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68. Kongress der Nordrhein-Westfälischen Gesellschaft für Urologie

Nordrhein-Westfälische Gesellschaft für Urologie e. V.

30.03. - 31.03.2023, Essen

Der Boarilappen nach Übelhöhr ohne Fixation auf dem Psoas (No-Hitch-Boariplastik) – Vorstellung von 22 konsekutiven Fällen

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Marie-Lena Beyer - Urologische Klinik Lindenthal, St. Hildegardis Krankenhaus Köln, Köln, Deutschland
  • Olaf Jungmann - Urologische Klinik Lindenthal, St. Hildegardis Krankenhaus Köln, Köln, Deutschland
  • Detlef Rohde - Urologische Klinik Lindenthal, St. Hildegardis Krankenhaus Köln, Köln, Deutschland

Nordrhein-Westfälische Gesellschaft für Urologie. 68. Kongress der Nordrhein-Westfälischen Gesellschaft für Urologie. Essen, 30.-31.03.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocV 4.6

doi: 10.3205/23nrwgu33, urn:nbn:de:0183-23nrwgu333

Veröffentlicht: 28. März 2023

© 2023 Beyer et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Einleitung: Für distale Ureterstenosen bzw. Verletzungen des Ureters mit operativer Behandlungsindikation gilt die Harnleiterneuimplantation als Standardverfahren für die Rekonstruktion des Harnleiters. Klassisch wird eine Fixation der Harnblase i.S. einer Psoas-Hitch-Situation mit oder ohne Lappenbildung (Boari) angewendet. Bei der Behandlung distaler Harnleiterbeiteiligungen durch Endometriose i.R. unserer Partnerschaft in zwei Endometriosezentren haben wir bei diesen Patientinnen, großenteils mit bestehendem Kinderwunsch, begonnen, auf eine Fixation der Anatomie durch Psoas-Hitch zu verzichten und nach guten Erfahrungen dieses Verfahren auf andere Patientengruppen ausgeweitet. Unsere Technik und Ergebnisse stellen wir in dieser Fallserie vor.

Methode: Die medizinischen Daten wurden prospektiv seit 2015 erhoben. Operativ wurde eine Boarilappenplastik in der Modifikation nach Richard Übelhöhr E Becht et al. [1] durchgeführt, wobei allerdings im Sinne einer möglichst minimalen örtlichen Fixation des Situs auf eine Fixation auf dem Psoas verzichtet wurde (No-Hitch-Boariplastik). Zur Erstellung des Blasenlappens erfolgt hier eine dreieckige Schnittführung, aus der dann der viereckig-rautenförmige Lappen gebildet wird. Diese Technik bietet eine breite Lappenbasis und damit eine gute Gefäßversorgung bis zum Lappenende. Außerdem wird einer taillenartigen Verengung in der Mitte des Lappens durch Zug auf diese Weise vorgebeugt. Das ausreichend breit wählbare Lappenende erlaubt auch problemlos die submuköse Tunnelung und Implantation des Harnleiters. Die Implantation erfolgte in allen Fällen spannungsfrei durch ausreichende Bemessung des Lappens und antirefluxiv durch submuköse Tunnelung.

Ergebnisse: In den Jahren 2015–2022 wurden 22 Patient*innen mit einem Durchschnittsalter von 43 Jahren (25–78 Jahre) mittels beschriebener primärer Blasenlappenplastik nach Übelhör ohne Psoas-Hitch operiert. Alle Eingriffe erfolgten durch denselben Operateur (Single-Surgeon-Series). Die mittlere Liegedauer des Dauerkatheters betrug 5±1 Tage; die der Doppel- J- Schiene 31±16 Tage. Die durchschnittliche OP- Dauer belief sich auf 126,3 min. Im Follow- Up konnten wir zwei Komplikationen (Klassifikation nach Clavien-Dindo >2) beobachten. Hierbei handelte es sich um eine postoperative spülpflichtige Makrohämaturie und den Abriss einer Drainage, welche dann operativ entfernt werden musste. Schwergradige Komplikationen mit Relevanz für die Morbidität traten nicht auf. Die planmäßig an Tag 5 durchgeführten Zystogramme zeigten keine Paravasationen.

Schlussfolgerung: Die modifizierte Blasenlappenplastik nach Übelhör bietet ein sicheres Verfahren zur Harnleiterneueinpflanzung und damit Versorgung von distalen Harnleiterdefekten. Durch den Verzicht auf die Fixation auf dem Psoas sahen wir keine erhöhte Rate an Anastomosenproblemen. Bei Patientinnen im gebärfähigen Alter und ggf. noch bestehendem Kinderwunsch kann die Anwendung dieser Blasenlappenplastik ohne eine Psoas-Hitch-Technik einen harmonischen Verlauf des Neoureters im kleinen Becken ermöglichen. Ob dieser Effekt positiven Einfluss auf das langfristige Outcome und ggf. geplante Schwangerschaften hat bleibt nachzuverfolgen.


Literatur

1.
Becht E, Floth A, Hohenfellner R. Die Operation nach Boari – Blasenlappenbildung nach R. Übelhör. Aktuelle Urol. 1988;19(1):26–32. DOI: 10.1055/s-2008-1061350 Externer Link