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Patientenbeteiligung bei medizinischen Entscheidungen
2. Tagung des Förderschwerpunktes "Der Patient als Partner im medizinischen Entscheidungsprozess"

25. bis 27.03.2004, Freiburg

Unterschiedliche Perspektiven einer gemeinsamen Entscheidungsfindung während einer ärztlichen Konsultation

Meeting Abstract

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  • corresponding author T. Doering - Medizinische Hochschule, Abteilung Allgemeinmedizin, Carl-Neubergstr. 1, 30625 Hannover
  • K. Buttler - Medizinische Hochschule, Abteilung Allgemeinmedizin, Carl-Neubergstr. 1, 30625 Hannover
  • M.S. Hübner - Medizinische Hochschule, Abteilung Allgemeinmedizin, Carl-Neubergstr. 1, 30625 Hannover
  • A. Broll - Medizinische Hochschule, Abteilung Allgemeinmedizin, Carl-Neubergstr. 1, 30625 Hannover

Patientenbeteiligung bei medizinischen Entscheidungen. 2. Tagung des Förderschwerpunktes "Der Patient als Partner im medizinischen Entscheidungsprozess". Freiburg, 25.-27.03.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04pat10

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/pat2004/04pat10.shtml

Veröffentlicht: 15. Juni 2004

© 2004 Doering et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Einleitung

Im Rahmen der Abteilung Allgemeinmedizin der Medizinischen Hochschule wird eine Studie zum Thema: Patientenpartizipation im medizinischen Entscheidungsprozess durchgeführt. Mit dieser - vom BMGS geförderten - Studie soll das Ziel verfolgt werden, Patienten (hier stellvertretend die Eltern erkrankter Kinder, dieser Hinweis gilt für den gesamten Text) partizipativ in den therapeutischen Entscheidungsprozess einzubeziehen, so dass der Behandlungsverlauf bei Übernahme von Verantwortung durch den Patienten gemeinsam, d.h. in Konsens gesteuert wird. Der zentrale Prozess des Projekts bildet die Interaktion von Patient und Arzt. Ein Ziel dabei ist es, Ärzte und Ärztinnen, die Kinder mit unkomplizierten Atemwegsinfekten behandeln, zu befähigen und zu motivieren, eine partnerschaftliche Kommunikationsform im Umgang mit den Eltern der betroffenen Kinder zu pflegen, die die Patientenzufriedenheit erhöhen und deren Autonomie im Umgang mit den Krankheitsgeschehen fördern wird.

Methodik

Aus der niedersächsischen Kassenarztliste von über 500 Allgemein- und Kinderärzten wurden nach Feststellung des Forschungsinteresses per Umfrage 100 Interventionsärzte und 100 Kontrollärzte randomisiert ausgewählt und angeschrieben. 30 Praxen wurden als Interventionspraxis geschult und derzeit arbeiten 20 Praxen aktiv als Interventionspraxen im Projekt mit 70 teilnehmenden Patienten mit. Die Kontrollgruppe besteht aus 19 Praxen mit derzeit 30 eingeschlossenen Patienten.

Für eine Teilnahme der Patienten war die Erstkonsultation eines Kindes im Alter von 3-10 Jahren wegen Vorliegen eines unkomplizierten Atemwegsinfektes Voraussetzung. Wurde nach einer Befragung der Mutter/des Vaters anhand der Degnerskala die Präferenz E: „Ich möchte alle Entscheidungen, die meine med. Behandlung betreffen, meinem Arzt/meiner Ärztin überlassen" als erste Priorität gewählt, wurde der Patient nicht eingeschlossen. Die Interventionsärztinnen /ärzte wurden mit Hilfe eines spezifisch entwickelten Konsultationstrainings und unter Einbeziehung von instruierten Patienten geschult. Die Schulungen wurden mit Hilfe einer digitalen Videokamera aufgezeichnet und von zwei unabhängigen Prüfern mit Messskalen nach Pendleton/Shofield und OPTION evaluiert.

Sowohl Patienten als auch Ärzte wurden über ihr Erleben der Konsultation befragt. Die Ergebnisse gingen in die Planung und Durchführung der folgenden Qualitätszirkel ein.

Es wurde die Man-Son-Hing-Skala verwendet, die eine parallele Itembefragung für Patienten und Ärzte zulässt. Insgesamt enthält der Fragebogen 7 Items zur Informationsvermittlung, zum Verständnis des gesundheitlichen Problems und zur Einbeziehung in die medizinische Entscheidungsfindung.

Ergebnisse

Derzeit sind insgesamt 100 Patienten in die Studie eingeschlossen. Das Durchschnittsalter der Kinder beträgt 5,9 Jahre (± 2,2) , das Durchschnittsalter des begleitenden Elternteils (4,8% Männer, 95,2% Frauen) beträgt 36,6 Jahre (± 4,5). Bei der Schulbildung des begleitenden Elternteils überwiegen der Sekundarschulabschluss mit 51,8%, Abitur oder Fachhochschulreife haben 31,4%, (Hauptschulabschluss 12% und 4,8% besitzen andere Sekundarabschlüsse) der Eltern. Vollzeit berufstätig sind nur 8,4% der Eltern, 51,8% der Eltern sind teilzeitbeschäftigt und 39,8% der Elternteile gehen keiner Erwerbstätigkeit nach.

Es konnten 94 Konsultationen der Interventionsgruppe und 27 Konsultationen der Kontrollgruppe mit Eltern und deren erkrankten Kindern ausgewertet werden. Bezüglich des Aspekts „Wer hat im Rahmen des Arztbesuchs Entscheidungen über die Behandlung des Kindes gefällt? wurde übereinstimmend von jeweils 68,1% der Patienten und Ärzte der Interventionsgruppe die gemeinsame Entscheidungsfindung angegeben. Bei der Kontrollgruppe stimmten 29,6% der Patienten und 40,7% der Ärzte der gemeinsamen Entscheidungsfindung zu. In 22,3% der Fälle wurde bei der Interventionsgruppe seitens des Arztes die „hauptsächlich ärztliche Entscheidungsfindung" erlebt, seitens des Patienten waren es 22,3% In der Kontrollgruppe traf dies auf 59,3% der Patienten und 51,9% der Ärzte zu. Jedoch waren in 41,5% der Fälle der Interventionsgruppe bei der ausgewerteten Fragestellung die Einschätzung von Arzt und Patient bezüglich der einzelnen Konsultation unterschiedlich. Bei der Kontrollgruppe ergaben sich Differenzen in der Einschätzung von 62% der Fälle von Arzt und Patient.

Die mittlere Konsultationsdauer der Interventionsgruppe lag bei 11,1 Minuten und in der Kontrollgruppe bei 10 Minuten.

Schlussfolgerung

Die Zwischenergebnisse zeigen, dass die nach dem Kompetenztraining durchgeführte Erstkonsultation nach Beurteilung der Patienten und Ärzte im wesentlichen die Kriterien des SDM erfüllen und trainierte Ärzte (SDM) den Patienten besser in die Entscheidungsfindung integrieren können. Dabei erhöht sich die Konsultationsdauer dadurch nur unwesentlich. Bei der Kontrollgruppe wurden bei allen relevanten Items wie das Gefühl des Patienten ernst genommen zu werden, die Einbeziehung des Patienten in die Therapieplanerstellung, die Erhebung von Risikofaktoren und allen nonverbalen Items geringe Ergebnisse erzielt.