gms | German Medical Science

62. Jahrestagung der Norddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (NDGKJ)

Norddeutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V.

12.04. - 14.04.2013, Hannover

Klassifizierung des Diabetes mellitus im Kindesalter: eine diagnostische Herausforderung

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Christiana Tsioli - AUF DER BULT, Zentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover, Deutschland
  • author Nicolin Datz - AUF DER BULT, Zentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover, Deutschland
  • author Kerstin Schnell - AUF DER BULT, Zentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover, Deutschland
  • Wolfgang von Schütz - AUF DER BULT, Zentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover, Deutschland
  • author Thomas Danne - AUF DER BULT, Zentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover, Deutschland
  • author Olga Kordonouri - AUF DER BULT, Zentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover, Deutschland

Norddeutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. 62. Jahrestagung der Norddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (NDGKJ). Hannover, 12.-14.04.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. Doc13ndgkj27

doi: 10.3205/13ndgkj27, urn:nbn:de:0183-13ndgkj273

Veröffentlicht: 10. April 2013

© 2013 Tsioli et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Hintergrund: Die Klassifizierung des Diabetes mellitus ist bei der Manifestation im Kindesalter nicht nur für die Diagnosestellung wichtig. Das Verständnis der Pathophysiologie hat eine große Bedeutung für die Therapie und die Langzeitprognose.

Methoden: Bei einer 12-jährigen adipösen Patientin (Gewicht 65,8 kg (>97.P), Länge 159 cm, BMI 26 kg/m2 (97.P) wurde eine manifeste Hypothyreose (fT4 0,93 ng/dl, TSH 11,53 µIU/ml) bei einer Hashimoto Thyreoditis diagnostiziert. Die Patientin zeigte eine typische Symptomatik mit Gewichtszunahme, Müdigkeit und Kälteempfindlichkeit. Der zufällig gemessene HbA1c Wert lag bei 6,8%. Keine Polydipsie, keine Polyurie.

Familienanamnese: Der Vater leidet an Hyperthyreose. Anamnestisch wurde eine Blutzuckererhöhung beschrieben, eine Behandlung sei nicht notwendig.

Ergebnisse: Die im Tagesprofil gemessenen Glukosewerte zeigten erhöhte Nüchternwerte (maximal 131 mg/dl).Der 2h-Glukosewert bei oralem Glukosetoleranztest fiel mit 211 mg/dl pathologisch aus. Die Konstellation aus diabetischer Stoffwechsellage und Autoimmunthyreoiditis ließ an Manifestation eines Typ 1 Diabetes mellitus (T1DM) denken. Bei fehlender Symptomatik und stabilen Glukosewerten erfolgte zunächst keine Insulinsubstitution.

Aufgrund der Adipositas kam differentialdiagnostisch ein Diabetes mellitus Typ 2 in Frage. Es erfolgte eine Ernährungsberatung sowie eine Anleitung zur Steigerung der körperlichen Aktivität zur Gewichtsreduktion. Eine L-Thyroxin-Substitution wurde begonnen.

Nach 8 Wochen blieb der HbA1c Wert bei 6,8% stabil, die Glukosewerte zeigten weiterhin eine milde Hyperglykämie. Bei negativen Diabetes-spezifischen Antikörpern erschien die Diagnose eines T1DM unwahrscheinlich.

Im Verlauf wurde eine molekulargenetische Untersuchung durchgeführt. Eine noch nicht bekannte Deletion (3ex5del) des Glukokinase Gens (Maturity onset diabetes of the young, MODY 2) im heterozygoten Status wurde festgestellt.

Patienten mit Mutationen im Glukokinase Gen entwickeln infolge verminderter Sensitivität der Beta-Zellen gegenüber Glucose eine milde und über Jahre stabile Hyperglykämie und sehr selten diabetische Spätkomplikationen.

Patienten mit MODY 2 bedürfen keiner medikamentösen Therapie.

Schlussfolgerung: Bei Patienten ohne diabetesspezifische Antikörper bei klinischer Manifestation, mit positiver Familienanamnese für Diabetes und niedrigem Insulinbedarf ist eine molekulargenetische Diagnostik auf MODY indiziert. Eine erhöhte Sensibilisierung und bessere Beobachtung der klinischen Parameter ermöglicht eine frühe molekulargenetische Untersuchung und Diagnose sowie eine adäquate Therapie.