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Perioperative Therapie in der Glaukomtherapie
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Veröffentlicht: | 4. November 2010 |
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Filtrations-Chirurgie zur Glaukombehandlung kann eine dauerhafte Regulierung des intraokularen Drucks auch ohne antiglaukomatöse Lokaltherapie erreichen. Der dauerhafte Erfolg filtrierender chirurgischer Verfahren ist allerdings von Patientenselektion, präoperativer Therapie und Nachsorge abhängig. Postoperative Probleme, insbesondere die Vernarbung, sind nicht selten für einen Misserfolg maßgeblich. Auch bietet sich in den ersten Wochen nach Filtrations-Chirurgie die Möglichkeit, durch gezielte Einflussnahme den Operationserfolg zu sichern. Entsprechend ist die Nachsorge von übergeordneter Bedeutung.
Präoperativ muss insbesondere das Vernarbungsrisiko abgeschätzt werden, sowie die individuelle Situation in Bezug auf mögliche intraoperative technische Schwierigkeiten evaluiert werden.
Die Kontrolle nach Filtrations-Chirurgie muss unbedingt einerseits den intraokularen Druck, andererseits auch die Morphologie berücksichtigen.
Insbesondere bei postoperativer Bulbushypotonie ist eine Zykloplegie erforderlich. Sollte die Hypotonie im Rahmen einer Überfiltration bedrohliche Ausmaße annehmen, kann mit einer Verbands-Kontaktlinse eine Drosselung des Kammerwasserabflusses erreicht werden. Dazu sind große, recht formstabile Kontaktlinsen verfügbar. Diese haben einen Durchmesser von über 20 Millimetern, so dass sie das gesamte Sickerkissenareal überdecken. Der eigentliche Kompressionsverband, der früher bei Überfiltration häufig Anwendung fand, ist umstritten, da er Druck auf den gesamten Augapfel ausübt und das Risiko eines Kontakts der Linsenvorderfläche mit der Hornhautrückfläche vergrößert. Lässt sich bei Überfiltration keine Stabilisierung des Augeninnendrucks erreichen, kann mit hochviskösen viskoelastischen Substanzen tamponiert werden. Dadurch wird zuverlässig einem vollständigen Verlust der vorderen Augenkammer entgegen gewirkt.
Weitere Maßnahmen bei Überfiltration werden dargestellt.
Während sich hypotone Komplikationen in der Regel durch intraoperative Befundkontrolle vermeiden lassen, sind postoperative Vernarbungen ein schwerwiegenderes Problem. Zur Beurteilung des Vernarbungsrisikos ist sowohl der präoperative Bindehautbefund als auch die postoperative Morphologie von entscheidender Bedeutung. Augen, die bereits präoperativ durch langjährige Anwendung antiglaukomatöser Substanzen relevante Veränderungen der Bindehaut, insbesondere Hyperämie zeigen, sollten medikamentös vorbehandelt werden. Dazu sind diejenigen Augentropfen abzusetzen, die offenkundig unverträglich sind. Die Allergisierungsraten der verschiedenen Wirksubstanzen differieren stark. Insbesondere sind jedoch auch Benzalkoniumchlorid-Allergien häufig Ursache einer chronisch entzündlich veränderten Bindehaut. Ein Umstellen der Lokaltherapie auf konservierungsmittelfreie Antiglaukomatosa verbessert deshalb den entzündlichen Befund der Bindehaut. Insbesondere bei entzündlicher Infiltration der Bindehaut kann die zusätzliche Anwendung unkonservierter Steroide die Operationsprognose günstig beeinflussen. Gerade bei fortgeschrittenen Glaukom-Stadien muss bei Einleitung dieser vorbereitenden Maßnahmen der intraokulare Druck allerdings engmaschig kontrolliert werden.
Bei der Beurteilung der postoperativen Morphologie sollte insbesondere auf folgende Parameter geachtet werden:
- 1.
- Vaskularisation: Die Bindehautgefäße zeigen innerhalb der ersten Tage nach der Operation (inflammatorische Phase) häufig eine Hyperämie. Die Hyperämie sollte jedoch innerhalb der ersten postoperativen Woche rückläufig sein. Bei Verdacht auf eine vorbestehende Allergie sollten möglichst auch postoperativ konservierungsmittelfreie Augentropfen Anwendung finden. In der einige Tage nach der Operation beginnenden proliferativen Phase kann es zu einer Gewebsschrumpfung kommen. Die Bindehautgefäße erscheinen dann vermehrt geschlängelt (Korkenzieher-Gefäße). Vermehrt geschlängelte Gefäße sind ein klarer Parameter einer beginnenden Vernarbung.
- 2.
- Tenon: Meist kommt eine Vernarbung des Filtrationsareals durch Ausbildung einer Tenon-Monozyte zustande. Diese Sicherkissen zeigen eine deutliche Prominenz. Außerdem ist zu beobachten, dass sich bei Ausbildung einer Tenonzyste die darüber liegende Bindehaut gegenüber der Tenon deutlich verschieblich erweist. Auch die Verschieblichkeit der Bindehaut gegenüber der Tenon ist ein klarer Negativ-Parameter und weist auf die Ausbildung einer Tenonzyste hin.
- 3.
- Mikrozysten: Positiv ist dagegen die Ausbildung von Mikrozysten, die einen guten Filtrationseffekt anzeigen. Diese sind insbesondere bei Beurteilung im schmalen Spalt gut zu erkennen.
Grundsätzlich sollten die lokal angewendeten Steroide bei vermehrtem Vernarbungsrisiko, etwa deutlicher Hyperämie, häufiger angewendet werden. Reicht der proliferationshemmende Effekt der lokalen Steroide nicht aus, besteht die Möglichkeit, durch wiederholte subkonjunktivale Injektionen von 5-Fluorouracil die Proliferationshemmung zu intensivieren. Da durch die Antimetabolitengabe eine Epitheliopathie auftreten kann, sollten begleitend benetzende Augentropfen oder Gele Anwendung finden.
Weitere Maßnahmen bei Unterfiltration werden dargestellt.
Wenn es trotz proliferationshemmender Maßnahmen zur Ausbildung einer Tenonzyste und dauerhafter Unterfiltration kommt, ist entweder eine chirurgische Revision oder ein Needling-Manöver erforderlich.
Zusammenfassend ist eine sorgfältige Beurteilung der Sickerkissenmorphologie in der Nachsorge der Filtrations-Chirurgie unerlässlich. Auch bei niedrigem Augeninnendruckniveau zeigt eine ungünstige Sickerkissenmorphologie das mittelfristige Scheitern der Operation an. Es ist davon auszugehen, dass bei Vorliegen einer hypotoniebedingten Aderhautabhebung der Kammerwasserabfluss überwiegend uveoskleral erfolgt, so dass sich die intendierten neuen Abflusswege nach subkonjunktival nicht ausreichend ausbilden können. Die oben dargestellten Maßnahmen sind deshalb zeitnah durchzuführen.
Keinesfalls sollte bei Ansteigen des Augeninnendrucks in der früh-postoperativen Phase eine Senkung durch Antiglaukomatosa angestrebt werden. Diese wirkt sich nicht nur nachteilig aus durch vermehrte Inflammation und Proliferation, sondern insbesondere auch durch Reduzierung des Kammerwasserdurchflusses. Lokale Antiglaukomatosa nach Filtrations-Chirurgie sollten nur dann eingesetzt werden, wenn die oben dargestellten Interventionen erfolglos geblieben sind und eine späte operative Revision oder ein Needling-Manöver als Therapieoptionen nicht in Betracht kommen.