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60. Jahrestagung der Norddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (NDGKJ)

Norddeutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V.

13.05. - 15.05.2011, Braunschweig

Das Seckel-Syndrom – vorzeitiges Altern bereits intrauterin

Meeting Abstract

  • J. Kreth - Pädiatrie II mit Schwerpunkt Neuropädiatrie, Universitätsmedizin Göttingen
  • G. Schütze - Abteilung für Neuroradiologie, Universitätsmedizin Göttingen
  • E. Wilichowski - Pädiatrie II mit Schwerpunkt Neuropädiatrie, Universitätsmedizin Göttingen
  • S. Seeliger - Pädiatrie III Abteilung für Pädiatrische Kardiologie und Neonatologie, Universitätsmedizin Göttingen

Norddeutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. 60. Jahrestagung der Norddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Braunschweig, 13.-15.05.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11ndgkjPO-11

doi: 10.3205/11ndgkj13, urn:nbn:de:0183-11ndgkj139

Veröffentlicht: 2. Mai 2011

© 2011 Kreth et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Das Seckel-Syndrom (OMIN #210600), 1960 von H.G. Seckel erstbeschrieben, stellt ein sehr seltenes Krankheitsbild mit intrauterinem und postnatalem proportioniertem extremen Kleinwuchs sowie spezifischen kraniofazialen Dysmorphien, skeletalen Veränderungen, ZNS-Fehlbildungen, endokrinologischen Abnormalitäten und Zeichen vorzeitiger Alterung dar. Es handelt sich um eine autosomal-rezessive Erbkrankheit, die genetisch heterogen ist. Aktuelle Arbeiten zeigen, dass häufig ein Mangel an einer Ataxia-teleangiektasia und RAD3-assoziierter Proteinkinase (ATR) die zugrunde liegende Ursache darstellt, welches zu einem Defekt im DNA Reparaturmechanismus führt. Bereits in utero kommt es zu Alterungsprozessen.

Fallvorstellung: Wir präsentieren ein drei Wochen altes weibliches Neugeborenes zweier gesunder konsanguiner Eltern aus dem Libanon, welches bereits im zweiten Trimenon mit einer schweren Wachstumsverzögerung auffiel. In der in utero MRT des Neurokraniums stellte sich eine Hirnfehlbildung mit Mikrocephalus und Lissenzephalie dar. Bei Geburt in der 38 + 2. Schwangerschaftswoche lag eine schwere proportionierte Hypotrophie mit einem Geburtsgewicht von 800 g, einer Länge von 30 cm und einem frontooccipitalen Kopfumfang von 24 cm vor. Die Diagnose eines Seckel-Syndroms wurde zunächst klinisch aufgrund typischer kraniofazialer Dysmorphien wie dysplastischen Ohren, Exophtalmus, vogelähnlicher Gesichtspartie, skeletalen Veränderungen, Zeichen einer prämaturen Alterung der Kopfhaare und der Haut und einer supratentoriellen Hirnfehlbildung mit Balkenagenesie, spaltförmiger Teilung der Großhirnhemisphären und Lissenzephalie gestellt. Die fortbestehende arterielle Hypertonie, insulinpflichtige Hyperglykämien, die Hypothyreose, wiederkehrende transfusionsbedürftige Anämien, eine anatomische Enge im Larynxbereich und Gelenkfehlstellungen erfordern ein interdisziplinäres Management.

Schlussfolgerung: Die hier vorgestellte Patientin leidet an dem sehr seltenen Seckel-Syndrom. Die molekularbiologische Aufklärung der verursachenden Mechanismen des Seckel-Syndrom liefert aktuell einen wichtigen Beitrag zu einem besseren Verständnis von Alterungsprozessen im menschlichen Organismus, welche in diesem Fall bereits intrauterin ausgelöst werden. Der medizinisch-therapeutische Ansatz erfordert eine breite interdisziplinäre Zusammenarbeit.