gms | German Medical Science

63. Kongress der Nordrhein-Westfälischen Gesellschaft für Urologie

Nordrhein-Westfälische Gesellschaft für Urologie e. V.

08.06. - 09.06.2017, Essen

Wenn Mädchen durch die Brille pieseln... Differentialdiagnose Harnstrahldeviation

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • presenting/speaker J. Bremer - Klinik für Urologie Uniklinik Essen, Sektion Kinderurologie, Essen, Germany
  • I. Rübben - Klinik für Urologie Uniklinik Essen, Sektion Kinderurologie, Essen, Germany

Nordrhein-Westfälische Gesellschaft für Urologie. 63. Kongress der Nordrhein-Westfälischen Gesellschaft für Urologie. Essen, 08.-09.06.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP 2.9

doi: 10.3205/17nrwgu76, urn:nbn:de:0183-17nrwgu766

Veröffentlicht: 19. April 2017

© 2017 Bremer et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

In unserer kinderurologischen Sprechstunde sind uns bereits mehrere Mädchen begegnet, die einen nach vorne gerichteten Harnstrahl beklagten. Die Harnstrahldeviation ist meist mit einem hohen Leidensdruck verbunden. Zudem ist sie häufig mit Symptomen einer Blasenfunktionsstörung assoziiert – beispielsweise einer mehrphasischen Miktion, Restharnbildung und/oder rezidivierenden Harnwegsinfektionen.

In einigen Fällen können urotherapeutische Maßnahmen ausreichend sein, um im Verlauf eine regelhafte Blasenentleerung zu erzielen. Mehrere Publikationen sowie unsere Erfahrungen bescheinigen allerdings auch, dass anatomische Veränderungen des äußeren Genitals bzw. des Meatus urethrae ursächlich zu Störungen des Blasenentleerungsmusters führen können. Eine klinisch bedeutsame Deviation des Harnstrahls kann durch eine operative Korrektur unmittelbar behoben werden.

Fallbeispiel: 9-jähriges Mädchen, bei dem der Harnstrahl in regelrechter Sitzposition zwischen Schüsselrand und Brille hindurch ging, so dass Beine, Kleidung und Fußboden nass wurden. Das Mädchen mied fremde Toiletten und entleerte die Blase mit weit vorgebeugtem Oberkörper. Bei der körperlichen Untersuchung ließen sich pyramidenartig zur Harnröhrenöffnung verlaufende Bindegewebszügel identifizieren, die den vorderen Rand der Öffnung nach kranial zogen und fixierten. Nach Inzision dieser Bindegewebszügel war dem Mädchen unmittelbar eine ungehinderte Miktion in aufrechter Sitzposition möglich.

Schlussfolgerung: Anhand des Fallbeispiels möchten wir auf die Harnstrahldeviation bei Mädchen als besondere Differentialdiagnose hinweisen. Zur Diagnostik von Blasenfunktionsstörungen gehört die Inspektion des äußeren Genitals bzw. des Meatus urethrae. Neben den typischen Symptomen einer Blasenfunktionsstörung sollten insbesondere beim Mädchen Fragen zum Harnstrahl die Anamnese ergänzen. Urotherapeutische Maßnahmen bilden in jedem Fall die Basistherapie. Sollte diese refraktär bleiben, ist die Differentialdiagnose einer antegraden Harnstrahldeviation (ADUS) zu bedenken und eine operative Korrektur zu erwägen.