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67. Jahrestagung der Norddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (NDGKJ)

Norddeutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V.

13.04. - 14.04.2018, Bremen

Das Guillain-Barré-Syndrom im Kleinkindalter – eine seltene Differentialdiagnose bei Laufverweigerung

Meeting Abstract

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Norddeutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. 67. Jahrestagung der Norddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (NDGKJ). Bremen, 13.-14.04.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18ndgkj35

doi: 10.3205/18ndgkj35, urn:nbn:de:0183-18ndgkj352

Veröffentlicht: 12. April 2018

© 2018 Winner et al.
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Gliederung

Text

Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine idiopathische Polyneuritis der spinalen Nervenwurzeln und peripheren Nerven, die mit einer Inzidenz von 1-2/100.000 in der Allgemeinbevölkerung selten ist. Da der Altersgipfel dieser Erkrankung im 2.-3. Lebensjahrzehnt liegt, sind Fälle im Kleinkindalter eine Rarität. Wir stellen im Folgenden zwei Fälle vor aus dem Zeitraum Dezember 2017/ Januar 2018.

Im ersten Fall erkrankte ein 18 Monate altes Mädchen in Folge eines viralen Luftwegsinfektes mit Gangstörungen, Laufverweigerung und einer aufsteigenden muskulären Hypotonie, sowie erloschenen Muskeleigenreflexen. Im Verlauf kam es zu Schluckbeschwerden und respiratorischen Problemen. Bei erhöhtem Liquoreiweiß und GBS-typischen elektrophysiologischen Befunden, sowie nach Ausschuss einer anderen Ursache, wurde eine Therapie mit i.v. Immunglobulinen verabreicht.

Im Verlauf kam es zur allmählichen Besserung der respiratorischen Symptomatik und schließlich auch der Willkürmotorik. Serologisch fand sich ein erhöhter EBV-IgM-Titer, so dass von einer akuten EBV-Infektion als Trigger auszugehen ist. Nach stationärer Behandlung in unserem Haus erfolgte die Verlegung in die Neurorehabilitation. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Patientin die Kopfkontrolle wieder erlangt und konnte bereits beide Arme – wenn auch noch eingeschränkt – bewegen.

Fall 2 betrifft einen zweijährigen Junge mit einer seit insgesamt zwei Wochen fortschreitenden Gangstörung und schließlich einer vollständigen Laufverweigerung. Parallel traten Symptome eines oberen Luftwegsinfektes, einer milden obstruktiven Bronchitis und einer Gastroenteritis auf. Im Verlauf zeigte sich das Bild einer ausgeprägten muskulären Hypotonie mit fehlender Spontanmotorik der Beine, Kopfheber- und Rumpfschwäche. In der Lumbalpunktion fand sich eine Pleozytose, sowie eine Proteinerhöhung. Serologisch fand sich ein erhöhtes EBV-IgM. Nach Gabe von Immunglobulinen i.v. über 2 Tage kam es im Verlauf zu einer Erholung der Symptomatik. Zum Zeitpunkt der Entlassung war noch keine Steh- und Gehfähigkeit wieder erlangt, eine neurologische Frührehabilitation wird sich noch anschließen.

Wie an diesen Beispielen gezeigt, sollte ein Patient mit beschriebener Schwäche und Laufverweigerung unbedingt einer ausführlichen klinisch-neurologischen Untersuchung zugeführt werden. Insbesondere symmetrisch reduzierte Spontanmotorik, aufsteigende Lähmung und Areflexie sind als typische klinische Befunde eines GBS zu beachten und – wie in diesen Beispielen – mit einfachen Methoden nachweisbar.

In diesen beiden Fällen ist am ehesten von einer Assoziation mit der vorliegenden akuten EBV-Infektion auszugehen. Interessant ist dabei zu erwähnen, dass beide Patienten nicht das typische Symptombild eines Pfeifferschen Drüsenfiebers zeigten, sondern vielmehr unspezifische respiratorische und gastrointestinale Symptome.