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Infektiologie Update 2018: 26. Jahrestagung der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG)

Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG)

04. - 06.10.2018, Wien, Österreich

Post-genomics am Beispiel Schistosomen: Morgendämmerung für die angewandte Forschung

Meeting Abstract

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  • Christoph G. Grevelding - Institut für Parasitologie, BFS, Justus-Liebig-Universität Gießen

Infektiologie Update 2018. 26. Jahrestagung der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG). Wien, 04.-06.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18peg07

doi: 10.3205/18peg07, urn:nbn:de:0183-18peg076

Veröffentlicht: 8. Oktober 2018

© 2018 Grevelding.
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Gliederung

Text

Die Schistosomiasis ist eine der bedeutendsten Infektionskrankheiten in den Tropen sowie Subtropen und wird durch Wurmparasiten der Gattung Schistosoma verursacht. In Endemiegebieten leben >700 Mio Menschen, wovon >200 Mio infiziert sind. Es gibt keinen Impfstoff und mit Praziquantel (PZQ) nur ein einziges, gegen alle Schistosomenarten wirksames Medikament. Da PZQ seit Jahrzehnten im Einsatz ist, werden Resistenzen befürchtet, was die Suche nach neuen Medikamenten motiviert.

Zu den faszinierenden Eigenschaften der Schistosomen zählt, dass sie viele Jahre im Blutgefäßsystem ihrer Wirte überleben, wo sie der Immunabwehr widerstehen. In der Evolution sind sie vom Hermaphroditismus zum Gonochorismus übergegangen und repräsentieren die einzigen getrenntgeschlechtlichen Plathelminthen. Das ging mit einer Funktionstrennung einher, die nahezu einzigartig ist. So differenzieren sich die Reproduktionsorgane der Weibchen erst infolge eines dauerhaften Paarungskontakts mit dem Männchen. Dies ist schließlich essentielle Voraussetzung für die kontinuierliche Eiproduktion der Weibchen und ursächlich für die pathologischen Konsequenzen der Schistosomiasis. Die Männchen leisten ihren Paarungsbeitrag durch konstanten Spermientransfer, die Übernahme von Transport- und Abwehraufgaben sowie nutritiver Funktionen.

Besonders durch die erweiterten Erkenntnisse der post-genomischen Ära der Schistosomen-forschung wurden tiefgreifende Erkenntnisse der molekularen Grundlagen dieser gonochorischen „Zweckehe“ gewonnen. Erste Microarray-Analysen zeigten, dass sich nach der Paarung Genexpressionsprofile vor allem im Weibchen verändern und z.B. Gene transkribiert werden, die für die Eiproduktion wichtig sind. Gleichzeitig sinkt der Transkriptlevel von Genen, die für z.B. Muskelproteine in Weibchen kodieren, wohingegen Muskelprotein-Gene in Männchen nach Paarung verstärkt transkribiert werden.

Basierend auf einer neu etablierten Methode zur Organisolation aus S. mansoni und vergleichender „Sub-Transcriptomics“-Ansätze gepaarter und ungepaarter Schistosomen sowie deren Gonaden haben wir >7000 Gene gefunden, die in Ovar und Testis transkribiert werden. Von diesen zeigten 3600 im Ovar und 243 in Testis paarungsabhängige Transkriptionsprofile. Bioinformatische Analysen offenbarten fundamentale Einblicke in die verschiedenen Rollen von Kinasen und GPCRs, die überwiegend in Differenzierungs-prozesse (Kinasen) oder Gonaden-unabhängige aber Paarungs-beeinflusste Prozesse (GPCRs) involviert sind. Weil auch Genfunktionsstudien belegen, dass Kinasen und GPCRs wichtige Rollen in der Schistosomenbiologie spielen, und da beide Molekülklassen als „druggable“ gelten, sind die Daten der „Transcriptomics/Sub-Transcriptomics“-Ansätze nicht nur für die Grundlagenforschung, sondern auch für angewandte Forschungsansätze von hoher Relevanz.


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