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66. Kongress der Nordrhein-Westfälischen Gesellschaft für Urologie

Nordrhein-Westfälische Gesellschaft für Urologie e. V.

12.03. - 13.03.2020, Bochum

Blasenkarzinom als Spätfolge einer Querschnittlähmung. Vergleich klinischer Daten mit dem RKI-Zentrum für Krebsregisterdaten

Meeting Abstract

  • Ralf Böthig - Abt. Neuro-Urologie, BG Klinikum Hamburg, Hamburg, Deutschland
  • Christian Tiburtius - Abt. Neuro-Urologie, BG Klinikum Hamburg, Hamburg, Deutschland
  • Kai Fiebag - Abt. Neuro-Urologie, BG Klinikum Hamburg, Hamburg, Deutschland
  • Sven Hirschfeld - Querschnittgelähmtenzentrum, BG Klinikum Hamburg, Hamburg, Deutschland
  • Roland Thietje - Querschnittgelähmtenzentrum, BG Klinikum Hamburg, Hamburg, Deutschland
  • Ines Kurze - Querschnittgelähmten-Zentrum/Klinik für Paraplegiologie und Neuro-Urologie, Zentralklinik, Bad Berka, Deutschland
  • Albert Kaufmann - Zentrum für Kontinenz und Neuro-Urologie, Kliniken Maria Hilf GmbH, Mönchengladbach, Deutschland
  • Wolfgang Schöps - Praxis Sankt Augustin, Sankt Augustin, Deutschland
  • Thura Kadhum - IfADo, Dortmund, Deutschland
  • Klaus Golka - IfADo, Dortmund, Deutschland

Nordrhein-Westfälische Gesellschaft für Urologie. 66. Kongress der Nordrhein-Westfälischen Gesellschaft für Urologie. Bochum, 12.-13.03.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. DocV 2.4

doi: 10.3205/20nrwgu12, urn:nbn:de:0183-20nrwgu127

Veröffentlicht: 14. Februar 2020

© 2020 Böthig et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Unterscheidet sich das Harnblasenkarzinom (HB-Ca.) bei querschnittgelähmten Patienten (spinal cord injury/disease; SCI/D) vom dem der Normalbevölkerung?

Methode: Vergleich der Daten einer retrospektiven Single-Center-Auswertung von konsekutiven Patientendaten mit SCI/D und nachgewiesenem HB-Ca. mit denen des Zentrums für Krebsregisterdaten (ZfKD) am Robert Koch-Institut für die Normalbevölkerung in Deutschland.

Ergebnis: Von 01/1998 bis 12/2018 wurde bei 37 (4 w, 33 m) von 7004 SCI/D-Patienten ein HB-Ca. diagnostiziert. Das Durchschnittsalter bei der HB-Ca.-Diagnose lag mit 54,0 Jahren (m 55,0, w 49.5 Jahre) deutlich unter dem für HB-Ca.-Fälle in der Normalbevölkerung (m: 73, w: 77 Jahre). 31 Patienten zeigten ein Urothelzellkarzinom (TCC), 5 Patienten ein Plattenepithelkarzinom (SCC; weiterhin 1 völlig undifferenziertes Karzinom). Die mediane Latenzzeit zwischen dem Beginn der SCI/D und der Tumordiagnose betrug 30,0 Jahre (TCC 25,0, SCC 33,0 Jahre).

30 Patienten (81%) hatten bei Diagnosestellung einen muskelinvasiven Tumor ≥T2. 28 Patienten (75,7%) zeigten ein schlecht differenziertes G3-Karzinom. Die Häufigkeit muskelinvasiver und G3-Tumoren unterscheidet sich signifikant (jeweils p<0,0001) von denen der Normalbevölkerung.

Das mediane Überleben für alle Patienten betrug 12,0 Monate, das der TCC-Patienten 13,0 Monate. Die Prognose der SCC-Patienten war signifikant (p=0,0039) noch schlechter.

Temporäre Dauerkatheter-Ableitungen (transurethral oder suprapubisch) bestanden bei nur 8 Patienten für nur 5,09% der Gesamt-Latenzzeit. Eine Subanalyse bezüglich T-Kategorie, Grading, TCC-SCC-Relation, Latenzzeit, Überleben) nach der Art der Blasenentleerung zeigte keine signifikanten Unterschiede zwischen 11 Patienten mit Intermittierendem Einmal-Katheterismus und 26 Patienten mit Katheter-freien Entleerungsformen.

Schlussfolgerungen: Folgende Ergebnisse weisen darauf hin, dass alleine die neurogene Blasenfunktionsstörung infolge der Rückenmarksschädigung nach einer Lähmungszeit von mehr als 10 Jahren (Median 30 Jahre) als Ursache für das HB-Ca. bei SCI/D zu werten ist:

  • zwei Jahrzehnte jüngeres Erkrankungsalter,
  • signifikant häufigeres Auftreten invasiver, schlecht differenzierter Tumoren,
  • deutlich ungünstigerer Verlauf,
  • höhere Mortalität in Folge von HB-Ca.

Die Entstehung von HB-Ca. bei Menschen mit SCI/D ist unabhängig von der Art der Blasenentleerung. Dauerkatheter-Ableitungen der Harnblase beeinflussen dieses besondere Erkrankungsrisiko nicht.

Abbildung 1 [Abb. 1]