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Marfan-Syndrom mit mentaler Retardierung bei interstitieller Mikrodeletion 15q21.1-q21.2
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Veröffentlicht: | 2. Mai 2011 |
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Das Marfan-Syndrom ist eine dominant erbliche Störung des Bindegewebes auf der Basis einer Mutation im Fibrillin-1-Gen auf Chromosom 15q21. Eine Gensequenzierung ist zur Sicherung der klinischen Diagnose verfügbar, aber kostspielig.
Die Diagnose erfolgt klinisch an Hand der Ghent-Kriterien.Veränderungen am Skelettsystem, am Auge,am Herzkreislaufsystem und anderen Organen lassen die Diagnose zu. Differentialdiagnostisch muss eine Homocystinurie ausgeschlossen sein. Außerdem sind eine Reihe ähnlicher Syndrome zu bedenken.
Gegenwärtig ist keine kausale Therapie verfügbar, in der Zukunft aber denkbar, so dass die molekulargenetische Diagnostik einen größeren Stellenwert erhalten kann. Die symptomatische Therapie zielt auf die Vermeidung einer Aortendissektion, einer Herzinsuffizenz bei Aorten- und Mitralklappeninsuffizienz, die Behandlung eines Glaucoms bei Linsendislokation sowie die Behandlung einer Skoliose und anderer Gelenkveränderungen.
Wir beschreiben eine jetzt 10 Jahre alte Patientin, die wegen einer Sprachentwicklungsverzögerung im Rahmen einer mentalen Retardierung vorgestellt wurde. Ihre Maße liegen im oberen durchschnittlichen Bereich. Sie zeigt eine leichte Kielbrust, eine gewisse Arachnodaktylie, keine Überstreckbarkeit der Gelenke, keine Skoliose und mit Ausnahme einer Hyperopie keine ophthalmologischen Auffälligkeiten. Am Herzen sind Mitral- und Tricuspidalklappenprolaps mit geringer Klappeninsuffizienz sowie eine Aortendilatation aufgefallen. Die Ghent-Kriteriensind nicht erfüllt.
Zur weiteren Abklärung ihrer mentalen Retardierung erfolgte eine Chromosomenanalyse mit Array-CGH. Dabei fanden wir eine interstitielle Mikrodeletion am langen Arm eines Chromosoms 15 im Bereich der Banden 15q21.1 bis 21.2. Der deletierte Bereich umfasst nach heutigem Kenntnisstand 15 Gene bzw. kodierende Sequenzen, unter anderem das Fibrillin-1-Gen.
Solche Deletionen sind bislang fünfmal beschrieben worden. Die Patienten zeigen einen inkompletten Marfan-Phänotyp und mentale Retardierungen wechselnden Ausmaßes. Die Sequenzierung der mit dem Marfan-Phänotyp assoziierten Gene ist in solchen Fällen naturgemäß nicht aufschlussreich und könnte zu falscher Sicherheit führen.