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Fitness und Capsular switch von Pneumokokkenisolaten aus Deutschland
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Veröffentlicht: | 2. Oktober 2014 |
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Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae) sind die häufigsten Erreger für ambulant erworbene Pneumonien und können auch Meningitis und Sepsis hervorrufen. Invasive Pneumokokkenerkrankungen (IPE) betreffen besonders Säuglinge, Kleinkinder und ältere Menschen und weisen eine hohe Letalität (10%) auf. Der wichtigste Virulenzfaktor bei IPE ist die Polysaccharidkapsel, wobei 94 verschiedene Kapseltypen/Serotypen (ST) bekannt sind. Neben der antibiotischen Behandlung sind verschiedene Impfungen möglich. Seit Einführung der 7-valenten Konjugatimpfung (PCV7) für Kinder im Juli 2006 verzeichnet man einen starken Rückgang von IPE was auf einer drastischen Reduktion der IPE durch Vakzineserotypen (VST) beruht. Gleichzeitig steigt jedoch die Zahl der IPE durch Nicht-VST [1]. Dieses Serotypen-Replacement kann sowohl durch die Selektion neuer Klone vom Nicht-VST als auch durch einen Austausch des Kapselgenclusters vom VST zum Nicht-VST der derzeitig zirkulierenden Klone erklärt werden (capsular switch).
Um zu prüfen, ob die Zunahme einzelner Nicht-VST durch ihre Fitness erklärt werden könnte, untersuchten wir die Wachstumseigenschaften von 188 deutschen Isolaten der ST 6B, 14, 3, 19A, 15B und 15C in vitro. Wir konnten zeigen, dass die vor Einführung der PCV7 erfolgreichsten ST 6B und 14 (in PCV7 erfasst) höchste Wachstumsraten aufwiesen. Demnach wurden diese durch die PCV7 verdrängt und es entstand eine ökologische Nische, die durch Nicht-VST mit ähnlich hohen Wachstumsraten besetzt wurde.
Die genetische Variante MLST 199 tritt nach Einführung der PCV7 mit auffällig vielen ST auf (besonders mit ST 19A, 15C, 15B und 15A) [2]. Hierbei könnte es sich um capsular switches handeln. Um dies zu belegen, haben wir die Genome von 39 deutschen Isolaten mit MLST 199 der ST 19A, 15B und 15C mittels Illumina Technik sequenziert und mit einander verglichen. Hierbei konnte für ein Isolat des ST 15B gezeigt werden, dass es mit den Isolaten des ST 19A sehr stark verwandt ist und lediglich des cps Cluster, welches für die Synthese der Kapselpolysaccharide kodiert, ausgetauscht wurde. Damit scheint der capsular switch von ST 19A zu 15B möglich zu sein. Da der ST 15B im Gegensatz zu 19A nicht in der seit Ende 2009 in Deutschland verfügbaren 13-valenten PCV enthalten ist, könnte dieser einer der neuen Replacement-Klone werden. Hierfür gibt es bereits deutliche Hinweise; so hat der Anteil an IPE durch ST 15B, besonders bei Kindern unter 16 Jahren, in Deutschland stark zugenommen. ST 15B sollte daher unbedingt in zukünftige Impfungen integriert werden.
Literatur
- 1.
- Pilishvili T, Lexau C, Farley MM, Hadler J, Harrison LH, Bennett NM, et al. Sustained Reductions in Invasive Pneumococcal Disease in the Era of Conjugate Vaccine. J Infect Dis. 2010;201(1):32-41. DOI: 10.1086/648593
- 2.
- Thomas JC, Figueira M, Fennie KP, Laufer AS, Kong Y, Pichichero ME, et al. Streptococcus pneumoniae Clonal Complex 199: Genetic Diversity and Tissue-Specific Virulence. PLoS ONE. 2011;6(4):e18649. DOI: 10.1371/journal.pone.0018649