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Die Anamnese bringt’s!
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Veröffentlicht: | 16. Mai 2025 |
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Hintergrund: Die Retinopathie vom Sichelzelltyp, kurz Sichelzellretinopathie, ist eine seltene Organmanifestation im Rahmen einer Sichelzellanämie. Neben anderen systemischen Komplikationen kann die Sichelzellanämie durch ischämische Ereignisse zu bleibenden Endorganschädigungen führen. Die Retina ist durch mögliche Vasookklusionen im Bereich des venösen oder arteriellen Gefäßsystems in Kombination mit einer geringen Hypoxietoleranz besonders gefährdet.
Methoden: Eine 63-jährige Patientin stellte sich notfallmäßig mit einer akuten Visusminderung am rechten Auge vor. Auf Nachfrage bestünden die Beschwerden bereits seit 2–3 Tagen, augenärztliche Vorerkrankungen wurden verneint. Außer einer arteriellen Hypertonie bestünden keine weiteren systemischen Erkrankungen.
Ergebnisse: Bei Aufnahme betrug der Visus rechts Fingerzählen und links 0,63. Der Augeninnendruck und die vorderen Augenabschnitte waren unauffällig. Bei der Fundusuntersuchung wurde der Verdacht auf eine Riesenrissamotio von 11:00 Uhr über 09:00 Uhr bis 07:00 Uhr mit Makula off und begleitender Glaskörperblutung gestellt, sodass eine notfallmäßige operative Versorgung mittels Pars plana Vitrektomie erfolgte.
Intraoperativ konnte eine Amotio sicher ausgeschlossen werden. Aufgrund der zirkulär okkludierten peripheren Gefäße stellte sich in Verbindung mit der Ethnie der Patientin der Verdacht auf eine proliferative Sichelzellretinopathie mit begleitender Glaskörperblutung. Postoperativ berichtete die Patientin dann auf gezielte Nachfrage von einer langjährigen Diagnose einer Sichelzellanämie, die regelmäßig internistisch überwacht werde. In unserer laborchemischen Diagnostik präsentierte sich die, für die Sichelzellanämie typische Konstellation aus Anämie und positiver Anfärbung (Polychromasie) aufgrund einer vermehrten Hämolyse.
In der Weitwinkel-Fluoreszenz-Angiographie des linken Augenhintergrundes war die gesamte periphere Netzhaut avaskulär mit einer proliferativen Leiste als Spätfolge der Sichelzellretinopathie. Es wurde daraufhin eine Laserkoagulation der avaskulären Bereiche durchgeführt. Der Visus steigerte sich postoperativ auf 0,63 am rechten Auge, links blieb er unverändert bei 0,8.
Schlussfolgerung: Dieser Fall unterstreicht die Relevanz einer detaillierten Anamneseerhebung hinsichtlich systemischer Vorerkrankungen. Die Sichelzellanämie kann mit erheblichen ophthalmologischen Komplikationen assoziiert sein. Daher sollten regelmäßige augenärztliche Kontrollen obligater Bestandteil der interdisziplinären Behandlung einer Sichelzellanämie sein.