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30. Jahrestagung der Retinologischen Gesellschaft

Retinologische Gesellschaft

23.06. - 24.06.2017, Stuttgart

Das fehlende Reinheitsgebot: Probleme beim Glaskörperersatz

Meeting Abstract

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  • Hans Hoerauf - Universitäts-Augenklinik Göttingen

Retinologische Gesellschaft. 30. Jahrestagung der Retinologischen Gesellschaft. Stuttgart, 23.-24.06.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17rg26

doi: 10.3205/17rg26, urn:nbn:de:0183-17rg265

Veröffentlicht: 22. Juni 2017

© 2017 Hoerauf.
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Gliederung

Text

Die einzigartigen Eigenschaften wie hohe Dichte, Grenzflächenspannung und biologische Unbedenklichkeit haben Perfluoroktan (PFO) und Perfluordecalin für die vitreoretinale Chirurgie unentbehrlich gemacht und wir blicken auf Jahrzehnte sicherer Anwendung zurück. Dennoch wurde im Jahr 2015 eine ganze Serie von Fällen von Erblindungen aus Spanien berichtet, die auf die Verwendung von PFO zurückgeführt wurden. Es stellte sich die Frage, ob PFO tatsächlich ein sicheres Medizinprodukt ist? Da die Symptome der Vorfälle den Beobachtungen aus der Entwicklungsphase der ophthalmologischen Verwendung von flüssigen Perfluorcarbonen (PFCLs) stark ähnelten, sollten Laboruntersuchung zeigen, ob die Produktqualität der im Markt befindlichen Produkte Hinweise darauf gibt, dass sicherheitsrelevante Parameter nicht ausreichend kontrolliert werden oder ob ggf. bisher unbekannte Ursachen eine Rolle spielen.

Es wurde eine Laboruntersuchung von PFCLs durchgeführt, die zum Jahreswechsel 2015/2016 auf dem deutschen Markt verfügbar waren. Die Produkte wurden mittels GC/MS, chemischer Extraktion und Untersuchung der Grenzflächenspannung auf ihre chemische Reinheit hin untersucht. Proben, die extreme Konzentrationen von Verunreinigungen enthielten, wurden auf ihre Zelltoxizität nach ISO 10993-5 untersucht. Des Weiteren wurde die Dosisabhängigkeit der Zelltoxizität untersucht.

Die Untersuchungen zeigten, dass einige der Proben eine um bis zu 50% reduzierte Grenzflächenspannung aufwiesen und kritische Verunreinigungen um ein 100-faches höher sind als es normalerweise zu erwarten wäre. Derartige Proben zeigten starke Zelltoxizität. Auch bei hohen Verdünnungen mit reinem PFO waren diese Proben noch zytotoxisch. Eine Dosisabhängigkeit der Toxizität wurde bestätigt. Die kritischsten Verunreinigungen sind sogenannte unvollständig fluorierte Verbindungen, die bei der technischen Produktion von PFCLs entstehen. Damit sind die unerwünschten Ereignisse, die in jüngster Zeit berichtet wurden, mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Verunreinigungen von PFO zurückzuführen.

Die Ergebnisse weisen auf Verunreinigungen von PFO hin und deren Dosisabhängigkeit auf zelltoxische Effekte. Alle neuerlichen klinischen Berichte entsprechen äquivalenten Fällen aus den späten 80er und frühen 90er Jahren für unzureichend reine Materialien. Diese führten ja gerade zur Entwicklung ultra-hochgereinigter PFCLs, wodurch deren Sicherheit sichergestellt wurde. Die älteren Publikationen beschrieben toxische Effekte von Verunreinigungen in PFCLs, eine Abnahme der Grenzflächenspannung, die unter anderem eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Reste von PFCLs verursacht, die im Auge nach der Operation zurückbleiben. Auch eine hohe Wahrscheinlichkeit des Auftretens von „sticky silicon oil“ steht am ehesten im Zusammenhang mit einer unzureichenden Reinheit von PFCLs. Die jüngste Serie von schwerwiegenden Ereignissen nach Verwendung von PFO hätte damit vermieden werden können. Unter der Voraussetzung, dass PFCLs hinreichend gereinigt wurden, sind sie sichere und wirksame Werkzeuge, wie die letzten 25 Jahren der Verwendung beweisen konnten. Eine explizite Aufnahme dieser sicherheitsrelevanten Parameter in den entsprechenden Standards muss erfolgen.