen ist es wichtig, sich nicht von der Last beugen zu lassen [29], [30].

Belastungsfaktor Sitzen

An Bildschirmarbeitsplätzen wird 80 bis 85 Prozent der täglichen Arbeitszeit gesessen. Sitzen beansprucht die Wirbelsäule und die Rückenmuskulatur stärker als Stehen oder Gehen. Beim Stehen ist die Bandscheibe der Lendenwirbelsäule einem Druck von 100 Prozent ausgesetzt, beim geraden Sitzen steigert sich das auf 140 Prozent, beim Sitzen in vorgebeugter Haltung sogar auf 190 Prozent. Stufenlagerung bietet dagegen optimale Entlastung mit nur 35% der Belastung beim Stehen.

"Krankengymnastische Rückenschule"

Die meist von Krankengymnasten/Physiotherapeuten durchgeführte Rückenschule [29], [30] beinhaltet unter anderem Stemmübungen nach Brunkow [33]: z.B.

• in der Rückenlage mit angewinkelten Beinen und auf den Boden aufgesetzten Füßen,

• in der Rückenlage mit angehobenem Kopf und mit angehobenen gestreckten Armen und angezogenen Füßen,

• in Rechts-Seitenlage mit Hand- und Ellenbogenstütz und abgehobenem Becken in isometrischer Körperspannung (der gehaltene Kopf muss in der Verlängerung der Wirbelsäule eine Linie bilden),

• und "Vierfüßlerstand" mit Streckung des rechten Armes und linken Beines (diagonale Phase) (auch hier muss der Kopf in der Verlängerung der Wirbelsäule eine Linie bilden).

Sinnvolle Therapiekonzepte

• Therapiekonzepte, die verschiedene Therapieformen sinnvoll miteinander verbinden (multimodal), haben sich in der Behandlung von Rückenpatienten als wirksam erwiesen und zeigen die besten Langzeitergebnisse.

• Als besonders effektiv hat sich dabei die Verbindung von aktiven Trainingsformen zum Muskelaufbau und zur Verbesserung der Ausdauer in Kombination mit verhaltensorientierten Trainingsprogrammen erwiesen.

Wandel in der Behandlung von Rückenschmerzen

• Die Bewegungs- und Sporttherapie ist wichtiger Bestandteil moderner Rückenkonzepte.

• Apparatives Rückentraining zum Kraftaufbau der Rücken- und Rumpfmuskulatur stellt eine wichtige Komponente multimodaler Behandlungskonzepte dar.

Wohlbefinden und Lebensqualität

Wohlbefinden und Lebensqualität nach dem Motto "Fit und belastbar durch den Alltag" werden durch die drei Säulen Muskelaufbautraining, Ausdauertraining, Verhaltenstraining getragen.

Muskelaufbautraining

• Training von Muskelkraft und Bewegungssteuerung

• Ausgleich von Kraftdefiziten

• Steigerung der Belastbarkeit

• positives Körpergefühl durch Training

Ausdauertraining/Herz-Kreislauf-Training

• Steigerung der Ausdauerleistungsfähigkeit

• Verbesserung der Befindlichkeit

• Abbau von Stresshormonen

• Stärkung des Immunsystems

Verhaltenstraining

• rückengerechte Haltung und Bewegung

• Entspannung und Erholung

• Umgang mit dem Schmerz

• Stressabbau

• Steigerung der Lebensqualität

Verschiedene Rückenkonzepte

• Das FPZ-Konzept

• Das Kieser-Training

• Das Baunataler Rücken-Konzept (BRK)

• Das tergumed®-Rückenkonzept

Das FPZ-Konzept

• Das FPZ-Konzept des Forschungs- und Präventionszentrums Köln (FPZ) arbeitet - auf der Basis von zunächst an Sportstudenten ermittelten Urdaten zum muskulären Status des Rückens - nach eingehender, medizinischer und gerätegestützter Untersuchung einen individuellen, patientenbezogenen Trainingsplan zur Stärkung der Rückenmuskulatur aus.

• Trainingsplan wird an speziellen Trainingsgeräten, die das gezielte Training der Rückenmuskulatur (Rotatoren und Flexoren) gewährleisten, abgearbeitet.

• Die korrekte Umsetzung des Trainingsplans wird von einem Therapeuten, per Hand, in einer 1:1-Betreuung kontrolliert.

