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Aktuelle Situation der Ablatio-Notfallversorgung
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Veröffentlicht: | 13. Juni 2025 |
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Ziel: Ziel dieser retrospektiven Studie war es, zeitliche Trends bei chirurgisch behandelten Netzhautablösungen an einer Universitätsklinik über einen Zeitraum von sechs Jahren zu analysieren. Die Ergebnisse sollen Aufschluss über strukturelle Veränderungen im Patientenprofil sowie deren Auswirkungen auf das Versorgungssystem geben.
Methode: Erfasst wurden zwischen Januar 2019 und Dezember 2024 an der Augenklinik der Medizinischen Hochschule Hannover operativ behandelten Netzhautablösungen. Erhoben wurden die Fallzahlen pro Jahr, das Vorliegen einer primären oder erneute Ablösung, der Linsenstatus (phak/pseudophak/aphak), der Makulabeteiligung („Makula on/off“) sowie demografische Daten. Statistische Auswertungen erfolgten mit Chi-Quadrat-Test und ANOVA (SPSS v27.0).
Ergebnisse: Insgesamt wurden 4.359 Netzhautablösungen operiert. Die jährliche Fallzahl stieg von 552 im Jahr 2019 auf 921 im Jahr 2023, was einem Anstieg von 61% entspricht. Im Jahr 2024 wurde erstmals ein Rückgang auf 885 Fälle beobachtet (–3% gegenüber 2023). Die Zahl der behandelte Re-Ablationes lag bei 1.059 (24%) und blieb über die Jahre hinweg proportional konstant (p=0,1). Ein deutlicher Anstieg zeigte sich im Anteil pseudophaker Ablationes: Während 2019 knapp die Hälfte der Fälle pseudophak war (48%), lag dieser Anteil bei 57% in 2023 und bei 52% in 2024 (p<0,001; Chi-Quadrat-Test). Trotz dieser Verschiebung blieb das mittlere Alter pseudophaker Patient:innen über den Zeitraum unverändert bei durchschnittlich 67,6 Jahren (p=0,746; ANOVA). Hinsichtlich der Makulabeteiligung war ein sukzessiver Anstieg von „Makula-on“-Präsentationen bis zum Jahr 2023 erkennbar, in dem der Anteil mit 45,1% den höchsten Wert erreichte. Im Jahr 2024 sank dieser Anteil wieder auf 37,3%. Die Verteilung im Jahr 2023 unterschied sich signifikant von den übrigen Jahren (p<0,05; Chi-Quadrat-Test).
Zusammenfassung: Die Zahl der chirurgisch behandelten Netzhautablösungen an einer Universitätsklinik hat sich innerhalb von sechs Jahren deutlich erhöht. Dies weist auf eine zunehmende Zentralisierung in der notfallmäßigen Versorgung hin. Zusätzlich könnten die gestiegenen Raten von Kataraktoperationen zur höheren Prävalenz pseudophaker Amotiones in dieser Studie beigetragen haben. Das durchschnittliche Alter der Patient:innen zeigt jedoch stabile Werte, sodass sich bei den primären pseudophaken Netzhautablösungen keine Verjüngung der Population feststellen lässt. Die steigende Rate an „Makula-on“-Amotiones in 2023 könnte Ausdruck einer erhöhten Patientenaufmerksamkeit sowie einer schnelleren Zuweisung sein. Um der wachsenden Inzidenz gerecht zu werden, sind strukturelle Anpassungen in der ophthalmologischen Notfallversorgung erforderlich insbesondere im Hinblick auf OP-Kapazitäten, Personalressourcen und eine sektorübergreifende Steuerung.