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49. Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie und der Bayerischen Urologenvereinigung

04.05. - 06.05.2023, Linz, Österreich

Die überzählige Harnröhre – ein Fallbericht

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Anne Lea Engel - Klinikum Ingolstadt, Ingolstadt, Deutschland
  • Bernhard Leicht - Klinikum Ingolstadt, Ingolstadt, Deutschland
  • Andreas Manseck - Klinikum Ingolstadt, Ingolstadt, Deutschland

Österreichische Gesellschaft für Urologie und Andrologie. Bayerische Urologenvereinigung. 49. Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie und der Bayerischen Urologenvereinigung. Linz, Österreich, 04.-06.05.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23oegu25

doi: 10.3205/23oegu25, urn:nbn:de:0183-23oegu258

Veröffentlicht: 2. Mai 2023

© 2023 Engel et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die überzählige Harnröhre ist eine seltene Fehlbildung, die vorwiegend bei Jungen auftritt. Blickdiagnostisch besteht ein zweiter Meatus. Fehlbildungen im Urogenitaltrakt und im Gastrointestinaltrakt können begleitend auftreten. Die Klassifikation erfolgt nach Effmann. Die Symptome können vielfaltig sein, je nach Lokalisation der Harnröhren und deren Bezug zum Sphinkter. Zur Diagnostik gehören eine Miktionsurethrographie, ein retrogrades Urethrogramm und eine Urethrozystoskopie, sofern beide Harnröhren ausreichend weit sind.

Methode: Ein 5-jähriger Junge stellte sich mit einer relativen Phimose und dem Verdacht auf eine zweite Harnröhre zur weiteren Abklärung und gegebenenfalls Zirkumzision vor. In der präoperativen Untersuchung wurden Präpiutialverklebungen festgestellt, welche eine vollständige Sichtung der Glans unmöglich machten. Intraoperativ, nach Lösung der Vorhautverklebungen, zeigte sich eine asymmetrische, hypertrophierte Glans mit zwei Harnröhrenmündungen und es bestand der Verdacht auf eine partielle Glansduplikation. Der Befund wurde fotodokumentiert. Auf eine Zirkumzision wurde zunächst verzichtet. Es kam zu einer spontanen Erektion, die eine Penisdeviation ausschloss und eine leichte Torsion des Penisschaftes darstellte. Die Urethrozystoskopie der rechten Harnröhre erfolgte regelrecht und ergab einen unauffälligen Befund, die linke konnte nicht zystoskopiert werden. In der retrograden Urethrographie wurden zwei parallel angeordnete Harnröhren dargestellt. Die linke Urethra mündete im Bereich des Colliculus seminalis. Sonographisch wurden zwei reguläre corpora cavernosa und zwei duplizierte corposa spongiosa festgestellt.

Ergebnis: Bei dem Patienten wurde eine Urethraduplikatur IIA2 nach Effmann diagnostiziert. Aufgrund der Seltenheit dieser Fehlbildung wurde eine Zweitmeinung eingeholt. Bei Beschwerdefreiheit und aufgrund der Lokalisation nahe des Sphinkter wurde ein abwartendes Vorgehen empfohlen, da eine komplexe operative Korrektur im Sinne einer Entfernung der akzessorischen Harnröhre mit hohen Komplikationen und potentiellen Nebenwirkungen einhergehen kann und diese bei Symptomfreiheit kritisch zu hinterfragen ist. Regelmäßige lebenslange fachurologische Kontrollen wurden empfohlen. Besonders zu beachten ist die Entwicklung in der Pubertät, da die Erektions- und Ejakulationsfähigkeit beeinträchtig sein können. Die Abklärung bezüglich weiterer Fehlbildung sollte erfolgen.

Schlussfolgerung: Die Harnröhrenduplikatur ist eine seltene Fehlbildung. In diesen Fall war der Bezug der zweiten Harnröhre zum Sphinkter zusammen mit dem Fehlen von Beschwerden ausschlaggebend für die Therapieentscheidung. Eine zweite Mitbeurteilung ist wegen der Seltenheit und Komplexität des Krankheitsbildes erstrebenswert.