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35. Jahrestagung der Retinologischen Gesellschaft

Retinologische Gesellschaft

30.06. - 01.07.2023, Würzburg

Gentherapie

Meeting Abstract

  • Siegfried G. Priglinger - LMU München
  • M. J. Gerhardt - LMU München
  • G. Rudolph - LMU München
  • S. Michalakis - LMU München
  • C. S. Priglinger - LMU München

Retinologische Gesellschaft. 35. Jahrestagung der Retinologischen Gesellschaft. Würzburg, 30.06.-01.07.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23rg03

doi: 10.3205/23rg03, urn:nbn:de:0183-23rg037

Veröffentlicht: 29. Juni 2023

© 2023 Priglinger et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Gentherapie Voretigen Neparvovec ermöglicht seit wenigen Jahren erstmals die kausale Behandlung schwerer, in der Regel zur Erblindung führender Netzhautdystrophien, die auf biallelische Mutationen im RPE65-Gen beruhen. Obgleich sich die in den Zulassungsstudien nachgewiesene Wirksamkeit der Therapie auch in den bisher publizierten Real-Life-Daten bestätigt, geben Berichte von progressiven Atrophie-Entwicklungen im postoperativen Verlauf aktuell begründeten Anlass zur Sorge und werfen die Frage auf, welche Faktoren eine Atrophie-Entwicklung begünstigen und ob ein bestimmtes Patientenkollektiv möglicherweise von einer Atrophie-Entwicklung ausgeschlossen ist. Im Vortrag werden die eigenen Erfahrungen mit der Gentherapie sowie die Behandlungsergebnisse der bisher jüngsten in Deutschland behandelten Patienten präsentiert.

Methodik: Vier Kinder im Alter von 3, 4, 5 und 6 Jahren mit molekulargenetisch gesicherter biallelischer Mutation im RPE65-Gen und klinischer Verlaufsform einer LCA wurden behandelt. Die Behandlung umfasste eine Pars-plana-Vitrektomie mit umschriebenem Peeling der Membrana limitans interna (ILM) und subretinaler Injektion von 0,3 ml Voretigen Neparvovec. Die prä- und postoperative Diagnostik beinhaltete bildgebende Verfahren (optische Kohärenztomographie, Autofluoreszenz, Fundusweitwinkelaufnahmen), elektrophysiologische Untersuchungen (Elektroretinogramm), retinale Lichtempfindlichkeitsmessungen mittels Vollfeld-Lichtempfindlichkeit-Schwellenwert-Test (FST) und Visusprüfungen.

Ergebnisse: Die Gentherapie mit Voretigen Neparvovec wurde in allen Fällen erfolgreich subretinal verabreicht. Bei allen Patienten konnte im postoperativen Verlauf eine Verbesserung des Sehvermögens dokumentiert werden und die Eltern aller behandelten Kinder berichteten über eine deutliche Verbesserung der räumlichen Orientierung und des Gesichtsfelds insbesondere unter schwachen Lichtverhältnissen.

Schlussfolgerungen: Unsere klinischen Beobachtungen und messbaren Verlaufsparameter zeigen, dass die neuartige Gentherapie mit Voretigen Neparvovec das Sehvermögen bei Kindern mit Leber’scher Kongenitaler Amaurose verbessern kann. Progressive Atrophie-Entwicklungen konnten wir bei keinem der behandelten Kinder feststellen. Zwei im Vortrag vorgestellte, nicht im Herstellerprotokoll beschriebene Operationsschritte (umschriebenes Peeling an der Injektionsstelle sowie Maximierung der Behandlungsfläche durch Shift der subretinalen Vektorlösung mit der Vitrektomie-Flöte) könnten zum Therapieerfolg und zur Vermeidung einer Atrophie-Entwicklung an der Injektionsstelle beitragen.