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35. Jahrestagung der Retinologischen Gesellschaft

Retinologische Gesellschaft

30.06. - 01.07.2023, Würzburg

Studien- und Rekrutierungs-Update: frühe Reperfusion mit intravenöser Alteplase beim nicht-arteriitischen Zentralarterienverschluss der Netzhaut (REVISION-Studie)

Meeting Abstract

  • Martin S. Spitzer - Hamburg
  • C. Grohmann - Hamburg
  • H. Schadwinkel - Hamburg
  • S. Poli - Neurologische Universitätsklinik, Universitätsklinikum Tübingen
  • M. Schultheiß - Hamburg

Retinologische Gesellschaft. 35. Jahrestagung der Retinologischen Gesellschaft. Würzburg, 30.06.-01.07.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23rg37

doi: 10.3205/23rg37, urn:nbn:de:0183-23rg379

Veröffentlicht: 29. Juni 2023

© 2023 Spitzer et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Der nicht-arteriitische Zentralarterienverschluss (nZAV) ist ein neurovaskulärer Notfall, der in ca. 95% zu einem schweren irreversiblen Sehverlust auf dem betroffenen Auge führt. Derzeit existiert keine evidenzbasierte Therapie für dieses Krankheitsbild. Eine rasche Reperfusion binnen 4,5 Stunden nach Symptombeginn erscheint aktuell der vielversprechendste Ansatz zu sein. Drei große europäische Studien untersuchen derzeit die Wirksamkeit einer intravenösen Lyse beim nZAV. Die REVISION-Studie ist darunter die am größten angelegte mit der höchsten statistischen Power und plant den Einschluss von bis zu 400 Patienten. Die ambitionierte Patientenzahl und das kurze therapeutische Fenster stellt bei dieser seltenen Erkrankung eine besondere Herausforderung bei der Patientenrekrutierung dar.

Methoden: 25 Zentren in Deutschland rekrutieren seit Herbst 2022 schrittweise Patienten. Die zentralen Einschlusskriterien sind ein plötzlicher schmerzloser monokularer Sehverlust, der augenärztlich als nZAV diagnostiziert und mittels optischer Kohärenztomographie (OCT) dokumentiert wurde (in zeitkritischen Fällen kann auf die OCT auch verzichtet werden). Die Studienmedikation muss spätestens 4,5 Stunden nach anamnestisch gesicherten Symptombeginn gestartet werden. Der primäre Endpunkt der Studie ist die funktionelle Erholung der Sehschärfe auf ein Level von logMar 0,5 oder besser (Lesevisus). Wichtige explorative sekundäre Endpunkte stellen das sonographische retrobulbäre ‚Spot Sign‘ sowie OCT/OCT-A-Parameter als potenzielle Prognosemarker dar.

Ergebnisse: Bislang können im Schnitt pro Monat 3 bis 4 Patienten randomisiert werden. Bislang gab es keine schwerwiegenden Nebenwirkungen durch die Behandlung (SAEs). Eine der größten Hürden für die Rekrutierung geeigneter Patienten stellt die zu späte Vorstellung der Patienten mit nZAV dar (länger als 4,5 Stunden nach Symptombeginn). Durch intensive Öffentlichkeitsarbeit soll dies verbessert werden. So wurden bislang Fernsehbeiträge, Presseartikel, eine Webseite und zahlreiche ärztliche und nicht-ärztliche Fortbildungen als Mittel gewählt, um das symptomatisch einfache Krankheitsbild ins Bewusstsein zu rufen. Zudem wurden neue Algorithmen wie eine web-basierte App entwickelt, um die Diagnostik und Therapie beim nZAV zu verbessern. Dadurch soll die ‚door-to-needle time‘ im klinischen Alltag verkürzt werden.

Zusammenfassung: Die ausreichende Rekrutierung geeigneter Patientinnen und Patienten mit frischen nZAV ist eine Herausforderung, da das Wissen über das Krankheitsbild des nZAV und die damit einhergehende Dringlichkeit in Ärzteschaft und Bevölkerung immer noch unzureichend sind. Folglich müssen noch weitere Anstrengungen unternommen werden, damit mehr die Krankheit kennen, bei der „plötzlich das Licht im Auge ausgeht“.