• Trainingsbelastung orientiert sich am Trainingsprinzip der Maximalkraftbelastung.

• Nach Beendigung einer Trainingssequenz erfolgt dann eine Abschlussuntersuchung, die die Effizienz des Trainings überprüft.

• Der Patient sollte anschließend mindestens zweimal wöchentlich auf freiwilliger Basis weitertrainieren, um seinen Muskelstatus zu erhalten.

Das Kieser-Training

• Basis ist eine ärztliche Eingangsuntersuchung, jedoch ohne einen gerätegestützten Belastungstest der Rückenmuskulatur.

• individueller Trainingsplan

Plan orientiert sich in Bezug auf die Trainingsintensität an submaximalen bis maximalen Belastungen und bezieht das Training der Ausdauerleistungsfähigkeit auf verschiedenen Herz-Kreislauf-/Ausdauerbelastungs-Geräten (Kardio-Geräten) ein.

• Krafttrainingsgeräte sind nicht auf ein gezieltes Training der Rumpfmuskulatur ausgelegt.

• Sitzposition, Verhalten und muskulärer Einsatz an den jeweiligen Geräten wird dem Patienten während einer Einführungsrunde erklärt, eine weiterführende Betreuung oder gar eine Kontrolle der Trainingseffizienz findet jedoch nicht statt.

Dafür steht das Baunataler Rücken Konzept

• mehr für die Gesundheit: 24 Trainingseinheiten à 90 Minuten:

1: Kennenlernen der Geräte, erstes Training;

2: Erstellen der Eingangsanalyse mit anschließendem Training;

3-12: Dynamisches Kräftigungstraining I;

13: Effizienzkontrolle und Zwischenanalyse;

14-23: Dynamisches Kräftigungstraining II;

24: Abschlussanalyse;

6 Monate später: Nachuntersuchung.

• Initiieren einer Verhaltensprävention

• Zielstellung Verhältnisprävention

• langfristige positive Veränderungen in Alltag, Beruf und Freizeit.

tergumed ® -Rückenkonzept

• Das tergumed®-Rückentrainingskonzept der Firma Proxomed hat einen ganzheitlichen Trainings- und Therapieansatz.

• Das Therapiekonzept wird von der Betriebskrankenkasse (BKK) Hessen finanziell gestützt und gefördert.

• Hier wird im ersten Schritt, auf der Basis einer durch eine Langzeitstudie der Sporthochschule Köln gespeisten und ständig aktualisierten Datenbank zum physikalischen Status bei Rückenbeschwerden, in einer Kombination aus ärztlicher Anamnese und Befundaufnahme, einer mechanischen Testung der Rückenmuskulatur und einer ergometrischen Überprüfung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit ein Übungsprogramm zusammengestellt.

• Neben der Kräftigung der Muskelketten im Oberkörper wird auch die Ausdauer trainiert. Zusätzlich werden die Patienten noch in ein Verhaltenstraining einbezogen, das sich um Problemkreise, wie die Ergonomie des Arbeitsplatzes, wie hebe, sitze, laufe und liege ich richtig, sowie um die Aufarbeitung möglicher psychischer Ursachen von Rückenschmerzen kümmert.

• Die Krafttrainingsgeräte sind so ausgelegt, dass die anzusprechenden Muskeln effektiv angesprochen werden und ein verletzungsintensives Ausweichen des Körpers durch das Fixieren von nicht involvierten Körperteilen vermieden wird.

• Ein 12-Wochen-Programm umfasst eine Aufbauphase von 6 Wochen mit 2 Trainingseinheiten pro Woche und eine Erhaltungsphase mit einer Trainingseinheit pro Woche.

• Weitere Bestandteile des Konzeptes sind eine Zwischen- und Abschlussuntersuchung, mit der die Patienten gleichzeitig einen Trainingsplan für ein freies Training unter Anleitung eines Therapeuten ausgehändigt bekommen.

Fazit

Mit Prävention und Rückentraining kann viel Positives erreicht werden:

Häufig können Rückenschmerzen präventiv vermieden werden oder es kann nach ihrem Auftreten rehabilitativ wieder ein schmerzfreier stabiler Gesundheitszustand erreicht werden.

Krankengymnastisch/Physiotherapeutisch sind rückengerechte Verhaltensweisen sowie präventives und rehabilitatives Rückentraining entscheidende Grundlagen in der Prävention von Rückenbeschwerden.


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